Porsche 911 GTS Was kann der T-Hybrid?

Der neue Porsche 911 GTS im Fahrbericht mit Video-Review.

Fans und Fachleute waren skeptisch, als die ersten Informationen durchsickerten: Porsche elektrifiziert die Sportwagen-Ikone 911. Endet eine Ära? Kommt der „Elfer“ als Feigenblatt-PHEV mit ein paar Kilometern elektrischer Reichweite, nur um den CO2-Flottenwert zu drücken.

Der Porsche 911 GTS im Video

Es reichen ein paar Kilometer mit dem neuen Porsche 911 GTS der Baureihe 992.2, um diese Ängste auszuräumen. Dazu gleich mehr, nähern wir uns dem Auto erstmal an. Die seit 2018 gebaute Modellgeneration mit dem internen Kürzel 992 fährt mit einem Facelift vor. Die Lufteinlässe und der Stoßfänger an der Front wurden überarbeitet, auf Wunsch werden HD-Matrix-LED-Scheinwerfer mit 32.000 Lichtpunkten eingebaut. Am Heck wurde die Position des Kennzeichens leicht geändert. Innen gibt es mehr Gleichteile mit anderen aktuellen Porsche-Baureihen in Form der digitalen Instrumente auf einem Curved Display und des profanen Startknopfs anstelle des stilisierten Schlüssel-Knubbels. Außerdem wurde das Infotainment-System mit einer tieferen Integration von Apple CarPlay aktualisiert.

Der doppelt aufgeladene Dreilitr-Sechszylinder-Boxermotor des Porsche 911 Carrera bekam eine Leistungsspritze auf jetzt 394 PS. Gänzlich neu ist der Antriebsstrang des Porsche 911 GTS. Der frühe Zeitpunkt der Vorstellung ist ungewohnt, bislang wurden die dynamisch angeschärften GTS-Modelle einer Baureihe nachgereicht. Hier und heute bietet dieses Derivat aber den größten Neuheitenwert. Nicht wegen der vertikal angeordneten, beweglichen Luftleitelemente im speziell geformten Bugteil.

Neuer Boxer für den Hybrid

erten Antriebsstrangs, bei Porsche T-Hybrid genannt. Er kommt vorerst nur im 911 GTS zum Einsatz. Für ihn wurde ein komplett neuer Sechszylinder-Boxermotor mit 3,6 Litern Hubraum entwickelt, der 485 PS leistet. Im Gegensatz zum Dreiliter des „Basismodells“ wird er von nur einem Turbolader beatmet. Für schnelles Ansprechverhalten sorgt hier eine im Lader integrierte Elektromaschine. Sie erzeugt aus der Energie des Abgasstroms bis zu 11 kW (15 PS) Leistung auf und setzt sie in Ladedruck um.

Zwischen dem Boxermotor und dem Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe sitzt ein weiterer Elektromotor, 41 kW (56 PS) stark. Er ist, wie die Maschine im Turbolader, mit einer brutto 1,9 kWh großen Batterie gekoppelt. Sie wird beim Bremsen und im Schubbetrieb geladen. Die Systemleistung des 911 T-Hybrid gibt Porsche mit 398 kW / 541 PS an. Deutlich mehr als die 480 PS des bisherigen 911 GTS. Das Mehrgewicht des Hybridsystems soll, im Vergleich zum reinen Verbrenner, bei rund 50 Kilogramm liegen.

Wir starten zur Testfahrt im Porsche 911 Targa 4 GTS. Im warmen Südspanien sorgt der Dachmodul-Tanz für Luft über dem Scheitel. Los geht es auf Landstraßen mit Kurven, Kehren und Kuppen. Fahrspaß ist programmiert. Das Fahrgefühl ist 911-typisch. Rückstellmoment am Lenkrad, Widerstand am Gaspedal, Popometer: Alles ist ganz genau so, wie man es sich als Dirigent eines Orchesters aus Kolben, Kraft und Abgasanlage vorstellt. Da kann man sich auch schneller als gedacht mit den neuen Digital-Instrumenten anfreunden.

Auch wenn du penibel darauf achtest – ein auch nur minimal verzögertes Ansprechverhalten des Turboladers ist nicht spürbar. Die dort integrierte E-Maschine macht ihre Arbeit richtig. Beim langsamen Cruisen mit offenem Dach ist im Teillastbetrieb ein leichtes Geräusch des größeren Elektromotors zu hören. Spätestens bei einer künftigen Modellpflege sollten die Ingenieure das aber gewiss in den Griff bekommen. Bis dahin hilft ein leicht krummer großer Zeh, um die Fuhre mit sattem Sound aus der Doppelrohr-Auspuffanlage nach vorne schnalzen zu lassen. 3,1 Sekunden für die Beschleunigung auf 100 km/h und eine Höchstgeschwindigkeit von 312 km/h glaubst du gern.

Viel zu schnell geht der Tag mit dem Targa zu Ende. Dafür steigt die Vorfreude. Am nächsten Morgen zeigt uns schon der Himmel, dass er heute eher ein geschlossenes Dach über dem Kopf empfiehlt. Vor dem Hotel wartet der Porsche 911 Carrera 4 GTS. Gleicher Antrieb, gleiche Ausstattung, nur als Coupé.

Test auf der Rennstrecke

Porsche 911 GTS Carrera Targa 4 T-Hybrid Test Rennstrecke Preis 2024

Auf dem Weg zur Rennstrecke macht auch er viel Spaß, bleibt aber gleichzeitig ein entspannter Gran Turismo. Das ändert sich nach der Ausfahrt aus der Boxengasse des Rundkurses „Circuito Ascari“. Noch feuchtelt es etwas auf dem Asphalt. Trotzdem sorgt der traktionsstarke Allradantrieb des GTS für maximalen Grip und schon nach der Einführungsrunde hinter dem Turbo S des Instruktors für sehenswerte Zeiten.

Dann gehört die Strecke nur uns beiden, dem GTS und mir. Das Spektakel aus Anvisieren, Anbremsen, Einlenken zum Scheitelpunkt, Öffnen der Lenkung uns Vollgas kann man nicht oft genug wiederholen. Der Asphalt ist längst trocken, die Finger schwitzig. Am Lenkradkranz aus Race-Tex-Mikrofasermaterial hast du dennoch ebenso guten Grip wie die GoodYears des Autos auf dem Boden. Auch hier zeigt der T-Hybrid, dass bestmögliche Performance das Lastenheft bei der Entwicklung bestimmt hat.

Sparsamer soll er dabei bei entspannter Fahrweise auch sein. 10,8 Liter Benzin genehmigt sich der GTS nach WLTP-Norm alle 100 Kilometer. Auf unserer Landstraßen-Tour kamen wir damit in der Tat zurecht. Heute auf der Rennstrecke spielt der Durst des Boxermotors eine untergeordnete Rolle. Denn leider ist das Zeitfenster in Ascari schneller geschlossen als der Tank leer.

Der 911 rollt in die Boxengasse. Ein kurzer Check der Reifen. Dann geht es auf eigener Achse wieder raus ins normale Leben. Und der Porsche zeigt, dass er beide Welten spielerisch beherrscht.

Das kostet der GTS

Porsche 911 GTS Carrera Targa 4 T-Hybrid Test Rennstrecke Preis 2024

Wollen wir echt über Preise sprechen? Nun gut. Mit dem Facelift wird der 911 teurer. Der Carrera mit 394 PS startet bei 128.700 Euro. Ein deutlicher Aufschlag ist für das Upgrade zum GTS fällig: Mit Heckantrieb kostet er als Coupé ab 170.600 Euro. Als Carrera 4 GTS mit Allradantrieb verlangt er nach 178.800 Euro. Targa (nur als Allradler) und Cabriolet kosten gleich viel, mit der 4 vor dem GTS-Kürzel also ab 192.900 Euro.

Da bleibt natürlich trotzdem noch Luft für Feinheiten aus dem Konfigurator. Der karminrote Targa auf den Bildern und im Video kostet stolze 222.594,50 Euro. Das gezeigte Coupé hat einen Listenpreis von 217.752,70 Euro.

Fazit

Porsche 911 GTS Carrera Targa 4 T-Hybrid Test Rennstrecke Preis 2024

Der neue Hybrid-Antriebsstrang schärft das Fahrvergnügen im Porsche 911 weiter an. Sowohl auf der Straße als auch auf der Rennstrecke überzeugt das System mit schnellem Ansprechverhalten. Dazu passt das athletische Gesamtpaket des Sportwagens. Mit der Elektrifizierung wird der 911er in die Gegenwart und die Zukunft gebracht. Wie gewohnt bringt er auch als T-Hybrid ein hohes Suchtrisiko mit – und dürfte auch damit Skeptiker überzeugen.

Technische Daten

Porsche 911 4 Targa GTS

Antriebsart Hybrid-Benziner
Antrieb Allradantrieb
Abgasnorm Euro 6 EA
Hubraum 3.591 ccm
Anzahl und Bauform Zylinder Sechszylinder-Boxermotor
Maximale Leistung kW / PS 357 kW / 485 PS bei 7.500 U/min
Max. Drehmoment 570 Nm
Getriebe Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe
Elektromotor: Maximale Leistung kW 41 kW (56 PS)
Systemleistung: kW / PS 398 kW / 541 PS, 610 Nm
Batterie 1,9 kWh
Beschleuningung 0-100 km/h 3,1 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 312 km/h
Norm-Verbrauch auf 100km 10,8 Liter / CO2-Emissionen 245 g/km
Kofferraumvolumen 135 Liter vorne + 163 Liter hinter Vordersitzen
Leergewicht 1.820 kg
Länge / Breite / Höhe 4.553 / 1.852 / 1.297 mm
Basispreis Modellvariante 192.900 Euro
Testwagenpreis 222.594,50 Euro
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Sebastian Bonschenk, Bernd Conrad