Der elektrische Volvo XC40 Recharge P8 im ersten Fahrbericht mit Video-Review.
Erst denkst du „na gut, der kennt sich aus und guckt deswegen so“. Der Fahrer eins Volvo XC40 reckt an der Ampel den Kopf in alle Richtungen, blickt unserem Testwagen hinterher. Ob ihm der komplett geschlossene Kühlergrill aufgefallen ist? Ob es an der neuen Farbe „Sage Green Metallic“ liegt?
Der XC40 im Video-Review
Aber dann zeigt sich, dass der elektrische Volvo XC40 auch scheinbar weiter vom Fach entfernten Personen positiv auffällt. Nicht nur, weil er fast lautlos vorbeigleitet, sondern auch parkend im Stadtbild. Nicht nur Familienväter, sondern auch -mütter und andere Passanten begutachten das Auto. Dabei ist der Volvo XC40 an sich ja nichts wirklich Neues, vor allem nicht in Hamburg. Dort starten wir zur ersten Probefahrt mit dem XC40 Recharge P8 AWD.
Diese komplizierte Modellbezeichnung hat der erste vollelektrische Volvo eigentlich gar nicht verdient, sein technischer Zwillingsbruder heißt schlicht und einfach Polestar 2. „Recharge“ steht bei Volvo für alle Modelle, die sich über eine externe Quelle mit Strom aufladen lassen. Bisher sind das Plug-in Hybride, künftig auch Elektroautos. Die Acht stellt klar, wo der XC40 in der markeninternen Leistungshierarchie einzuordnen ist, nämlich recht weit oben. Das liegt auch am „AWD“. Zwei Elektromotoren stellen im Elektro-SUV Allradantrieb zur Verfügung.
Es geht voran!
150 kW (204 PS) und 330 Newtonmeter Drehmoment stehen maximal zur Verfügung. Also, pro Achse! Macht insgesamt 300 kW (408 PS) und 660 Newtonmeter. Der XC40 hat zwei permanenterregte Synchronmotoren, die ab Start bereit sind. Kein Zuschalten bei Bedarf also. Bei schwerem Fuß auf dem Fahrpedal stürmt der XC40 nach vorne, wie es vor allem andere Verkehrsteilnehmer vom ach so braven Kompakt-SUV nie und nimmer erwarten würden.
Der Wert von 4,9 Sekunden für die Beschleunigung von null auf 100 km/h ist an sich schon betörend, fühlt sich im Volvo aber umso dramatischer an. Während man dem Polestar 2 in seinem Limousinen-Kleid den Sturm und Drang auch optisch sofort abkauft, ist der Volvo XC40 eher der Wolf im Schafspelz.
Bei der Höchstgeschwindigkeit lässt der dem Polestar 2 auch gerne den Vortritt. Wie alle aktuellen Volvo-Modelle schiebt die Elektronik bei 180 km/h einen Riegel vor. Bis in diesen Tempobegrenzer zoomt sich der XC40 aber ansatzlos schnell gen Horizont.
Einstellbare Fahrmodi wie Sport oder Eco haben sie sich in Schweden gespart. Der Kunde braucht und nutzt da alles nicht wirklich, heißt es bei Volvo. Lediglich das „One-Pedal-Feeling“ lässt sich aktivieren. Etwas umständlich im Untermenü der Fahrparameter leider, aber dann überzeugt das System.
Entspanntes One-Pedal-Feeling
Ohne langes Eingewöhnen nutzt man das Fahrpedal als Joystick, bringt den XC40 an jeder Haltelinie oder Ampel zum Stoppen, ohne die Bremse zu treten. Im Gegensatz zu anderen Elektroautos funktioniert das One-Pedal-Feeling beim Volvo XC40 Recharge P8 übrigens auch bei ganz vollem Akku, in den eigentlich gar nichts hineinrekuperiert werden kann. Die Software entscheidet dann einfach, die Bremsanlage für das Fahrgefühl zu verwenden.
Beim Fahrwerk täte eine Einstellmöglichkeit in Form von adaptiven Dämpfern den Insassen ganz gut. Der 2,2 Tonen schwere Elektro-XC40 ist schlicht und einfach zu hart abgestimmt. Querfugen und Frostaufbrüche rumpelt das Fahrwerk beinahe ungefiltert in den Innenraum. Auf der Autobahn oder Landstraße ist der Aufbau ständig in Bewegung. Entspannt ist anders.
In der von den Verbrennern und den Plug-in Hybriden bekannten Cockpit-Landschaft steckt Neuland für die Marke Volvo. Als erstes Modell fährt der elektrische XC40 mit dem Betriebssystem Android Automotive vor. Die Vorteile: Eine Navigation über Goolge Maps nutzt die Schwarmintelligenz für Echtzeit-Verkehrsdaten, der Google Assistant ist als Sprachsteuerung kompetenter als manches OEM-System.
Bis 150 kW Ladeleistung
Durch eine clevere Verteilung der Batterie-Module entspricht das Sitzgefühl beinahe dem in den Verbrenner-XC40. Fußgaragen erlauben eine bequeme Beinhaltung. 400 bis 418 Kilometer Reichweite verspricht Volvo laut WLTP-Norm mit dem Strom aus der 78 kWh (netto 75 kWh) großen Lithium-Ionen-Batterie. Bei den ersten Testfahrten mit langer Autobahnstrecke wäre uns rein rechnerisch nach 210 Kilometern der Strom ausgegangen. Bei 38 Prozent State-of-Charge (Ladezustand der Batterie) parkten wir den Volvo vor dem Schnelllader.
Bis zu 150 kW Ladeleistung verträgt der Volvo bei Gleichstrom. Beim erwähnten Ladezustand des Akkus kletterte die Anzeige an der Ladesäule immerhin auf 70 kW. Nach 23 Minuten war Strom für etwa 100 Kilometer nachgeladen. Ob und wie nah der Volvo XC40 Rechare P8 im Alltag an das Reichweitenversprechen herankommt, wird ein späterer Test klären.
Das kostet der Elektro-Volvo
62.000 Euro kostet der elektrische XC40. Es gibt nur eine Ausstattungslinie mit relativ kompletter Ausstattung. Für mehr Komfort an kalten Tagen sollte man aus der dennoch langen Optionsliste auf jeden Fall die Wärmepumpe (655 Euro) wählen.
Wer sich jetzt für einen XC40 Recharge P8 interessiert, dürfte sich über die Information zum nahenden Modelljahr 2022 freuen. Volvo wird den Preis dann senken. Mit leicht geändertem Ausstattungspaket soll es dann bei etwa 58.000 Euro losgehen. Dann muss der XC40 auch den Preis-Vergleich zum Polestar 2 nicht mehr scheuen.
Steuervorteil im Modelljahr 2022
Wichtiger: Mit einem Basispreis von unter 60.000 Euro wird der Fahrer eines Firmenwagens auch steuerlich profitieren. Denn nur dann gilt der auf 0,25 Prozent reduzierte Satz bei der Versteuerung des geldwerten Vorteils (statt 1% bei Verbrennern). Ein wichtiges Instrument für Volvo, zu deren Abnehmern oftmals Gewerbekunden zählen.
Fazit
Platzangebot, Konzept und Package des Volvo XC40 wissen, unabhängig von der Antriebsart, zu gefallen. Der elektrische XC40 Recharge P8 bringt neue Aspekte aufs Tablett. Das fast lautlose Fahren passt gut zum Charakter des Autos, das bei Bedarf auch eine teils heftige Längsdynamik auf den Asphalt zaubert.
Die Preise senkt Volvo demnächst leicht. Dann wird es Zeit, dieharte Fahrwerksabstimmung zu überarbeiten. Dann gibt es noch mehr Gründe, den Blicken der anderen Verkehrsteilnehmern freundlich zu begegnen.
Technische Daten
Volvo XC40 Recharge P8 AWD |
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Elektromotor vorn: Maximale Leistung kW | 150 kW (204 PS) |
Elektromotor vorn: Maximales Drehmoment | 330 Nm |
Elektromotor hinten: Maximale Leistung kW | 150 kW (204 PS) |
Elektromotor hinten: Maximales Drehmoment | 330 Nm |
Systemleistung: kW / PS | kombiniert 300 kW (408 PS) |
Batterie | 78 kWh (75 kWh netto) Lithium-Ionen |
Beschleuningung 0-100 km/h | 4,9 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h |
Norm-Verbrauch kWh / 100 km | 23,8 - 25,0 kWh |
Leergewicht | 2.188 kg |
Anhängelast (gebremst) | 1.500 kg, Stützlast 90 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.425 / 1.863 / 1.647 mm |
Grundpreis | 62.000 Euro |
Testwagenpreis | 70.925 Euro |