Der VW ID.7 als getarnter Prototyp im ersten Fahrbericht mit Video-Review.
Große Pläne für ein großes Auto. Der neue VW ID.7 wird, nach dem ID.4, das zweite Weltauto der elektrischen VW-Flotte. Ab Herbst 2023 wird die Mittelklasse im norddeutschen Emden für Europa und später auch Nordamerika gebaut. Leicht zeitversetzt beginnen die beiden chinesischen Joint-Venture-Partner SAIC und FAW mit der Produktion spezifischer ID.7-Varianten in und für den dortigen Markt.
Der VW ID.7 im Video
Vor der Weltpremiere steht die üppig dimensionierte Fließhecklimousine zu ersten Testfahrten bereit. Das 4.961 Millimeter lange, 1.862 Millimeter breite und 1.538 Millimeter hohe Auto versteckt sich noch unter bunter Folie, die einige Designdetails und Feinheiten wie Fugen verdeckt. Technisch entspricht der Prototyp aber weitestgehend dem künftigen Serienmodell.
Hinter der großen, elektrisch bedienbaren Heckklappe wartet ein üppiger Kofferraum, der durch eine umlegbare Lehne der Rücksitzbank erweitert werden kann. Die Sitze in der zweiten Reihe sind im Testwagen noch abgedeckt. Sehen darf man sie also nicht, wohl aber Platz nehmen. Trotz der Fließheckkarosserie hat auch der 1,92 Meter große Autors viel Raum für den Kopf, vor den Knien könnte man noch hindurchlaufen.
Licht am Slider
Die Kopffreiheit wird nicht, wie sonst oft üblich, durch eine arg flach montierte Bank erkauft. Im Fond des ID.7 sitzt man dank weniger stark angewinkelter Beine wesentlich bequemer als in anderen ID-Modellen der Marke. Ein positiver Effekt der hohen Karosserie und – wie beim Kofferraum - ein klarer Vorteil gegenüber dem Hyundai Ioniq 6 .
Ohne Tarnung präsentiert sich das Cockpit. Hier fällt vor allem das 15 Zoll große Infotainmentdisplay auf. Als erster VW bekommt der ID.7 beleuchtete Slider für Heizungstemperatur und Audiolautstärke, was die Bedienung nachts deutlich erleichtert.
Menüstruktur und Software sind neu. Alle Klimafunktionen bis hin zur Steuerung von Sitzheizung und -lüftung (erstmals auch mit Automatikfunktion dank Sensoren im Sitz) können über eine fix angeordnete Leiste am unteren Ende des Touchscreens erreicht werden.
Stolz sind die Entwickler auf eine smarte Lüftungsfunktion. Die Düsen werden automatisch gesteuert und können Luft auch ins Auto „wedeln“. Sie sollen jedweden Luftzug vermeiden. Eine Mission, die Ferdinand Piëch damals auch dem Phaeton mitgegeben hatte. Bei unserem Erstkontakt mit dem ID.7 bei 24 Grad in Spanien musste die Klimaautomatik noch keine Höchstleistungen erbringen, gefiel aber mit ihrer zurückhaltenden und dennoch wirksamen Art.
Zurück zum Display: Auch am oberen Rand gibt es fixierte Icons, beispielsweise für Fahrzeugeinstellung und Fahrmodi. Auch die Smartphone-Integration (Apple CarPlay und Android Auto, beides kabellos) kann man hier mit einem Klick ansteuern. Der Touchscreen reagiert schnell auf Fingerdruckbefehle, man kommt flüssig durch die Menüs. Updates holt sich der ID.7 aus dem Internet. Als erstes Auto überhaupt soll er nach den neuesten Cybersicherheits-Vorgaben der UN (UNECE) zertifiziert sein. Das schützt nicht nur die Daten von Halter und Fahrer, sondern sorgt auch für eine Car-to-X-Kommunikation von Auto mit Umfeld ohne ungewollte Einflüsse.
Heckmotor mit 210 kW
Die hohe Mittelkonsole bietet Becherhalter und eine große Smartphone-Ablage mit induktiver Ladeschale unter soliden Abdeckungen. Schon im Vorserienstand wirkt das ganze Interieur sehr gut verarbeitet. Unterschäumte Materialien sorgen dafür, dass der ID.7 auch im Vergleich zum jüngsten Facelift des ID.3 deutlich hochwertiger wirkt.
Das optionale Harman/Kardon-Soundsystem hat frei, bei der ersten Testfahrt wollen wir uns voll und ganz auf das Auto konzentrieren. Wie gewohnt reicht nach dem Einstieg mit Schlüssel ein Tritt auf das Bremspedal, um den Elektroantrieb zu starten. Trotzdem gibt es auch im ID.7 weiterhin einen Startknopf an der Lenksäule.
Auf dem bequemen Fahrersitz ist schnell eine optimale Position gefunden. Beim Tritt auf das Fahrpedal beginnt der maximal 210 kW (286 PS) starke Heckmotor seine Arbeit. Das kleine Display hinter dem Lenkrad weit auf eine Reichweite von 485 Kilometern bei einem Ladezustand von 82 Prozent hin, was rein rechnerisch eine Reichweite von 591 Kilometern ergibt. Genaue Angaben zum Verbrauch, der Speicherkapazität des Akkus stehen noch aus, eine Reichweite von 700 Kilometern wird angestrebt.
Das aufpreispflichtige DCC-Fahrwerk bietet 15 Stufen von komfortabel-weich bis straff. Aber auch im Sport-Modus rumpelt der ID.7 nicht ungelenk über Querfugen und Kanten im Asphalt, bietet auch hier noch viel Komfort. Wie so oft ist eine Einstellung zwischen „Comfort“ und „Normal“ für mich die beste Wahl. Sanft gleitet der große VW damit über kurvige Bergstraßen, ohne zu wanken. Die neu abgestimmte Progressivlenkung ist hier in ihrem Element.
Komfortables Reiserlebnis
Bei schwerem Fuß auf dem rechten Pedal geht es mit dem ID.7 zügig voran, der oft zitierte Tritt in den Rücken, ausgelöst vom Drehmoment eines Elektromotors, bleibt aber aus. Gut so, das passt nicht zum komfortablen Gesamteindruck des Autos.
Geräusche von Fahrwerk, Reifen oder Wind sind nicht zu vernehmen, wohl aber das recht laute Surren der Sitzlüftung. Hier sollten die Ingenieure nochmal Hand anlegen. Ob die Anzeige des Bordcomputers schon final kalibriert wurde, wissen wir nicht. Sie zeigt einen Durchschnittsverbrauch von 13,4 kWh pro 100 Kilometer an. Trotz vieler Gefällestrecken, bei denen die Rekuperationsstufe über den Getriebestummel hinter dem Lenkrad zum Einsatz gerufen wird, erscheint dieser Wert arg niedrig.
Zu den Preisen für den ID.7 kann man den VW-Leuten bei der Fahrveranstaltung noch keine Information entlocken. Wenn man sich den aktuellen Einstiegspreis des ID.5 von 47.395 Euro (Stand April 2023) vor Augen führt, darf man beim großen Bruder ID.7 gewiss mit einem Basistarif von 54.000 Euro rechnen. Möglicherweise bringen die Vertriebsstrategen zum Hochlauf der Produktion auch zuerst eine „First Edition“ mit serienmäßigen Optionen zum höheren Preis auf den Markt und schieben später ein Basismodell nach.
Fazit
Hut ab? Das muss beim Einstieg in den VW ID.7 nicht sein, da er schon beim ersten Kontakt auch mit einem enormen Platzangebot in alle Richtungen punktet. Dazu kommen ein hochwertig ausgeschlagener Innenraum und eine deutlich flüssigere Bedienstruktur des Infotainment-Systems. Der 210 kW starke Elektromotor im Heck ist ausreichend kräftig, zumindest mit Progressivlenkung und DCC-Fahrwerk zeigt sich der ID.7 als komfortables Reiseauto.
Er ist deutlich teurer und größer als das Tesla Model 3 oder Nio ET5. Zu seinen Konkurrenten zählen neben dem Hyundai Ioniq 6 auch der größere (und teurere) Nio ET7. Wir sind schon jetzt nicht nur auf Testfahrten mit dem späteren Serienmodell des ID.7, sondern auch auf den Vergleich zu seinen Mitbewerbern gespannt.
Technische Daten
VW ID.7 Pro / vorläufige Daten |
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Antrieb | Heckantrieb |
Getriebe | Eingang-Reduktionsgetriebe |
Elektromotor: Maximale Leistung kW | 210 kW (286 PS) |
Länge / Breite / Höhe | 4.961 / 1.862 / 1.538 mm |