Der VW Polo bekommt ein Facelift und mehr Technik-Extras. Fahrbericht mit Video-Review.
Ich muss etwas gestehen. Vor dem weißen Blatt Papier (okay, es war der blinkende Cursor-Strich auf dem leeren Word-Dokument) mit dem Plan, diesen Text zu schreiben, kamen Ideen wie „Mini Golf“ zutage – und wurden ebenso schnell wieder verworfen. Zu abgedroschen soll es nicht werden, auch wenn wir uns einem klassischen Thema widmen: Dem Kleinwagen.
Der Polo im Video
Seit Mitte der 1970er Jahre ist der VW Polo ein fester Bestandteil dieser Klasse. Wie alle Autos wuchs auch er über die Jahrzehnte. Seit 2017 wird die aktuelle, sechste Modellgeneration gebaut. Sie gibt es nur noch als Fünftürer, der sich mit einer Länge von knapp über vier Metern und einem Radstand von 2,56 Metern über das Format des Golf IV (1997 – 2003) streckt. Gar nicht mal so „mini“ also.
Vier Jahre nach dem Marktstart legte der VW Polo turnusgemäß einen Boxenstopp zur Auffrischung ein. Die Designer modellierten neue Stoßfänger an Front und Heck, dazu einen neuen Grill. Die geänderten Scheinwerfer sind jetzt in allen Modellversionen serienmäßig mit LED-Technologie ausgestattet. Erstmals zieht (für die Ausstattungslinien Style und R-Line) das „IQ. Light“ genannte Matrix-LED-Licht in den zweitkleinsten VW ein.
Neues Blech am Heck
Deutlich als vorne erkennt man das Polo-Facelift am Heck. Die Rückleuchten sind jetzt geteilt, ragen mit einem Lidstrich in die Heckklappe hinein. Das am Testwagen aufgesprühte „Vibrant Violet“ ist eine von vier neuen Farben im Programm, dazu gibt es neue Felgendesigns.
Ebenso vertraut wirkt der Polo nach dem Einsteigen. Das bekannte Cockpitlayout wurde, je nach Ausstattung, mit neuen Dekoren aktualisiert. Die digitalen Instrumente sind fortan serienmäßig. Neben einer Grundversion gibt es das „Digital Cockpit Pro“ mit erweiterten Anzeigefunktionen.
Beim Thema „neues Multifunktionslenkrad“ zucken manche VW-Fahrer zusammen. Entwarnung beim Polo Style: Das Volant trägt weiterhin physische Knöpfe und keine starrsinnigen Touch-Flächen. Ohne die kommt der Kleinwagen aber leider nicht beim Bedienelement für die Klimaautomatik aus. Hier darf die Temperatur jetzt geslidet werden, zur Aktivierung der zweistufigen Sitzheizung muss man das betreffende Feld genau erwischen.
Beim Infotainmentsystem hat man die Knopflosigkeit in der Hand, wenn man sich seinen Neuwagen konfiguriert. Das Topsystem Discover Pro hat einen 9,2 Zoll großen Bildschirm und eine virtuelle Tastenleiste an der linken Seite. Discover Media mit einem acht Zoll großen Touchscreen lässt Platz für Drehregler. Mit App Connect ist auch hier die Integration von Smartphones serienmäßig, eine werksseitige Routenführung lässt sich über 630 Euro hinzubuchen.
Ein VW der alten Schule
Die Materialanmutung liegt auf gewohntem Polo-Niveau. Was mittlerweile auch bedeutet, dass er bei manchen Verkleidungen den Golf übertrumpft. Im größeren Bruder wird mehr harter Kunststoff verlegt. Die Sitze sind bequem und groß genug, um auch auf langen Strecken für Komfort zu sorgen. Im Fond geht es, verglichen mit vielen Kleinwagen-Konkurrenten, überdurchschnittlich geräumig zu. Gleiches Thema im Kofferraum: 351 Liter misst er bei aufgestellter Lehne der Rücksitzbank – das ist beinahe Kompaktklasseniveau. Der Golf bietet hier mit 380 überschaubare 30 Liter mehr.
Vor dem langen Wählhebel des 7-Gang-DSG (noch ohne Shift-by-Wire-Knubbel) sitzt der Startknopf. Im Falle des Testwagens erweckt er den 81 kW / 110 PS starken 1.0 TSI-Dreizylinder zum Leben. Diesseits des VW Polo GTI ist er die Topmotorisierung, es gibt auch einen 95-PS-TSI, einen Sauger mit 80 PS und einen auf CNG-Betrieb ausgelegten 1.0 TGI mit 90 PS.
Das Doppelkupplungsgetriebe ist beim stärksten Dreizylinder serienmäßig. Die Schaltbox harmoniert gut mit dem anständig gedämmten Benziner. Das Auto wirkt ausreichend agil und erwachsen. Ein früher oftmals kritisiertes Ruckeln beim Anfahren wurde der Steuerelektronik erfolgreich ausgetrieben.
Elektrifizierte Antriebe sieht der Volkswagen-Konzern für den Baukasten MQB A0, auf dem neben dem Polo beispielsweise auch Seat Ibiza und der neue Skoda Fabia aufbauen, nicht vor. Außer einer Segelfunktion, die den Motor im Schubbetrieb auf Leerlaufdrehzahl beruhigt, und einer herkömmlichen Start-Stopp-Automatik ist also keine Spritspartechnik eingebaut.
Sieben Liter Super je 100 Kilometer genehmigte sich der VW Polo 1.0 TSI während der Testfahrten. Das ist kein Glanzwert. Mildhybridisierte Konkurrenten wie der Hyundai i10 1.0 T-GDI mit 120 PS sind knapp einen Liter sparsamer.
Wertig, aber teuer
Nicht nur der Polo schluckt also, sondern auch der Kunde an der Kasse. Denn günstig wird der Wolfsburger, der übrigens in Spanien gebaut wird, auch nach der Überarbeitung nicht. Als Basismodell für Preislistenkosmetik wurde der Polo Fresh kreiert, den es ab 15.995 Euro gibt. Das reguläre Modellprogramm beginnt bei 17.115 Euro. Ausstattung und Motorenoptionen lassen die Zahlen steigen. Der Polo Style mit 110 PS startet bei 25.820 Euro. Dann hat er auch Sitzheizung, die erwähnten Matrix-LED und andere Extras an Bord. Aber mehr geht immer.
Empfehlenswert ist das erstmals im Polo erhältliche Assistenzsystem Travel Assist, dass es als Option zu einem Paket für insgesamt knapp 1.000 Euro Mehrpreis gibt. Der Testwagen kostet damit und mit vielen weiteren Bestandteilen der Ausstattungsliste stolze 31.985 Euro. Nicht nur das Format ist also über einstige Golf-Größenordnungen hinausgewachsen.
Fazit
Der VW Polo bekommt ein klassisches Facelift. Optische Retuschen und neue Materialien im Innenraum aktualisieren das Design. Die Bedienung gewinnt mit der optionalen Klimaautomatik nicht unbedingt.
Der Dreizylinder-Benziner mit 110 PS ist im Alltag mehr als ausreichend. Für viele Kunden dürfte auch die Version mit 95 PS reichen, die um 1.305 Euro günstiger angeboten wird. Teuer genug ist der Polo auch so. Leider passt der Verzicht auf elektrifizierte Antriebe nicht zum erwachsenen Charakter des Kleinwagens. Ob der Polo also ein VW der alten Schule oder neudeutsch "oldschool" ist, entscheiden am Ende die Kunden.
Technische Daten
VW Polo Style 1.0 TSI |
|
---|---|
Hubraum | 999 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 3 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 81 kW / 110 PS |
Max. Drehmoment | 200 Nm bei 2.000 - 3.000 U/min |
Getriebe | 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe |
Beschleuningung 0-100 km/h | 10,4 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 195 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 5,8 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 7,0 Liter |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Michelin Primacy 3 215/45 R17 |
Leergewicht | 1.207 kg |
Anhängelast (gebremst) | 1.100 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.074 / 1.751 / 1.451 mm |
Grundpreis | 25.820 Euro |
Testwagenpreis | 31.985 Euro |