Ora Cat Kompakter Elektro-Chinese

2022 startet die chinesische Elektroauto-Marke Ora in Deutschland. Erster Check mit Sitzprobe im Ora Cat, auch als Video!

Hand aufs Herz: Wer kennt Leonhard Euler? Der Schweizer Mathematiker lebte von 1707 bis 1783 und „machte wichtige und weitreichende Entdeckungen in vielen Zweigen der Mathematik, wie beispielsweise der Infinitesimalrechnung und der Graphentheorie“. Das weiß nicht der Autor dieser Zeilen, sondern Wikipedia.

Der Ora Cat im Video

Nach eben jenem Herren hat der chinesische Autokonzern Great Wall Motors seine junge Elektroauto- und Lifestylemarke Ora benannt. So in etwa zumindest. Vielleicht war auch nur eine Verbeugung vor der Vergangenheit nötig, um das Design des Ora Cat zu erklären. Die runden Lichter an der Front und die weit nach unten gezogene Haube erinnern leicht an den guten alten VW Käfer. Das farblich abgesetzte Dach und die C-Säule flüstern leise „Suzuki Swift“, das Heck mit der bauchigen Klappe „Nissan Leaf, erste Generation“.

Dennoch wirkt der Ora Cat nicht wie eine billige Farbkopie. Im Gegenteil: Seine Linienführung, die Retroelemente geschickt mit moderner Klarheit kombiniert, weiß zu gefallen. Auf Fotos sieht das Auto übrigens wesentlich kleiner aus, als es tatsächlich ist.

Start in der Kompaktklasse

4,24 Meter lang ist der Fünftürer, 1,83 Meter breit und 1,60 Meter hoch. Vor allem die Höhe wird vom Design gut kaschiert. Gleichzeitig ist es eine Wohltat, wenn eine neue Marke mal nicht mit einem SUV den Markt betritt.

Neben dem Premiumlabel Wey ist Ora die zweite Marke, mit der Great Wall Motors erst in Deutschland und dann in Europa durchstarten will. Die IAA Mobility, die bis 12. September 2021 in München stattfindet, dient den Chinesen als Bühne für die Premieren.

Ora wird ausschließlich Elektroautos anbieten. Den Ora Cat, der zum Marktstart in der ersten Jahreshälfte 2022 wohl noch einen anderen Modellnamen bekommen wird, treibt ein maximal 126 kW (171 PS) starker Elektromotor über die Vorderräder an. Sein maximales Drehmoment soll bei 250 Newtonmetern liegen.

Zwei Batteriegrößen, bis 400 km Reichweite

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Zwei Batteriegrößen werden zur Wahl stehen. Der Akku mit 49 kWh Speicherkapazität soll nach WLTP-Norm für eine Reichweite von 300 Kilometern sorgen. Optional schafft der Cat mit 63 kWh Strom an Bord bis zu 400 Kilometer Radius. Über den CCS-Anschluss soll am Schnelllader eine Ladeleistung von 80 kW möglich sein. Wechselstrom fließt mit maximal 11 kW an der Ladesäule oder der Wallbox.

In 8,5 Sekunden geht es aus dem Stand auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit wird bei 160 km/h begrenzt.

Matrix-LED-Licht ist Serie

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Drei Ausstattungslinien sind geplant. Schon die Basis bringt Matrix-LED-Scheinwerfer, ein 20,5 Zoll großes Display für fahrrelevante Daten und Infotainment sowie einen veganen Innenraum mit.

Mit leichtem Zeitversatz soll eine GT-Variante folgen. Sie bekommt keine Leistungssteigerung, aber ein dynamischeres Design mit speziellen Stoßfängern und einen zusätzlichen Fahrmodus für ein sportliches Fahrgefühl. Außerdem arbeitet Ora an einer geänderten Drehmomentabgabe. Aktuell ist geplant, das Fahrwerk um 10 oder 15 Millimeter tieferzulegen, sofern man dann den Akku im Fahrzeugboden noch ausreichend schützen kann.

Autonom nach Level 2

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Eine Vielzahl von Sensoren und Kameras, darunter 12 Ultraschallwellen-Sensoren, fünf Millmeterradarsensoren, vier Kameras für eine 360-Grad-Rundumsich und eine hochempfindliche Frontkamera sollen automatisiertes Fahren nach Level 2 ermöglichen. Das heißt: Auf der Autobahn oder im Pendlerverkehr hält der Ora Cat automatisch die Geschwindigkeit und den Abstand zum Vordermann sowie die Spur. Die Geschwindigkeitsregelung arbeitet bis zum Stillstand, auch das Anfahren bei zähfließendem Verkehr übernimmt das System.

All das konnten wir beim ersten Kontakt mit dem Ora Cat noch nicht ausprobieren. Noch stand das Auto abgeschirmt in einem geschlossenen Raum, bereit zur Sitzprobe.

Kleiner Kofferraum, viel Platz im Fond

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Starten wir ganz hinten: Der Kofferraum bietet nur Durchschnitt. Die genaue Literzahl nennt Ora noch nicht, sie dürfte mit etwa 280 Litern aber auf Kleinwagenniveau legen. Das Gepäck muss zudem über eine hohe Ladekante gewuchtet werden. Die Lehne der Rücksitzbank lässt sich bei mehr Ladebedarf geteilt nach vorne umlegen.

Das Staunen beginnt, wenn man dort Platz nimmt. Selbst als großer Mensch (1,92 Meter) freut man sich im Ora über verschwenderischen Beinraum, auch bei weit zurückgeschobenen Vordersitzen. Die Beine muss man aber stark anwinkeln, da der Batteriepack im Boden Platz braucht und die Bank somit recht flach montiert ist.

Veganer Innenraum

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Farbkomposition und Materialauswahl im Interieur gefallen schon auf den ersten Blick. Das tierfreie Material hat eine Glattleder- und Velourhaptik. Alles ist ordentlich zusammengesetzt.

Vorne nimmt man auf bequemen Sitzen Platz, der Fahrer kann sein Mobiliar elektrisch einstellen. Nur der kurze Fußraum wirkt störend. Das lässt sich auch nicht mit einem weiter nach hinten gestellten Sitz lösen, weil das Zweispeichenlenkrad nur höhenverstellbar ist.

Dahinter blickt man auf ein hochauflösendes Display, auf dem die fahrrelevanten Daten für Geschwindigkeit, Ladezustand der Batterie und Assistenzsysteme dargestellt werden. Auch die Drehzahl des Elektromotor bekommt man mitgeteilt. Über das zweite 10,25-Zoll-Display in der Mitte wird das Infotainmentsystem gesteuert. Noch ist ein chinesisches Navigationssystem im Vorserienauto montiert, zum Marktstart wird das geändert. Ein Smartphone lässt sich über Apple CarPlay oder Android Auto einbinden.

Alle Funktionen werden über den Touchscreen gesteuert, Drehregler oder Tasten gibt es nicht. Störend sind die recht kleinen Symbole auf der linken Seite des Displays, mit denen man beispielsweise von den Fahrzeugeinstellungen zum Audiosystem springen kann.

Kippschalter wie im Mini

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Unter den mit verchromten Kunststoffelementen verzierten Lüftungsdüsen gibt es physische Kippschalter für die Grundfunktionen der Klimaanlage (weitere Einstellungen erledigt man über den Touchscreen). Diese Bedienelemente erinnern stark an Mini. So fern liegt dieses Thema auch gar nicht. Die neue Generation des elektrischen Mini wird aktuell im Spotlight Automotive genannten Joint Venture von BMW und Great Wall entwickelt.

In der Verkleidung der linken A-Säule ist eine nach innen gerichtete Kamera für die Fahrer-Gesichtserkennung montiert. Das kennt man von anderen chinesischen Autos wie dem Aiways U5 . Im Ora Cat soll sie den Menschen identifizieren, der sich in der Marken-App sein Profil angelegt hat. Alle Fahrzeugeinstellungen werden dann automatisch angepasst.

Die Smartphone-Applikation soll die Ora-Kunden schon vor dem Kauf mit Informationen versorgen und helfen, Marke und Modelle in der digitalen Welt von heute zu verankern. Das wünschen sich zumindest die Statthalter der chinesischen Marke hier in Europa.

Ab Ende 2021 soll der Ora Cat – oder wie er dann auch heißen wird – online bestellbar sein. 2022 sollen auch Showrooms der Marke mit angeschlossener Werkstatt eröffnen, für die man vornehmlich mit Partnern in Innenstadtlagen zusammenarbeiten will. Beim Vertrieb geht der Konzern also kein Risiko ein, sondern setzt auf bewährte Methoden. Egal, ob man den Cat kauft, least, finanziert oder ein Abo-Modell nutzt.

Wieviel soll der Ora Cat kosten?

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Ein kompaktes Elektroauto mit hochwertiger Verarbeitung, modernem Infotainment und einer Vielzahl von Assistenzsystemen – der Ora Cat will und wird kein Billigprodukt sein. Die Basisvariante soll bei circa 30.000 Euro, vor Abzug der Umweltprämie, starten. Die genauen Ausstattungsumfänge und Tarife der Varianten müssen noch final kalkuliert werden.

Erstes Fazit

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Wir haben den Ora Cat ausgiebig von außen betrachtet, sind eingestiegen, haben alles ausprobiert und haben mit den Verantwortlichen der Marke in Deutschland gesprochen. Am Ende des Tages hinterlassen Konzept und Auto einen guten Eindruck. Das rundliche, in keinster Weise aggressive Design dürfte vor allem Damenherzen höherschlagen lassen. Platzangebot und Technik machen den Ora Cat aber auch für eine breite Zielgruppe interessant. Wir sind auf den ersten Fahreindruck gespannt!

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Text: Bernd Conrad
Bilder: Andreas Hof, Bernd Conrad