Zeekr 001 Neuer Premium-Player

Elektro-Oberklasse aus China: Der Zeekr 001 im Fahrbericht mit Video-Review.

Eine weitere Premiummarke für Elektroautos kommt aus China nach Europa. Zeekr will Menschen ansprechen, die sich beispielsweise auch für einen Nio interessieren. Oder einen Genesis aus Südkorea. Gegen ET7 (Nio) und Electrified G80 (Genesis) positioniert sich der Zeekr 001.

Der Zeekr 001 im Video

Im Jahr 2021 wurde Zeekr von Geely gegründet. Zum international gestreuten Markenportfolio des Konzerns gehören auch Lotus, Lynk & Co., Polestar und Volvo. Göteborg, die Heimatstadt des schwedischen Autobauers, ist der Standort für das Entwicklungszentrum von Geely in Europa. Hier werden nicht nur Elemente für die Adaption von Modellen für Europa erdacht, sondern ein Großteil der Design- und Entwicklungsarbeit neuer Modelle der Marken Lynk & Co. und Zeekr erledigt.

Zum ersten Kennenlernen steht der Zeekr 001 in der schwedischen Küstenstadt bereit. Auch bei Wind und Regen tritt er stilsicher auf, obwohl er scheinbar mit allen Konventionen bricht. Schrägheck-Limousine? Kombi? Shooting Brake? SUV? Der 001 will nichts davon sein. Ein Wanderer zwischen den Welten also.

Loft auf Rädern

Was bedeutet das für Fahrer und Passagiere? In der 4,97 Meter langen Karosserie herrschen fürstliche Platzverhältnisse in beiden Reihen. Im Fond beklagen nur sehr große Menschen eine etwas zu stark angewinkelte Beinhaltung aufgrund des hohen Innenbodens. Der verhindert auch, dass man die Füße bequem unter den, nach unten gestellten, Vordersitz schieben kann. Die Kopffreiheit passt prima, Variation bietet die elektrisch verstellbare Lehnenneigung im Fond.

Das Interieur des Testwagens ist in einem maritimen Ambiente mit blau-weißer-Farbkombination ausgeschlagen. Eine cremefarbene Rücksitzbank, aber komplett blaue Vordersitze. Klingt irre? Wirkt in der Realität aber gediegen und lässt den geräumigen Fond nochmals luftiger wirken. Positiv fällt der Verzicht auf Klavierlackflächen aus. Die teils gemusterten Materialien in den Verkleidungen und auf der Mittelkonsole wirken hochwertig. Das gilt auch für die Verarbeitung.

Vorne sitzt man sehr bequem und kann sich im Topmodell mit dem Namen Privilege auch massieren lassen. Die integrierten Kopfstützen sind, zumindest für den 1,92 Meter großen Autor dieser Zeile, gerade so hoch genug.

Zentrales Interface für die Bedienung sämtlicher Fahrzeugfunktionen ist der 15,6 Zoll große Touchscreen in der Mittelkonsole. Die untere Icon-Leiste steht fest, hier lassen sich Klimafunktionen aufrufen und bestimmte Menüpunkte direkt aufrufen.

Die Menüstruktur ist im Großen und Ganzen logisch. Allein die Fülle der Einstellmöglichkeiten von Fahrmodi, Lademanagement und Fahrassistenten sogt aber dafür, dass das Auffinden einer bestimmten Funktion während der Fahrt länger dauern kann als sie sollte. Abhilfe schafft die Sprachsteuerung, die über einen Tastendruck auf dem Lenkrad und nicht über einen lustigen (?) Zuruf aktiviert wird. Im Vorserien-Testwagen funktionierte die Interaktion über ganz gesprochene Sätze („Change driving mode to Sport“, die Menüsprache des Autos war auf Englisch eingestellt) zuverlässig.

Hoher Federungskomfort

Zeekr 001 Test Fahrbericht Video Review

Die Fahrassistenz des noch nicht serienmäßigen Zeekr 001 war zu Teilen noch nicht aktiviert. Wie die Helferlein funktionieren, wird also ein späterer Test klären.Schon auf den ersten Kilometern in Schweden kann die Hardware überzeugen. Das Luftfahrwerk mit adaptiven Dämpfern schluckt auch Querfugen und kurze Wellen gekonnt weg, ohne dass man diesen Komfort mit einer nachschwingenden Karosserie erkaufen muss. Auch im Sport-Modus bleibt der 2,3-Tonner komfortabel.

Störend sind jedoch die relativ lauten Abrollgeräusche der Continental-Reifen. Ein Urteil über die Windgeräusche an der Karosserie kann nach dem stürmischen Testtag noch nicht abschließend gesprochen werden.

Zwei Motoren, 400 kW

Zeekr 001 Test Fahrbericht Video Review

Genug Leistung ist in jeder Fahrsituation vorhanden. Das Allradmodell mit zwei Elektromotoren stellt im Peak bis zu 400 kW (544 PS) und ein Drehmoment von 686 Newtonmetern bereit. In 3,8 Sekunden beschleunigt der so motorisierte Zeekr 001 aus dem Stand auf 100 km/h. Die Heckmotor-Version mit 200 kW (272 PS) schafft den Stammtisch-Spurt in 7,2 Sekunden). Bei 200 km/h wird dem Vortrieb elektronisch Einhalt geboten.

Im Fahrzeugboden steckt eine CATL-Batterie mit 100 kWh Speicherkapazität. Nach WLTP-Norm soll der Zeekr 001 mit zwei Motoren eine Reichweite von 580 Kilometern schaffen, 40 Kilometer weniger als die Basis. Nach Angaben des Bordcomputers haben wir während der Testfahren über Landstraßen und tempolimitierte Autobahnen einen Durchschnittsverbrauch von 24,0 kWh je 100 Kilometer erreicht. Rein rechnerisch wären das 416 Kilometern, auch wenn die Reichweitenanzeige im Cockpit beharrlich Werte von über 500 Kilometern vorgibt.

Strom wird am Schnelllader mit bis zu 200 kW Leistung gezogen. In 30 Minuten soll der Ladezustand des Akkus von 10 auf 80 Prozent anwachsen. Wechselstrom aus einer Wallbox oder öffentlichen Ladesäule fließt mit 22 kW (dreiphasig). Auch für realen Verbrauch, Reichweite und Ladeleistung gilt: Genaue Angaben muss ein ausführlicher Test des Zeekr 001 liefern.

Preis und Garantie

Zeekr 001 Test Fahrbericht Video Review

Preise für den deutschen Markt nennt Zeekr noch nicht. Blicken wir zur Einordnung zu unseren Nachbarn in den Niederlanden. Hier startet der Zeekr 001 mit Heckmotor bei 59.490 Euro. Damit liegt er in etwa auf dem mutmaßlichen Preisniveau des VW ID.7 mit 210 kW in einer vorkonfigurierten Version zum Marktstart.

Für 3.000 Euro mehr bekommt man den Allradler mit 22 statt 21 Zoll großen Felgen und doppelter Maximalleistung. Nochmals 5.000 Euro extra gehen für die Privilege-Ausstattung drauf. 67.490 Euro kostet der Chinese dann also, inklusive Luftfederung, Sitzlüftung und Massage für Fahrer und Beifahrer, Dreizonen-Klimaautomatik und einem Yamaha-Soundsystem mit 12 statt acht Lautsprechern.

Zeekr wird seine Autos in Europa mit einer Neuwagengarantie von fünf Jahren bis zu einer Laufleistung von 100.000 Kilometern vermarkten. Wer das jährliche (!) Wartungsintervall einhält, kann die Garantie auf bis zu zehn Jahre und 200.000 Kilometer verlängern. Die Akku-Garantie läuft über acht Jahre bis 200.000 Kilometer.

Vergleich mit Genesis und Nio

Zeekr 001 Test Fahrbericht Video Review

Ordnen wir dden Preis des 001 mal im Vergleich zu den eingangs erwähnten Elektro-Konkurrenten ein. Der Genesis Electrified G80 mit 272 kW (370 PS) und 87,2 kWh großem Akku kostet ab 72.200 Euro. Mit einigen Optionspaketen, welche die Ausstattung mit Head-up-Display, Massagesitzen und mehr zum Zeekr 001 Privilege aufschließen lassen, kostet der Koreaner in Deutschland 81.250 Euro, in den Niederlanden wird Genesis nicht vertrieben. Rund 14.000 Preisunterschied also, wobei der Preis des Zeekr noch einen höheren Mehrwertsteuersatz in den Niederlanden beinhaltet.

Der Nio ET7 kostet, wenn man den 100 kWh großen Akku kauft und nicht für 289 Euro im Monat mietet, stolze 90.900 Euro (69.900 Euro für das Auto, 21.000 Euro für den Akku). Auch das Preisduell mit dem Landsmann gewinnt der Zeekr 001 also für sich.

Vertrieb und Service

Zeekr 001 Test Fahrbericht Video Review

Ein großes Händlernetz wird es für Zeekr nicht geben. In großen Städten wie Amsterdam und Stockholm, später auch in München, Düsseldorf und Frankfurt, wird es Showrooms geben. Wo die Autos zur Inspektion und für Reparaturen hinkommen und welchen Umfang der mobile Service bieten kann, ist noch nicht bekannt. Auf Nachfrage macht Zeekr aber klar: Anders als Lynk & Co und Polestar werden bei dieser Geely-Marke nicht die Volvo-Händler zu Anlaufstellen. Einen Hol- und Bringservice, den Genesis anbietet, stellen die Zeekr-Planer nicht in Aussicht.

Fazit

Zeekr 001 Test Fahrbericht Video Review

Der Zeekr 001 pflegt einen extravaganten Auftritt, ohne bunter Paradiesvogel zu sein. Würde so ein moderner Saab aussehen, wenn es die Marke noch gäbe? Das kann helfen, „User Chooser“ im Segment großer Elektroautos anzusprechen, die offen für neue Marken sind. Der besondere Geschmack wird mit einem geräumigen Innenraum, hochwertiger Verarbeitung und – auf den ersten Blick – guter Konnektivität inklusive Apple CarPlay und Android Auto belohnt. Ob es die noch unbekannte Marke schafft, sich im Premium-Segment zu etablieren, muss sich zeigen. Der 001 legt dafür schonmal die richtigen Karten auf den Tisch.

Technische Daten

Zeekr 001 Privilege

Antrieb Allradantrieb
Getriebe Eingang-Reduktionsgetriebe
Systemleistung: kW / PS 400 kW (544 PS), 686 Nm
Batterie 100 kWh Lithium Ionen, Reichweite 580 km (WLTP)
Maximale Ladeleistung Gleichstrom (DC) 200 kW
Maximale Ladeleistung Wechselstrom (AC) 22 kW (drephasig)
Beschleuningung 0-100 km/h 3,8 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 200 km/h
Norm-Verbrauch kWh / 100 km 18,5 kWh
Reifenmarke und –format des Testwagens Continental Premium Contact 6 265/40 R22
Leergewicht 2.350 kg
Anhängelast (gebremst) 2.000 kg
Länge / Breite / Höhe 4.955 / 1.999 (inkl. Außenspiegel) / 1.548 mm
Grundpreis Basispreis Baureihe RWD mit 200 kW: 59.490 Euro / Privilege AWD 400 kW: 67.490 Euro (in den Niederlanden)
Testwagenpreis 67.490 Euro (in den Niederlanden)
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Andreas Hof, Bernd Conrad