Der elektrische Renault Kangoo im Fahrbericht mit Video-Review.
Kompakte Hochdachkombis sind meist als Familienshuttle zwischen Kita, Schule, Spotverein und sonstigen Aktivitäten im Einsatz. Zudem pendelt eines der Elternteile damit am Office-Day zur Arbeitsstelle, am Wochenende geht es zu Freunden oder den Großeltern.
Dabei werden meist Kurz- und Mittelstrecken zurückgelegt. Ein ideales Einsatzgebiet für einen Elektroantrieb, der in diesem Szenario seine Vorteile voll und ganz ausspielen kann. Für die Fahrt in den Urlaub muss aber der Zweit- oder ein Mietwagen heran.
Der Kangoo E-Tech im Video
Der Stellantis-Konzern setzt bei den PKW-Varianten der Hochdachkombis von Citroën, Fiat, Opel und Peugeot vollständig auf den lokal emissionsfreien Elektromotor. Renault hat den noch frischen Kangoo als Benziner und Diesel eingeführt, schiebt jetzt die Elektroversion als zusätzliches Angebot hinterher.
Das Antriebskonzept ist bereits aus der Nutfahrzeugversion des Kangoo E-Tech Electric bekannt. Unter der vorderen Haube steckt ein maximal 90 kW (122 PS) starker fremderregter Synchronmotor, der mit bis zu 245 Newtonmeter Drehmoment die Vorderräder motiviert.
Eingeschränkter Raum im Fond
Strom kommt aus einem 44 kWh großen Lithium-Ionen-Akku, der im Fahrzeugboden steckt. Sein Bauraum erhöht den Innenboden im kastenförmigen Kangoo. Das spürt man vor allem im Fond. Hier ist der Verbrenner-Kangoo schon kein Raumwunder für Knie und Füße. Auf dem höheren Innenboden hockt man, zumindest als großer Mensch, in Froschhaltung auf den zu nah an der Türverkleidung positionierten Plätzen. Das Tischchen an der Rückseite der Vordersitzlehne ist so nicht nutzbar.
Das Kofferraumvolumen leidet kaum, bei umgeklappten Rücksitzlehnen sind es 1.969 Liter – 62 Liter weniger als beim Verbrenner. Wirft man die stabile Kofferraumabdeckung raus und die Sitzlehnen nach vorne, entsteht aber eine hohe Stufe im Laderaum. Nebeneffekt: Die im Vergleich zum Verbrenner geänderte Kinematik sorgt dafür, dass man die Vordersitze nicht erst nach vorne fahren muss und sie dann nicht mehr ganz zurückbekommt. Ein ebener Ladeboden wäre aber auch prima.
Das Leergewicht des elektrischen Kangoo steigt auf 1.870 Kilogramm, wovon 320 Kilogramm auf das Konto des Akkus gehen. Im urbanen Raum hat der E-Antrieb aber trotzdem kein schweres Spiel mit dem Kastenwagen. Zum sportlichen Sprinter wird der Renault selbstredend auch nicht, was ja auch gar nicht Sinn und Zweck dieses Fahrzeugkonzepts ist.
Einstellbare Rekuperation
Den Werksagangaben zufolge beschleunigt der Elektro-Kangoo in 12,6 Sekunden auf Landstraßentempo, die Höchstgeschwindigkeit wird bei 132 km/h elektronisch begrenzt. Wichtiger als diese Werte ist die zweite Gasse für den Wählhebel des Eingang-Reduktionsgetriebes. Mit ihm kann man die Energie-Rekuperation in drei Stufen intensivieren. Reines Ein-Pedal-Fahren ist zwar auch in „B3“ nicht möglich, man muss aber erst ab etwa 12 km/h Restgeschwindigkeit das Bremspedal treten.
Vor allem im Stadtverkehr lässt sich somit die Energieeffizienz steigern. 19,2 kWh Strom verbraucht der Franzose nach WLT-Norm auf 100 Kilometern, was für eine Reichweite von 285 Kilometern reichen soll. Am Ende unserer Testfahren steht ein Wert von 24,2 kWh auf der Anzeige des Bordcomputers, was den Radius rein rechnerisch auf knapp unter 200 Kilometern bei winterlichem Wetter und Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt reduziert.
DC-Laden als Option
Beim Laden gibt es eine Zweiklassengesellschaft. Serienmäßig steckt unter dem mittigen Markenlogo in der Frontmaske ein Anschluss für das dreiphasige Laden von Wechselstrom mit bis zu 11 kW. Wer das Auto abends zuhause an die Wallbox hängt und dort regelmäßig laden kann, kommt damit zurecht.
1.500 Euro Aufpreis kostet das AC-Laden mit 22 kWh. Erst dann verfügt der Kangoo E-Tech Electric auch über einen CCS-Anschluss für das Stromzapfen am Schnelllader. 80 kW Ladeleistung gibt der Hersteller an. In 37 Minuten soll sich der Füllstand der Batterie von 15 auf 80 Prozent steigern lassen.
Gute Übersicht
Das Cockpit entspricht, bis auf die digitalen Instrumente der Elektroversion, den bekannten Kangoo-Varianten. Vom großzügig geschnittenen Fahrersitz aus hat man eine gute Rundum- und Aussicht. Zudem gefallen viele schlaue Ablagen wie das Fach mit Deckel und USB-Anschlüssen über den Instrumenten.
Das Fahrwerk zeigt sich, bedingt durch das höhere Fahrzeuggewicht, etwas steifbeiniger als im Benziner. Vor allem Querfugen und Wurzelaufbrüche werden hastig an die Insassen weitergereicht.
Das kostet der elektrische Kangoo
Storm statt Benzin oder Diesel im Kangoo? Das ist vor allem eine ideologische Frage, weniger ein rationales Rechenbeispiel. Der E-Tech ist nämlich erst einmal deutlich teurer als der Verbrenner. Ab 39.300 Euro gibt es ihn in der Grundausstattung Equilibre.
Unser Testwagen trägt die höhere Ausstattungslinie Techno, u.a. mit Zweizonen-Klimaautomatik, 17-Zol-Leichtmetallfelgen, modularer Dachreling und Navi mit 8-Zoll-Monitor, kostet mit CCS-Ladeanschluss und 22-kW Onboard-Charger ab 43.500 Euro. Das hier gezeigte Exemplar mit Metalliclackierung und weiteren Extras kommt auf 46.590 Euro.
Der Kangoo-Benziner mit Doppelkupplungsgetriebe und 130 PS Leistung ist als Techno ab 31.050 Euro zu haben, also über 12.000 Euro günstiger als der Bruder mit Elektroantrieb. Aktuell kann man diesen aber noch fördern lassen, was den Aufpreis zumindest mildert. Ein Blick auf die Konkurrenz: Den Citroën ë-Berlingo gibt es ab 36.950 Euro, den Peugeot e-Rifter ab 41.240 Euro (alle Preise Stand März 2023).
Fazit
Unabhängig vom Antrieb ist der Renault Kangoo mit seiner maximalen Raumausnutzung auf kompakter Grundfläche, guter Verarbeitung und ordentlicher Ausstattung ein praktischer Alltagsheld.
Der Elektroantrieb ist, zumindest ohne volle Beladung, ausreichend kräftig für den Kurz- und Mittelstreckenverkehr. Das Platzangebot im Fond karikiert sich aufgrund des hohen Innenbodens aber selbst. Außerdem ist der Kangoo E-Tech Electric, im Vergleich zum Benziner, arg teuer.
Technische Daten
Renault Kangoo E-Tech Electric |
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Antrieb | Frontantrieb |
Getriebe | Eingang-Reduktionsgetriebe |
Elektromotor: Maximale Leistung kW | 90 kW (122 PS) |
Elektromotor: Nennleistung KW | 51 kW (69 PS) |
Elektromotor: Maximales Drehmoment | 245 Nm |
Batterie | 45 kWh, Lithium-Ionen |
Maximale Ladeleistung Wechselstrom (AC) | 11 kW (Serie) / 22 kW (optional) |
Beschleuningung 0-100 km/h | 12,6 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 132 km/h (im Eco-Modus 110 km/h) |
Norm-Verbrauch kWh / 100 km | 19,2 kWh, Reichweite 285 km |
Realer Verbrauch im Testzeitraum kWh/100 km | 24,1 kWh (lt. Bordcomputer) |
Leergewicht | 1.870 kg |
Anhängelast (gebremst) | 1.500 kg, Stützlast 75 kg, Dachlast 80 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.486 / 1.919 / 1.838 mm |
Grundpreis | 39.300 Euro |
Testwagenpreis | 46.590 Euro (Techno mit 22kW-Paket und Optionen) |