Der neue Porsche Taycan Cross Turismo im ersten Fahrbericht mit Video Review.
Mit Marktnischen und deren Eroberung haben sie bei Porsche ja allerhand Erfahrung. Kaum eine Baureihe wurde in den letzten Jahrzehnten derart gespreizt wie die Sportwagenikone 911. Teils kamen noch Derivate in den Handel, als der Nachfolger schon startklar war.
Auch das Modellprogramm der Marke wurde bunt aufgefächert. Mittlerweile sorgen die SUV-Baureihen Macan und Cayenne für das Geld in den Kassen. Mut gehörte dazu, die Sportwagenmarke damals neu aufzustellen. Der es dann auch gelang, das verpönte Fließheck mit großer Heckklappe in der Oberklasse zu etablieren. Der Panamera ging aber noch weiter, denn als Sport Turismo macht er dort auch das Steilheck hoffähig. „Kombi“ soll man ja nicht sagen und auch ich verkneife es mir. Ach, hoppla…
Der Taycan Cross Turismo im Video
Wen wundert es bei dieser Vorgeschichte noch, dass auch der erste Aufschlag von Porsche im Spielfeld der Elektroautos sitzt? Über 20.000 Taycan wurden im vergangenen Jahr gebaut und auch verkauft. Jetzt kommt die Zeit, in der Mitbewerber Mercedes-Benz mit dem EQS nachzieht. Aber der Taycan ist einen Schritt weiter. Auch er kommt jetzt als praktischere Alternative, zudem erstmals mit Heckklappe (denn die Taycan-Limousine hat einen kleinen Deckel).
Porsche Taycan Cross Turismo heißt die zweite Karosserievariante. Und verrät schon im Namen, dass sie anders sein soll als der Panamera Sport Turismo. Um ihm das Leben nicht zu schwer zu machen, aber auch um von der SUV-Vorliebe der Kunden zu profitieren, kombiniert (puh…) der zweite Taycan die Elektro-Oberklasse mit Offroad-Look.
Neues Basismodell Taycan 4
Die Luftfederung bauen sie in Zuffenhausen serienmäßig ein. Damit lässt sich der Taycan Cross Turismo ab Werk mit 20 Millimeter mehr Bodenfreiheit ausstatten. Auf Knopfdruck werden es mit der Lift-Funktion 30 Millimeter – eine Einstellung, die beim optionalen Offroad-Design-Paket zum Standard gehört.
Passend dazu ist auch der Allradantrieb beim Taycan Cross Turismo immer Serie. Was aber nur beim Basismodell für Unterschiede sorgt. Taycan 4 heißt die Variante mit 350 kW / 476 PS, die es so nur als Cross Turismo gibt.
Erste Fahrt im Turbo S
Zum ersten Kennenlernen wartet aber das andere Ende der Fahnenstange vor der Tür: Der Taycan Turbo S Cross Turismo. Seine Elektromotoren (einer pro Achse) besorgen in eine Leistung von 460 kW (625 PS). Bei Launch Control im Overboost werden kurzzeitig 560 kW (761 PS) und 1.050 Newtonmeter Drehmoment produziert.
Der oft zitierte Schlag in den Rücken bei voller Beschleunigung – hier sitzt er besonders gut. Zwar ist auch das Einlenken in Kurven und Kehren, die der Porsche Taycan Turbo S Cross Turismo mit serienmäßiger Hinterachslenkung mit Leichtigkeit nimmt, eine Freude. Aber getoppt wird das stets vom Moment, in dem man wieder aufs Fahrpedal tritt. Egal ob mal kurz auf Landstraßentempo oder bei hoher Geschwindigkeit auf der leeren Autobahn: fast 2,5 Tonnen lassen sich kaum ansatzloser hinter den Horizont werfen. Und weiter. 406 Kilometer Reichweite gibt die Verbrauchsnorm an, 330 Kilometer „Langstreckenreichweite“ sollen drin sein.
Mehr noch als 2,9 Sekunden für den Spurt von null auf 100 km/h (0,1 Sekunden langsamer als die Limousine) und 250 km/h Höchstgeschwindigkeit (Limousine: 260) beeindruckt die Ladeleistung von 270 kW, möglichgemacht durch die 800-Volt-Technologie. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, muss der Schnelllader aber im Navigationsgerät als Ziel einprogrammiert sein. Die Batterie benötigt eine entsprechende Vorkonditionierung. Spontaner Kabelanschluss ohne Vorwarnung macht maximal 90 kW Ladeleistung möglich.
Mehr Laden, in jeder Hinsicht
In jedem Taycan Cross Turismo steckt die größere „Performance-Batterie-Plus“ mit 93,4 (netto 83,7) kWh Speicherkapazität. Wie gewohnt bietet die Aussparungen für die Füße, um im Fond für bequemeres Reisen zu sorgen. Dank der größeren Kopffreiheit im Cross Turismo gelingt das jetzt auch auf Langstrecken ziemlich gut. Der hintere Kofferraum ist mit 405 Litern Volumen auf dem Niveau der Taycan Limousine, auch der 84 Liter große Stauraum vorne bleibt gleich. Nach dem Umklappen der Rücksitzlehnen bietet der Cross Turismo aber nicht nur einen 1.171 Liter großen Laderaum, sondern schluckt bei Bedarf auch sperrige Güter.
Die sollen sich dann auch an Ziele transportieren lassen, zu denen keine asphaltierte Straße führt. Dafür haben sie dem Taycan Cross Turismo nicht nur die größere Bodenfreiheit ins Fahrwerk programmiert, sondern auch einen „Gravel“-Fahrmodus (Kies, Geröll) spendiert.
Mit dem Taycan ins Gelände
Um die Reifen des Testwagens zu schonen, steige ich in einen anderen Taycan Cross Turismo um. Im Farbton „Cherrymetallic“ steht ein Taycan 4 bereit. Mit ihm geht es, eine persönliche Premiere in einem Elektroauto, ins Gelände. Ein Steinbruch wartet mit seinen Tücken auf uns.
Stoppen und Anfahren an der Steigung? Klappt mit der Hold-Funktion prima was sich im Alltag vor allem an Tiefgaragenausfahrten als hilfreich erweist. Aber mit Schotter unter den Reifen kommt jetzt der Gravel-Mode, aktivierbar über den unteren Touchscreen in der Mittelkonsole, ins Spiel.
Dieser Fahrmodus passt Antrieb und Regelsysteme an. Der Weg des Fahrpedals ist länger, das Auto reagiert also weniger spitz auf Bewegungen des Fahrerfußes. Damit kann man im unwegsamen Gelände besser anfahren und rangieren.
Luftfederung mit Lift-Funktion
Rechts neben den digitalen Instrumenten befindet sich das kapazitive Tastenfeld für die Lift-Funktion der Luftfederung. Mit ihr erhöht sich die Bodenfreiheit um weitere zehn auf 30 Millimeter. An manchen Kuppen oder Engstellen entscheidet dieser Zentimeter über Weiterkommen oder Aufsetzen.
Trotz dieser Talente kann und will der Porsche Taycan Cross Turismo kein Offroadfahrzeug sein.
Das erkennt man spätestens bei steilen Bergabpassagen, wo man sich nicht auf eine geschwindigkeitsregulierende Bergabfahrkontrolle verlassen kann. Sie fehlt bewusst, um einen ideologischen Abstand zum echten SUV in Form des Porsche Cayenne zu wahren. Den kann man zwar auch elektrisch übers Geröll schicken, als Plug-in Hybrid aber mit eingeschränktem E-Radius.
Das kostet der Taycan Cross Turismo
Die Preise für den Porsche Taycan Cross Turismo 4 beginnen bei 93.635 Euro. Er ist damit fast 10.000 Euro teurer als die Basis-Limousine (83.520 Euro). Für den Mehrpreis bekommt man aber im Steilheckmodell stets die größere Performance-Plus-Batterie und die Luftfederung. Außerdem unterscheidet sich der Taycan 4 Cross Turismo von der Basis durch den zweiten Elektromotor und Allradantrieb.
Bei den drei weiteren Versionen 4S, Turbo und Turbo S beträgt der Aufpreis für den Cross Turismo im Vergleich zur Limousine ausstattungsbereinigt etwa 1.500 Euro. Der mambagrüne Porsche Taycan Turbo S Cross Turismo auf den Fotos fährt allerlei Optionen spazieren, die den üppigen Grundpreis von 187.764 Euro auf 209.445,80 Euro hieven.
Fazit
Der Porsche Taycan ist ein eindrucksvolles Auto. Das dürfte jeder unterschreiben, der den Elektro-Porsche schon einmal fahren konnte – unabhängig von der Motorisierung. Als Cross Turismo bringt er mehr Variabilität und damit mehr Praxisnutzen mit, der Aufpreis dafür hält sich in Grenzen.
Mal wieder beweist Porsche Fingerspitzengefühl beim Erschließen einer neuen Nische. Und falls es den Strategen in Zuffenhausen doch mal langweilig wird. Planspiele für einen Taycan Sport Turismo ohne Anbauteile und höhere Bodenfreiheit dürfte es im Designzentrum gewiss ebenso geben wie die für einen Panamera Cross Turismo nach gleichem Rezept.
Technische Daten
Porsche Taycan Turbo S Cross Turismo |
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Systemleistung: kW / PS | 560 kW / 761 PS, 1.050 Nm (Overboost-Leistung) // 460 kW / 625 PS |
Batterie | 93,4 kWh (83,7 kWh netto) Lithium-Ionen |
Beschleuningung 0-100 km/h | 2,9 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h |
Norm-Verbrauch kWh / 100 km | 29,4 kWh |
Realer Verbrauch im Testzeitraum kWh/100 km | 29,7 kWh (lt. Bordcomputer) |
Leergewicht | 2.395 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.974 / 1.967 / 1.409 mm |
Grundpreis | 187.764 Euro |
Testwagenpreis | 209.445 Euro |