Der Volvo V90 als B5-Mildhybrid beweist im Alltagstest, wie entspannend Autofahren sein kann.
Die Menschen blicken auf und verdrehen den Kopf. Väter und Mütter. Söhne und Töchter. Eigentlich fast jeder, der dem Volvo V90 Testwagen begegnet, nickt dem großen Kombi anerkennend hinterher. Bei einem Auto, dass seit bald vier Jahren auf dem Markt ist, gilt das durchaus als Überraschung.
Die Schweden haben ihrer 90er-Baureihe, die es auch als Limousine S90 gibt, zwar kürzlich ein kleines Facelift verpasst – die marginalen Änderungen fallen aber nur Fans der Marke auf. Gutes Design wirkt also, auch nach den genannten vier Jahren.
Der Volvo V90 im Video
Den Individualistencheck hat der große Volvo also schon einmal bestanden. Es muss ja nicht immer ein Audi A6, BMW 5er oder eine Mercedes E-Klasse sein, die man sich vom Arbeitgeber leasen oder vom eigenen Steuerberater durchrechnen lässt.
Zum äußeren Auftritt passt das klare Interieurdesign des Volvo. Seit vielen Jahren pflegt die Marke ihr Konzept mit dem vertikalen Touchscreen, über den fast alle Bedienschritte für Fahrzeugfunktionen, Infotainment und Klimabedienung laufen. Die Interaktion zwischen Mensch und Maschine ist gelernt, aber aufgrund kleiner Tastfelder manchmal doch fummeliger als nötig.
Vierzylinder als Mildhybrid
Klarer ist das Angebot unter der langen Motorhaube. Volvo setzt bekanntermaßen in den großen Modellen nur noch auf Vierzylindermotoren mit zwei Litern Hubraum. Sie gibt es als Benziner und Diesel in verschiedenen Leistungsstufen, außerdem als Plug-in Hybride mit Benzin- und Elektromotor. Die elektrifizierten Versionen nennt Volvo neuerdings Recharge, die Mildhybrid-Verbrenner tragen ein B in der Typbezeichnung. Egal, ob Benziner oder Diesel.
Als Volvo V90 B5 präsentiert sich dieses Exemplar mit 187 kW / 254 PS und zusätzlicher Elektro-Unterstützung mit maximal 10 kW (14 PS). So steht der Kombi ausreichen kräftig im Futter, ohne sich die Dynamikkrone aufsetzen zu wollen.
Dieser Kopfschmuck würde ihm auch gar nicht so recht passen. Kaum ein anderes Auto schafft es so gut wie der V90, Entspannung in Würde zu vermitteln. Dass jeder Volvo ab Modelljahr 2021 bei 180 km/h elektronisch abgeregelt wird, stört in dieser Kulisse überhaupt nicht. Nur schade, dass das Fahrassistenzsystem Pilot Assist, das den Wagen auf Abstand zum Vordermann und relativ mittig in der Fahrspur hält, schon bei 140 km/h den Dienst quittiert.
Bei höherem Tempo arbeitet die adaptive Geschwindigkeitsregelanlage einzeln, der Spurhalteassistent orientiert sich an den Randmarkierungen des Fahrstreifens.
Schickes Tailored Wool Interieur
Auf den bequemen Sportsitzen – hier mit „Tailored Wool“ als schicke, aber pflegeintensive Lederalternative – reist man ohne Hektik selbst an weit entfernte Ziele. Das adaptive Luftfahrwerk an der Hinterachse regelt das fliegender-Teppich-Gefühl unabhängig von der Beladung bei. Dagegen missfällt die je nach Untergrund stößige Vorderachse von Zeit zu Zeit.
Nicht nur auf langen Strecken wird der zuvor tiefe Griff in den Geldbeutel auditiv belohnt. Wer zusätzlich zum fast 5.000 Euro teuren Ausstattungspaket mit Harman/Kardon-Anlage nochmal fast 3.000 Euro für den „Premium Sound“ vom Spezialisten Bowers & Wilkins investiert, hat je nach Vorliebe seinen Konzertsaal oder sein Tonstudio mit dabei.
Premium auch beim Preis
Materialanmutung und Verarbeitung sind auf dem Niveau der Premium-Konkurrenz von Audi, BMW, Lexus und Mercedes. Unter deren Kunden will der Volvo V90 auch wildern. Bei der Preisgestaltung sind die Schweden dabei auch sehr selbstbewusst, die günstigere Alternative soll und will man gar nicht sein.
59.218 Euro kostet so ein Volvo V90 B5 Inscription, bringt dann schon eine recht komplette Ausstattung mit. Aber, auch das ist von den deutschen Mitbewerbern gelernt, mehr geht immer. Mit zusätzlichen Assistenten, Metalliclackierung im schmutzunempfindlichen Thunder Grey, dem Tailored-Wool-Interieur, Akustikverglasung und vielen weiteren Optionen summiert sich der Listenpreis des Testwagens auf happige 78.236 Euro. Auch das ist Oberklasse.
Fazit zum Volvo V90
Der Volvo V90 lädt zum entspannten Kilometersammeln ein. Hektik und Raserei liegen dem gediegenen Kombi weniger, das strahlt sehr schnell positiv auf seinen Fahrer ab.
Das Interieur mit Tailored Wool ist edel und bequem, bedarf aber regelmäßiger Pflege. Ein komplett veganer Innenraum soll im Modelljahr 2022 nachgereicht werden. Auch er wird Aufpreis kosten, wie vieles im an sich schon preisintensiven Reisekombi.
Technische Daten
Volvo V90 B5 Benzin Mild-Hybrid Inscription |
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Abgasnorm | Euro 6d |
Hubraum | 1.969 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 187 kW / 254 PS bei 5.500 U/min |
Max. Drehmoment | 350 Nm bei 1.500 - 4.800 U/min |
Getriebe | Achtgang-Automatik |
Elektromotor: Maximale Leistung kW | 10 kW (14 PS) |
Elektromotor: Maximales Drehmoment | 40 Nm |
Beschleuningung 0-100 km/h | 6,9 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 7,2 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 8,8 Liter |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Michelin Primacy 4, 255/40 R19 |
Leergewicht | 1.826 kg |
Anhängelast (gebremst) | 2.000 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.936 / 1.879 / 1.475 mm |
Grundpreis | 59.218,49 Euro |
Testwagenpreis | 78.236,66 Euro |