Erste Fahrt im Kastenwagen mit seriellem Plug-in-Hybridantrieb
Wer vom „Stadtauto“ spricht, hat meist einen parkplatzfreundlichen Kleinwagen im Sinn. Die Realität sieht aber anders aus. Egal ob Pakete oder Waren ausgeliefert, Handwerksdienstleistungen erledigt oder nachts E-Roller eingesammelt werden. Kastenwagen und Transporter der 1-Tonnen-Klasse bevölkern das Straßenbild. Dazu kommen Autos im gleichen Format für den Personentransport, zum Beispiel als Hotelshuttle.
Die Elektrifizierung solcher Fahrzeuge ist also ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu neuen Energieformen. Ford geht ihn behutsam. Während Fiat Ducato, Mercedes Vito und Sprinter sowie VW Crafter gleich auf vollelektrische Versionen ihrer Arbeitstiere setzten, bringt Ford Anfang 2020 mit Transit und Tourneo Custom den ersten Plug-in-Hybrid des Segments.
Serieller Hybridantrieb
Der kombinierte Antrieb aus Verbrenner und Elektromotor ist dabei ein ganz besonderer. Ford setzt auf einen seriellen Hybriden. Der 93 kW starke Elektromotor ist immer für den Antrieb der Vorderachse verantwortlich. Erst, wenn die Ladung der 13,6 kWh großen Lithium-Ionen-Batterie zur Neige geht oder der Fahrmodus es erfordert, schaltet sich der 1.0 EcoBoost-Dreizylinder-Benziner als Generator hinzu.
Nach dem Start, der noch klassisch mit dem Drehen eines Schlüssels erfolgt, setzt sich der Ford Tourneo Custom PHEV elektrisch in Bewegung, mimt dabei die Geräuschkulisse einer Straßenbahn. Die 355 Nm Drehmoment des Elektromotors sind gleich zur Stelle, was für einen agilen Antritt sorgt.
Über den Wählhebel des Eingang-Reduktionsgetriebes lässt sich eine Rekuperationsstufe wählen. Dann verzögert der große Kastenwagen spürbar, schafft das aber nicht ganz bis zum Stillstand. Paddels am Lenkrad mit mehreren Rekuperationsstufen wären eine smartere Lösung für den wechselhaften Einsatz im Großstadtverkehr, zumal der klassische Wählhebel über lange Wege physisch einrasten muss.
Der Dreizylinder-Benziner wird mit einer stets optimalen Drehzahl hinzugeschaltet. Das führt, wie auch beim kürzlich getesteten Nissan Note E-Power, für eine ungewohnte Geräuschkulisse. Die Drehzahl des Ford hat mit der Beschleunigung oder dem aktuellen Tempo nicht unbedingt etwas zu tun. Beim kräftigen Gasgeben heult der Motor auf, der Van setzt sich erst gemächlich in Bewegung. Das erinnert an den „Gummibandeffekt“ älterer CVT-Getriebe.
56 Kilometer elektrische Reichtweite gibt Ford nach Norm an, mit dem Benziner als Range Extender sind es 500 Kilometer, bis Akku und Tank leer sind. 4,3 Stunden steht der Ford dann an der 230V-Steckdose oder 2,7 Stunden an der Wallbox (Wechselstrom).
Lohnt sich das?
Da dürfte den Ford Tourneo Custom PHEV schon die Frage aufregen. Mit 71.899,80 Euro ist er nämlich über 20.000 Euro teurer als ein vergleichbarer Tourneo Custom Titanium mit 130 Diesel-PS und Automatikgetriebe. Finanziell dürfte sich das Hybrid-Abenteuer auch mit reduzierter Firmenwagenversteuerung nicht lohnen. Damit ist der PHEV eine Alternative für Firmen oder Familien, die umweltbewusste Technik gerne zur Schau stellen, oder um Einfahrverbote in Umweltzonen zu vermeiden.
Fazit zum Ford Tourneo Custom PHEV
Ford geht mit dem Plug-in-Hybrid einen eigenen Weg im Segment. Und einen teuren. Es muss sich zeigen, ob der aufwendige Doppelantrieb gegen die rein elektrischen Lösungen der Konkurrenz am Markt bestehen kann. Mehr als ein Nischenprodukt hier nicht entste
Technische Daten
Ford Tourneo Custom PHEV Titanium |
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Abgasnorm | Euro 6.2 (6d-Temp-EVAC-ISC) |
Hubraum | 999 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 3 in Reihe |
Getriebe | Eingang-Reduktionsgetriebe |
Elektromotor: Maximale Leistung kW | 93 kW (126 PS) |
Elektromotor: Maximales Drehmoment | 355 Nm 1-1.250 U/min |
Batterie | 13,6 kWh Lithium-Ionen |
Höchstgeschwindigkeit | 120 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 3,6 Liter |
Leergewicht | 2.599 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.973 / 1.986 / 2.000 mm |
Grundpreis | 71.899,80 Euro |