Mercedes-Benz E 300 de Traum und Wirklichkeit

Der Diesel-Plug-in-Hybrid E 300 de im Alltagstest.

Traum und Wirklichkeit liegen manchmal relativ nah beieinander. Wer es in eine berufliche Position geschafft hat, in der man vom Chef (auch wenn man sich selbst der Arbeitgeber ist) einen Firmenwagen vor die Tür gestellt bekommt, ist als Autofan oft glücklich. Wenn es eine Limousine der oberen Mittelklasse ist, umso mehr. Oft schreibt die Leasingrate, immer öfter aber im Unternehmen gesetzte CO2-Vorgaben, hier die Wahl eines Vierzylinder-Diesels vor. Klar, Audi A6 40 TDI, BMW 520d und Mercedes E 220 d sind gute Autos. Aber auch dann träumt mancher vom zusätzlichen Schub der Sechszylinder-Modelle. Und vielleicht vom Imageboost.

306 PS Systemleistung

Das mit dem Boosten bekommt das hier vorgestellte Modell auch sehr gut hin. Mercedes schickt mit dem E 300 de einen Plug-in-Hybrid mit Dieselmotor an den Start. Er kombiniert den zwei Liter großen Vierzylinder mit 143 kW / 194 PS aus dem erwähnten 220 d mit einem 90 kW starken Elektromotor. Die Systemleistung des elektrifizierten Antriebs liegt bei 225 kW (306 PS) und einem beachtlichen Drehmoment von maximal 700 Nm. Damit überholt der Mercedes E 300 de bei den nüchternen Zahlen seinen Bruder mit Reihensechszylinder-Diesel. Der E 350 d bringt es auf 286 PS und 600 Nm.

Mit Strom aus dem 13,5 kWh großen Akku startet die große Limousine grundsätzlich lautlos. Erhaben und still rollt der E von Dannen. In Verbindung mit dem optionalen, und wie Vieles im Testwagen verbaute, Luftfahrwerk kommt schnell das Gefühl eines fliegenden Teppichs auf. Um den Vortrieb rein elektrisch zu gestalten, braucht man mit voller Batterie nicht mal einen allzu sensiblen rechten Fuß. Man schafft es sogar, den Mercedes auf 160 km/h zu beschleunigen, ohne dass der Diesel zur Hilfe eilt. Dann leert sich der Lithium-Ionen-Akku, der das Kofferraumvolumen um 170 Liter reduziert, natürlich ratzfatz.

Reale 38 Kilometer Reichweite

Mercedes-Benz E 300 de Hybrid Test

Neben den lokal emissionsfreien Kilometern im E-Modus, wobei der E 300 de im Testalltag Reichweiten um 38 Kilometer schaffte, entspannt auch das perfekte Zusammenspiel der beide Antriebsteile. Wird der Dieselmotor zugeschaltet, gelingt das ruckfrei und oft merkt man es nur an der plötzlich auf circa 2.000 Umdrehungen schnellenden Nadel des digital animierten Drehzahlmessers, dass die Limousine jetzt Diesel aus dem Tank schlürft.
Im Revier der Außendienstlimousinen fühlt sich der Plug-in-Hybrid dann auch pudelwohl. Ganz leer lässt sich der Akku gar nicht fahren. Es bleibt immer ausreichend Strom gespeichert, damit der E 300 de mit E-Boost beschleunigen kann. Bei freier Autobahn und wenig Rücksicht auf die Effizienz saugt der Horizont die Limousine förmlich an, die erwähnten Sechszylinder sind keinesfalls schneller. Außerdem sorgt die Kraft der Elektronen für eine subjektiv nochmals zügigere Beschleunigung.

Rekuperieren kann der Hybrid natürlich auch. Dafür zieht er auch die Topographie der Strecke heran, zum Beispiel auf längeren Gefällen oder vor Kurven. Auch die Sensoren der adaptiven Geschwindigkeitsregelanlage geben bei einem Auto voraus den entsprechenden Befehl. Das ist manchmal spürbar, aber nie nervig oder bevormundend.

Je nach Tagesplan lässt sich die Strommenge im Akku auch über eine Taste in der Mittelkonsole speichern oder der Akku mit dem Verbrenner laden, um zum Beispiel lautlos beim Kunden oder vor der Oper vorzufahren. Dieser Knopf ist auch schon die einzige Besonderheit des Hybrid-E im Innenraum. Heißt: Vor allem mit dem optionalen Widescreen-Cockpit zaubert die E-Klasse eine perfekte Symbiose aus digitalem High Tech und Wohnlichkeit mit Holz und Leder in die gute Stube. An und für sich ja auch schon eine hybride Wohnform.

Steuervorteil als Firmenwagen

Auf den Testfahrten war der E 300 de meist auf Langstrecken unterwegs, und das nicht immer langsam. Dafür geht der erfahrende Spritverbrauch von 6,7 Litern auf 100 Kilometer mehr als in Ordnung. Im gemischten Betrieb mit Stadtverkehr werden es auch gerne nur mal 3,5 bis vier Liter. Dazu kommen 18,5 kWh Strom (laut Bordcomputer, noch hat die Testwagen-Garage keinen eigenen Stromzähler).

Über die Energiekosten lässt sich der Aufpreis des E 300 de im Vergleich um 220d, der bei knapp über 6.000 Euro liegt, kaum hereinfahren. Als Alternative zum 350 d ist der Plug-in-Hybrid aber fast 1.000 Euro günstiger. Die wahre Rechnung macht aber der Firmenwagenfahrer mit dem Finanzamt. Denn als Plug-in-Hybrid muss der E 300 de nur mit 0,5 Prozent des Listenpreises und entsprechend nur der Hälfte der 0,03 Prozent pro Kilometer Arbeitsweg versteuert werden. Und dann lohnt er sich für den Arbeitnehmer vom ersten Tag an. Der Arbeitgeber kann mit Naturstrom-Ladesäulen im Büro zudem für ein grünes Image und neue Mitarbeitermotivation sorgen.

Fazit zum Mercedes E 300 de

Mercedes-Benz E 300 de Hybrid Test

Der elektrifizierte Diesel aus Stuttgart bereitet großen Fahrspaß. So kann man getrost vom Sechszylinder umsteigen, zumal der Rest der E-Klasse auch als 300 de tollen Komfort, viel Platz und eine tolle Verarbeitung bietet. Was zum Glück noch fehlt, wäre das T im Namen. Kein Problem, auch als Kombi (T-Modell) liefert die Niederlassung des E 300 de gerne aus.

Ein Diesel als Traumauto? Je nach Zielgruppe durchaus. Vor allem aber ein Konzept, das in der Wirklichkeit angekommen ist und hervorragend funktioniert.

Technische Daten

Mercedes-Benz E 300 de

Hubraum 1.950 ccm
Anzahl und Bauform Zylinder 4 in Reihe
Maximale Leistung kW / PS 143 kW / 194 PS
Max. Drehmoment 400 Nm bei 1.600 - 2.800 U/min
Getriebe Neungang-Automatik
Elektromotor: Maximale Leistung kW 90 kW (122 PS)
Elektromotor: Maximales Drehmoment 440 Nm
Systemleistung: kW / PS 225 kW / 306 PS
Batterie 13,5 kWh Lithium-Ionen
Beschleuningung 0-100 km/h 5,9 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit elektrisch 160 km/h
Höchstgeschwindigkeit 250 km/h (abgeregelt)
Norm-Verbrauch auf 100km 1,7 Liter
Verbrauch real auf 100km 6,7 Liter
Reifenmarke und –format des Testwagens Dunlop Sport Maxx RT2 245/45 R18 v. 275/40 R18 h.
Leergewicht 2.105 kg
Länge / Breite / Höhe 4.923 / 1.852 / 1.468 mm
Grundpreis 55.638,45 Euro
Testwagenpreis 85.245,65 Euro
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Andreas Hof, Bernd Conrad