Auto-Tuning in Tokio 1.100 PS im Nissan GT-R

Auf den Spuren von Fast And Furious in Tokio unterwegs.

Einmal die Luft der Stars und des Glamours schnuppern. Ohne dafür zu einer Filmpremiere zu reisen und am roten Teppich zu stehen. Asphalt reicht. Und Stadtluft. Zumindest dann, wenn man gerade in der japanischen Hauptstadt Tokio ist. Während Romantiker in der Metropole gerne auf den Spuren von „Lost in Translation“ unterwegs sind, zieht es Autofans raus auf die Straße, zum Thema „Fast And Furious“.

Weil auch Gegensätze auf gewisse Art und Weise stilecht sind, rollen wir im Kei Car auf einen großen Parkplatz. Der nur 3,40 Meter kurze Nissan Dayz Roox ist ein idealer Begleiter in den engen Gassen Tokios, wirkt aber unter den Brücken sich kreuzender Schnellstraßen plötzlich artfremd.

Teure Sportwagen in Tokio

The Fast And The Furious Tokio Tuning Szene Top Secret Nissan GT-R

Es ist Mittwoch. Der eigene Reiseplan verwehrt leider einen Besuch dieses Ortes am Wochenende, wenn der Parkplatz mit Sportwagen und Tuningobjekten überfüllt sein soll. Aber auch jetzt finden sich ausreichend Fans automobiler Kulturgüter ein, damit man einen Streifzug wagen kann.

Geld spielt (k)eine Rolle. Das Preisniveau der Autos auf dem Parkplatz ist eher hoch bis sehr hoch. Lamborghini, Porsche und Co. sind anzutreffen. Und auch ein Abarth 124 Spider. Gerne würde man mit dem Besitzer ins Gespräch kommen, auch über den globalen Zickzack-Kurs seines Roadsters.

Mazda baut für FCA die 124 Spider-Modelle von Fiat und Abart in Hiroshima (leider nicht mehr für Europa ). Halb fertig kommt so ein 124er dann nach Italien, wo er zum Abarth veredelt wird. Das erklärte den saftigen Preisaufschlag. Dieser Abarth wurde dann also wieder nach Japan exportiert.

Außer ein paar Handzeichen, mit denen klar ist, dass man fotografieren darf, ist jedoch eine Konversation nicht möglich – nur wenige Japaner sprechen Englisch oder haben zumindest Lust darauf. So bleibt es beim Herumschleichen um Toyota Supra, Honda Beat und Porsche 911. Ein Mittzwanziger steht nach 30 Minuten, ohne dass er irgendetwas getan hätte, von einer Bank auf. Schlendert zu seinem grünen Lamborghini Gallardo und fährt – diskret und langsam – von Dannen.

Mit dem Kei Car zur Tuningschmiede

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Das motiviert. Wieder rein in den kastenförmigen Dayz Roox und weiter zum nächsten Ziel. Das ist „Top Secret“ und dabei aber gar nicht mal so geheim. Unter diesem Namen firmiert eine der bekanntesten Tuningschmieden Tokios.

Kazuhiko Nagata betreibt in einem Industrie- und Gewerbegebiet, umgeben von Fast-Food-Tempeln und Autohäusern, eine überraschend kompakte Werkstatt. 50 Autos pro Jahr motzen Nagata und sein Team pro Jahr auf, einige davon werden auch komplett neu aufgebaut. So kann es also vorkommen, dass ein Nissan Skyline GT-R der Baureihe R32 anstelle seines 280 PS starken 2,6-Liter-V6 den aufgeladenen 3,8-Liter-Motor der aktuellen Baureihe unter der Haube hat.

Nissan GT-R mit 1.100 PS

Der Beweis steht im unschuldigen Weiß vor der Halle, natürlich weiter angeschärft. Rund 700 PS vermutet Kazuhiko Nagata in dem Auto. Den aktuellen Nissan GT-R hat er auch haufenweise auf dem Hof und in der Werkstatt. Ein silbernes Exemplar parkt dort, mit 1.100 PS Leistung.

„Mit dem bin ich auf dem Fuji Speedway 330 km/h gefahren“, erzählt er freudig. Rauben wir ihm mit der Information, dass man es mit dem Serienmodell auf einer leeren deutschen Autobahn bei knapp 315 km/h fliegen lassen könnte (wenn man mag und kann!), nicht die gute Laune.
Tuningaufträge für den Nissan GT-R stellen den Großteil seines Geschäfts, erzählt der Firmeninhaber. Die Kunden kämen aus aller Welt zu ihm. Aber man hat auch ein Herz für andere Modelle. Davon zeugen ein Toyota Supra (A80) in der Halle ebenso wie ein altes Isuzu Coupé aus den 1970er Jahren.

Verstößt Nagata mit seinen Umbauten eigentlich gegen Zulassungsbestimmungen oder das Gesetz? Oder woher kommt sein Firmenname „Top Secret“? „Das ist ganz einfach“, erzählt der schmächtige Mann. „Ich war bei einem anderen Tuner angestellt und habe mir nach Feierabend und am Wochenende hiermit mein eigenes Business aufgebaut. Das durfte damals keiner wissen, deswegen Top Secret.“

Kein Geheimnis ist, dass die 64 PS des Nissan Dayz Roox sich auf dem Weg zurück ins Hotel plötzlich ganz langsam anfühlen. Trotz zähfließendem Verkehr und Tempolimits.

Im Video: Nissan GT-R Prestige Edition (ohne Tuning)

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Text: Bernd Conrad
Bilder: Oliver Franz (1), Bernd Conrad (18)
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