Der neue Renault Rafale E-Tech Hybrid im ersten Fahrbericht.
Große Renault als Topmodelle ihrer Marke tragen traditionell ein schräges Heck mit großer Klappe. Das war bei den Nummern 30 und 25 so, danach bei Safrane und leicht abgewandelt beim Vel Satis. Letzterer brach mit der Einordnung in die Limousinen-Klasse. Mehr Erfolg als seinen Vorgängern brachte ihm das jedoch nicht.
Viele Jahre später kommt wieder ein Renault mit Schrägheck auf den Markt. Das Umfeld hat sich gewandelt, jetzt sprechen wir vom SUV Coupé. So soll der neue Renault Rafale die schicke Alternative zum Tiguan-Konkurrenten Austral und dem bis zu siebensitzigen Espace sein. Alle drei teilen sich die intern CMF-CD genannte Achitektur, die auch innerhalb der Allianz mit Mitsubishi (Outlander) und Nissan (Qashqai, X-Trail) genutzt wird.
Der Renault Rafale im Video
Seinen Namen entleiht sich der Renault von einem Flugzeug, mit dem in den 1930er Wettkämpfe und Geschwindigkeitsrekorde ge- und erflogen wurden. Pikantes Detail: Aktuell nutzt der Hersteller Dassault Aviation die Bezeichnung für ein lokal entwickeltes Kampfflugzeug, nachdem die französische Regierung aus der Eurofigther-Kooperation ausgestiegen war.
Zurück zum Auto: Der rein zivile Renault Rafale streckt sich auf eine Länge von 4,71 Metern, übertrifft den Austral damit um rund 20 Zentimeter. Zudem ist der vier Zentimeter breiter und etwas flacher, nutzt gleichzeitig den um sieben Zentimeter längeren Radstand des Espace. Von den beiden Steilheck-Brüdern grenzt sich der Rafale mit seiner Designsprache ab.
Anstelle eines hohen Grills mit Lamellen, großem Emblem und LED-Bögen für das Tagfahrlicht tritt der Neuling kantiger auf, spielt mit Linien und Flächen. Kritiker werfen ein, dass man den Rafale auf den ersten, flüchtigen Blick mit einem Peugeot (408) verwechseln könnte – dem ehemaligen Arbeitgeber des Designchefs. Auch der Rafale trägt den überarbeiten, jetzt zweidimensional besser darstellbaren Rhombus als Markenlogo.
Unter der großen, elektrisch bedienbaren Heckklappe bietet der Renault Rafale einen 627 Liter großen Kofferraum, deutlich mehr als der Austral als Hybrid (527 Liter) bietet. Nach dem Umklappen der geteilten Rücksitzlehne lässt sich das Abteil auf 1.910 Liter erweitern.
Cockpit und Platzangebot
Auch der geräumige Fond macht den Rafale – ganz markentypisch - zum „Auto zum Leben“, selbst für große Mitfahrer. Auf den bequem ausgeformten Außenplätzen hat man genug Luft für Knie und Kopf, trotz der abfallenden Dachlinie. Der Mittelplatz ist schmal und eher als Notlösung gedacht.
In der Ausstattungslinie Esprit Alpine kleidet sich der Innenraum ist eine Mischung auf Stoffbezügen und Mikrofaser-Material von Alcantara. In den Lehnen der Vordersitze strahlen leuchtende Alpine-Embleme in Richtung Premiumklasse. Eine kurze Sitzprobe in einem Renault Rafale Techno zeigte, dass die dort verbaute graue Stoff-Ausstattung auf identischem Mobiliar etwas weicher wirkt. Die Kork-Dekoreinlage im Techno-Armaturenbrett ist aber gewiss nicht jedermanns Geschmack.
Das Cockpit mit aufrechtstehendem Infotainment-Display ist aus Austral und Espace bekannt. Auch der Rafale nutzt das Google-Betriebssystem Android Automotive. Apps wie der Echtzeit-Routenführer Google Maps sind in das System integriert, ebenso die Sprachsteuerung über den Google Assistant. Über den Playstore lassen sich weitere Anwendungen, beispielsweise Spotify oder andere Streamingdienste, herunterladen.
Der Touchscreen reagiert schnell auf Befehle. Die Software verhindert aber leider den direkten Zugriff auf die Routenführung aus einer anderen Anwendung heraus. Man muss erst ins Hauptmenü der Apps klicken und dann Google Maps aussuchen. Sehr gut gelöst: Die Navi-Karte lässt sich zusätzlich auch im digitalen Kombiinstrument hinter dem Lenkrad aufrufen, zudem gibt es Fahrrichtungsanzeigen im optionalen Head-up-Display.
Nicht jeder Kunde möchte sich im Auto zusätzlich bei seinem Musik-Streaming-Anbieter einloggen. Auch dafür ist gesorgt. Android Auto und Apple CarPlay funktionieren kabellos, das Smartphone kann währenddessen auf einer rutschfesten Ablage auf der Mittelkonsole induktiv geladen werden.
Für die Stromversorgung von externen Geräten stehen zudem je zwei USB-C-Steckplätze je Sitzreihe und 12-Volt-Steckdosen im Souterrain der Mittelkonsole und im Kofferraum bereit.
Hybrid mit drei Maschinen
Der Renault Rafale E-Tech Full Hybrid 200, so der offizielle Name, nutzt den aus Austral und Espace bekannten Antriebsstrang mit 1,7 kWh großem Akku ohne externe Lademöglichkeit.
Den Verbrenner-Part übernimmt ein 1,2 Liter großer Dreizylinder-Benziner mit 96 kW / 130 PS. Der primär genutzte Elektromotor bringt es auf 51 kW (69 PS), wie der Benziner entwickelt er ein Drehmoment von 205 Newtonmetern. Als Teamassistenz kommt ein Startergenerator (Elektromotor) mit 35 kW (64 PS) mit dazu. Für die Kraftverwaltung zeichnet das markeneigene Multi-Mode-Automatikgetriebe mit bis zu 15 Übersetzungen verantwortlich.
Nach WLTP-Norm soll der Renault Rafale mit diesem Hybridantrieb 4,7 Liter Sprit je 100 Kilometer konsumieren. 55 Liter Tankinhalt sollen also für eine Reichweite von weit über 1.000 Kilometern ausreichen.
Der Fahreindruck
Mit ausreichend Strom im Akku stromert der Rafale E-Tech Hybrid los. Wenn sich der Dreizylinder-Benziner zuschaltet, gelingt das ohne großes Aufsehen in Form von lauten Geräuschen oder Vibrationen im Innenraum.
Wenn man mit konstantem Tempo in der Stadt bei rund 50 km/h oder mit 90 km/h auf einer spanischen Landstraße im seriellen Hybridmodus (Räderantrieb über den Elektromotor, der Verbrenner läuft als Energielieferant), stören jedoch deutlich hörbare Brummgeräusche. Auf der Autobahn fühlt man in wenigen Situationen einen kurzen Leistungsabfall, wohl aufgrund einer Änderung der Getriebeübersetzung.
Über das „Multi-Sense“-Menü lassen sich verschiedene Fahrmodi konfigurieren, die auch Einfluss auf die Displaygrafiken und die Farbe der Ambientebeleuchtung haben. Zudem lässt sich im Sportmodus die 4Control genannte Allradlenkung konfigurieren. Sie ist beim Rafale Esprit Alpine serienmäßig und für die Techno-Version als Option zu haben.
Allradlenkung an Bord
Bei niedrigem Tempo schlagen die Hinterräder um bis zu fünf Grad entgegengesetzt zu den vorderen Kollegen ein. Das hilft, den Wendekreis von 11,6t auf 10,4 Meter und damit auf Kleinwagenniveau zu reduzieren. Zudem ist beim Fahren durch enge Gassen in südspanischen Dörfern und Kleinstädten das mitlenkende Hinterteil deutlich zu spüren, man freut sich über die Wendigkeit des Autos. In höheren Geschwindigkeitsregionen lenken die Räder an der Hinterachse um ein Grad gleichsinnig zu den Vorderrädern mit, was die Fahrstabilität in Kurven und beim Spurwechsel erhöht.
Das Fahrwerk des Renault Rafale präsentiert eine leicht straffe Grundnote, die Abstimmung der (nicht verstellbaren) Dämpfer sorgt aber für guten Komfort. Auf schlechten Straßen mit Rillen im Asphalt stören jedoch deutlich hörbare Abrollgeräusche aus den vorderen Radkästen.
Der Verbrauch
Bei aktivierter Routenführung soll der vorausschauende Hybridantrieb helfen, mit Sprit zu knausern. Topographiedaten und andere Informationen helfen der Software, Rekuperationsphasen effektiv zu steuern. Ungewöhnlich für einen Vollhybriden: Über Schaltwippen am Lenkrad kann man auch als Fahrer die Energie-Rückgewinnung in vier Stufen steuern. Bis zu einer Geschwindigkeitkeit von rund zehn km/h lässt sich so in der maximal möglichen Einstellung an Kreuzungen und Ampeln heranbremsen. Erst dann muss man mit dem Fuß auf das Pedal treten, sofern man anhalten möchte oder muss.
5,9 Liter je 100 Kilometer nannte der Bordcomputer nach zwei Tagen Testfahrten. Damit liegt der Rafale E-Tech Hybrid gut einen Liter über dem WLTP-Normwert und auf dem Niveau, dass der weitestgehend baugleiche Renault Austral mit identischem Antrieb im AUTONOTIZEN-Alltagstest unter Beweis stellte (5,7 l/100 km). Mit dem 55 Liter großeen Benzintank könnte man also, unseren Bordcomputer-Verbrauch zugrunde gelegt, fast 930 Kilometer abspulen, bevor man an eine Zapfsäule rollt.
Das kostet der Renault Rafale
Zwei Ausstattungslinien werden angeboten. Als Techno kostet das SUV-Coupé 43.800 Euro. Damit liegt der Rafale 2.250 Euro über einem entsprechenden Austral E-Tech Hybrid (41.250 Euro). Das Topmodell für den dynamischen optischen Auftritt, der Rafale Esprit Alpine, steht mit einem Listenpreis von 48.300 Euro im Konfigurator – 3.350 Euro über einem Austral Iconic Esprit Alpine (44.950 Euro).
Neben Designzutaten bringt er, zusätzlich im Niveau Techno, auch Alcantara-Bezüge, Sitzheizung vorne und eine elektrische Heckklappe mit. Zudem ist hier die 4Control-Allradlenkung serienmäßig. Matrix-LED-Scheinwerfer sind nur beim Esprit Alpine als Teil eines Optionspakets gegen Aufpreis zu haben.
Das „Solarbay“ genannte Panoramaglasdach, eine 1.500 Euro teure Einzeloption, lässt sich über einen Schieberegler im Dachhimmel elementweise abdunkeln. Ganz finster wird es dann aber nicht, zudem kann man auch kein vollständig transparentes Glasdach erzeugen. Diese Eigenschaft macht das Panorama-Fenster nach oben zu einer verzichtbaren Option.
Allradler startet im Herbst
Als reinen Verbrenner wird es den Renault Rafale nicht geben. Alternativ zum Vollhybriden startet im Herbst 2024 der Rafale E-Tech 4x4 300 als Plug-in-Hybrid mit zusätzlichem Elektromotor an der Hinterachse und einer Systemleistung von 221 kW / 300 PS. Die Preisliste für diese Version dürften bei deutlich über 50.000 Euro beginnen.
Fazit
Renault sieht Bedarf für ein weiteres SUV im Modellprogramm. Auf der gleichen Basis wie Austral und Espace entstand der neue Rafale mit Fließheck, der als Flaggschiff der Marke vor allem Kunden von anderen Marken in die Autohäuser des französischen Herstellers locken soll.
Der Vollhybrid erweist sich einmal mehr als effizienter Antrieb mit gemischten Umgangsformen. Zum Sportler wird der Rafale trotz 200 PS Systemleistung aber nicht, auch wenn er als Esprit Alpine dynamisch auftritt. Die zeitgemäße Konnektivität und die umfängliche Integration des Google-Navigationssystems gehören zu den Pluspunkten des Rafale. Trotzdem dürften die selbstbewussten Preise für längere Verhandlungen am Schreibtisch der Verkaufsberater sorgen.
im Video: Renault Austral E-Tech Hybrid 200
Technische Daten
Renault Rafale E-Tech Hybrid |
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Antriebsart | Hybrid-Benziner |
Antrieb | Frontantrieb |
Hubraum | 1.199 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 3 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 96 kW (131 PS) |
Max. Drehmoment | 205 Nm bei 1.750 U/min |
Getriebe | Multimode-Getriebe |
Elektromotor: Maximale Leistung kW | 51 kW (69 PS) |
Elektromotor: Maximales Drehmoment | 205 Nm |
Systemleistung: kW / PS | 147 kW / 200 PS |
Batterie | 1,7 kWh |
Tankinhalt | 55 Liter |
Beschleuningung 0-100 km/h | 8,9 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 4,7 Liter / CO2-Emissionen: 106 - 107 g/km |
Verbrauch real auf 100km | 5,9 Liter (lt. Bordcomputer) |
Kofferraumvolumen | 627 - 1.910 Liter |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Bridgestone Turanza 245/45 R20 |
Leergewicht | 1.735 kg |
Anhängelast (gebremst) | 1.500 kg |
Stützlast | 85 kg |
Dachlast | 80 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.710 / 1.866 / 1.613 mm |
Basispreis Baureihe | 43.800 Euro |
Basispreis Modellvariante | 48.300 Euro |
Testwagenpreis | 55.300 Euro |