Kleinwagen mit Facelift: Der neue Opel Corsa Electric im ersten Fahrbericht mit Video-Review.
Der Kleinste ist der Größte – so kann man die Rolle des Opel Corsa innerhalb des Modellprogramms der deutschen Stellantis-Tochter umreißen. Der 2019 aufgelegte Corsa F ist nicht nur der bei uns meistverkaufte Kleinwagen, im Frühjahr konnte er sogar einmal ganz oben auf das Treppchen steigen, war das meistverkaufte Auto zwischen Flensburg und Füssen.
Der Corsa im Video
Vier Jahre nach dem Marktstart ist jetzt die Zeit Reif für ein Facelift des Bestsellers. In diesem Rahmen bekommt auch der Corsa das aktuelle Marken-Gesicht mit dem, „Vizor“ genannten, schwarzen Schild an der Front. Damit reiht sich der Corsa in die aktuelle Linie von Mokka, Astra und Co. ein. Zu den weiteren Änderungen zählen neue Stoßfänger, optionale Matrix-LED-Scheinwerfer (IntelliLux) mit 14 einzeln ansteuerbaren Elementen je Seite, ein frisches Innenleben der Rückleuchten und ein großer Modellschriftzug auf der Heckklappe.
Im Innenraum fallen ein geänderter Pralltopf des Lenkrads und die aktuelle Konzern-Schaltwippe für die Getriebesteuerung auf, zudem eine neue Grafik der digitalen Instrumente. Deren Anzeige ist leider weiterhin arg klein geraten, obwohl das Armaturenbrett unter der Hutze mehr Platz böte – hier ist das Kostendiktat der Konzernführung sichtbar.
Neues Infotainment, neue Antriebe
Das Infotainmentsystem mit bis zu zehn Zoll großem Display wurde aktualisiert. Die Tech-Spezialisten von Qualcomm liefern ihre Snapdragon-Architektur für schnelle Rechenprozesse zu. Erkennbar an einer hohen Auflösung der Anzeigen und flüssiger Touchscreen-Bedienung. Updates kommen künftig „over the air“, also über das Internet, ins Auto. KI soll zudem dabei helfen, die Bedienstruktur im Laufe der Zeit an die Gewohnheiten des Fahrers anzupassen.
Die Antriebspalette wird breiter gefächert. Zum Marktstart des Corsa-Facelifts gibt es die bekanntne 1,2-Liter-Benziner als Sauger mit 75 und als Turbo mit 100 oder 130 PS. Etwas später starten neue Dreizylinder-Benziner als Mildhybride mit bis zu 136 PS und Doppelkupplungsgetriebe. Der elektrifizierte Antrieb wird bereits in anderen Konzernmodellen eingesetzt. Ob die beiden neuen Benziner mit Generator-Unterstützung die Turbo-Benziner sofort ablösen oder eine Zeit lang parallel angeboten werden, ist noch nicht bekannt.
Corsa Electric mit 115 kW
Etwa 30 Prozent der Corsa-Zulassungen entfallen auf die batterieelektrische Version, fortan Opel Corsa Electric genannt. Das ist noch nicht alles – ab sofort hat man die Wahl aus zwei E-Varianten. Das Basismodell hat die bekannte Antriebskonfiguration mit einem bis zu 100 kW (136 PS) starken Elektromotor und 50-kWh-Akku an Bord.
Darüber positioniert sich der Opel Corsa Electric GS Long Range. Er bringt in Form der GS-Ausstattung eine erweiterte Serienausstattung, u.a. mit Sportsitzen, speziellem vorderen Stoßfänger, schwarzen Karosseriedetails und dem erwähnten 10-Zoll-Infotainment mit. Ihn treibt der, in Mokka und Astra bereits eingeführte, neue Elektromotor mit 115 kW (156 PS) an. Der ebenfalls neue Akku hat eine leicht höhere Speicherkapazität von 54 kWh, 51 kWh davon sind netto nutzbar.
Und dann nennen sie ihn „Long Range“? Der Unterschied steckt in der Effizienz des Antriebs. Nach WLTP-Norm soll der Stromverbrauch des Fünftürers 14,6 kWh je 100 Kilometer betragen – der 100-kW-Corsa kommt auf 16,1 kWh. Die Reichweite des GS wird mit 402 Kilometer angegeben. Unverändert bleibt die Ladeleistung mit 100 kW am Schnelllader.
Außerdem ist der Opel Corsa Electric auch nach dem Facelift serienmäßig ein Schnarchlader. Er bietet einphasiges Laden von Wechselstrom mit 7,4 kW – das wirkt vorgestrig. Wer an Wallbox oder Ladesäule mehr Power in Form von dreiphasigem Laden mit 11 kW haben will, muss einen üppigen Aufpreis von 1.190 Euro bezahlen.
So fährt sich der Neue
Zur ersten Testfahrt steht der überarbeitete Corsa Electric GS Long Range in der neuen Farbe Grafik Grau bereit. Die Digitalanzeige hinter dem Lenkrad zeigt bei voller Batterie eine Reichweite von 400 Kilometern an.
Wir bilden einen typischen Pendler-Alltag nach, fahren direkt auf die Autobahn. Bei regem Verkehr kann der kleinste Opel demonstrieren, dass seine Fahrassistenz zuverlässig funktioniert. Die adaptive Geschwindigkeitsregelanlage mit Abstandsfunktion, Totwinkelwarner und Spurthalteassistent sind eine willkommene Unterstützung. Außerhalb des Speckgürtels der Großstadt geht es zügiger voran. Auch der stärkere Elektro-Corsa, der in 8,1 statt 8,7 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h beschleunigt, ist bei einer Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h elektronisch abgeregelt. Bei diesem Tempo fährt das Auto sanft in den Begrenzer, wirkt nicht zugeschnürt.
Weiter geht es auf Landstraßen. Das unveränderte Fahrwerk gefällt mit hohem Komfort bei gleichzeitig guter Rückmeldung. Auch die Lenkung bietet kaum Anlass zur Kritik. Wen eine zu geringe Präzision um die Mittellage stört, der sollte eher zum Sportler anstelle zu einem Kleinwagen greifen.
Der Testwagen bringt das Komfort-Paket mit gleichnamigen Vordersitzen mit. Das Mobiliar gefällt mit guter Abstützung für Gesäß und Rücken, auch auf längeren Strecken. Unverändert ist jedoch die teils trist wirkende Hartplastik-Landschaft, vor allem an den Verkleidungen im zu engen Fond. Der Kofferraum fasst 267 Liter, in den Verbrenner-Modellen sind es 309 Liter bei aufgestellter Lehne der Rücksitzbank.
Innerorts kann die Rekuperation von Energie beim Stromsparen helfen. Leider bietet der Corsa nach wie vor keine in Stufen einstellbare Steuerung mit Schaltwippen. Immerhin gibt es eine „B“-Stufe, die man mit einem Druck auf eine zu kleine Taste in der Mittelkonsole aktiviert. Vor Abzweigungen oder Ampeln kann man gut abschätzen, wann man das Tempo herausnimmt, bis zu einer Geschwindigkeit von rund 15 km/h wird zielsicher rekuperiert.
Am Ende des Testtages zeigt der Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch von 15,2 kWh Strom auf 100 Kilometer an. Wenn man die zügigen Autobahnabschnitte herausrechnet, kann man den WLTP-Wert von 14,6 kWh locker erreichen und auch unterbieten.
Das kostet der neue Corsa
Es gibt eine gute und eine schlechte Nachricht. Positiv: Der elektrische Opel Corsa wird als Basismodell mit dem Facelift nicht teurer, kostet weiterhin ab 34.650 Euro. Trotz Förderung ist aber auch dies ein stolzer Preis, so viel Geld muss erst einmal verdient werden.
Der neue Opel Corsa Electric GS Long Range kostet mit der zusätzlichen Ausstattung und dem neuen Antrieb 3.395 Euro mehr, insgesamt also ab 38.045 Euro. Der hier gezeigte Testwagen fährt mit Navi, Komfort-Paket, festem Glasdach, größeren Rädern und weitere Optionen vor – und bildet einen Listenpreis von 44.135 Euro ab! Günstiger starten weiterhin die Corsa-Verbrenner. Mit 75 PS geht es bei 19.800 Euro los - 320 Euro mehr als vor dem Facelift.
Oder Leasing?
Zum Marktstart bewirbt Opel ein Leasingangebot, mit dem der Corsa Electric auf dem Preisniveau des 75-PS-Verbrenners liegt: beide sind mit einer Rate von 169 Euro pro Monat kalkuliert. Hier lohnt aber – wie immer – das Studium des Kleingedruckten. Den Benziner bekommt man hier ohne Anzahlung über vier Jahre kann 10.000 Kilometer pro Jahr fahren. Beim Elektro-Modell ist eine Anzahlung in Höhe der Förderung von 4.500 Euro (die man beim Bafa beantragen muss und dann erstattet bekommt) enthalten. Zudem läuft der Leasingvertrag nur über 24 Monate, im Jahr ist die Fahrleistung auf überschaubare 5.000 Kilometer begrenzt.
Fazit
Das Facelift macht den Opel Corsa optisch frischer, die neue Infotainment-Software zeigt Vorteile bei Darstellung und Bedienung. Als Corsa Electric mit 115 kW ist nicht die Mehrleistung des Antriebs der größte Vorteil im Vergleich zum Vorgänger, sondern wie gesteigerte Effizienz.
Die Preise sind nach wie vor hoch, vor allem für den Stromer – der ab Werk noch dazu nur einphasig lädt. Immerhin ist die Wärmepumpe serienmäßig.
Technische Daten
Opel Corsa Electric GS Long Range |
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Antrieb | Frontantrieb |
Getriebe | Eingang-Reduktionsgetriebe |
Elektromotor: Maximale Leistung kW | 115 kW (156 PS) |
Elektromotor: Nennleistung KW | 55 kW (77 PS) |
Elektromotor: Maximales Drehmoment | 260 Nm |
Batterie | 54 kWh (netto 51 kWh), Lithium-Ionen, Reichweite 402 km |
Maximale Ladeleistung Gleichstrom (DC) | 100 kW |
Maximale Ladeleistung Wechselstrom (AC) | 7,4 kW (einphasig) / 11 kW (dpreiphasig) optional |
Beschleuningung 0-100 km/h | 8,1 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 150 km/h |
Norm-Verbrauch kWh / 100 km | 14,3 - 14,6 kWh |
Leergewicht | 1.544 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.061 / 1.765 / 1.435 mm |
Grundpreis | 38.045 Euro |