Probefahrt im Kei Car Nissan Dayz Roox. Eine Revierverteidigung in Tokio.
Bitte klicken Sie weiter, lesen Sie diesen Artikel nicht! Zumindest dann, wenn Sie vielleicht gerade in einer Zeitschrift oder auf einer Website nach den neuesten AMG- oder M-SUV gesucht haben, sich freuen, dass Ingenieure (oder war es das Marketing?) in eine 700 PS-Limousine nochmal 25 Pferdestärken mehr gequetscht haben und „Bigger Is Better“ sofort unterschreiben. Hier geht es um den Antipol des „typisch deutschen“ Automobilverständnisses. Die kommenden Zeilen beschäftigen sich mit einem Ausflug durch Tokio in einem Kei Car.
Was ist ein Kei Car?
Einem was? Die Zulassung eines Autos im eng bebauten und damit auf den Straßen chronisch verstopften Japan unterliegt schweren Regelungen. Wer keinen eigenen Stellplatz nachweisen kann und horrende Steuern umgehen will, kauft ein Kei Car, japanisch für „leichtes Automobil“. Darunter verstehen die Behörden eine maximale Länge von 3,40 Metern und eine Breite von 1,48 Metern. Der Motor darf höchstens 660 ccm (also 0,7 Liter) Hubraum haben und nicht stärker als 64 PS sein.
Diese Grenzen schöpfen die Autohersteller seit Jahre bestmöglich aus. Mit exakt den genannten Karosseriemaßen fahren boxartig gestaltete Autos durch die Straßen und engen Gassen der Städte, die – oh Wunder – 64 PS aus einem aufgeladenen 660ccm-Motörchen holen. Honda N-Box und Daihatsu-Modelle wie der Tanto gelten als Bestseller, weit oben in der Zulassungsstatistik parkt auch stets der Nissan Dayz. Höher hinaus geht es mit dessen Hochdachvariante, dem Nissan Dayz Roox. Er misst vom Boden bis zum Fuß der Stummelantenne auf dem Dach genau 1.775 Millimeter, 13,5 Zentimeter mehr als der Dayz ohne Namenszusatz. Auch so bleibt er das Gegenstück zum anderen Ende der Modellpalette, dort parkt der Supersportwagen Nissan GT-R .
Kastenwagen mit Fernseher
Als großgewachsener Europäer sitzt man natürlich eng am dünnen Türblech, lässt schnell die Gedanken an einen Seitenaufprall los und freut sich über die sehr breiten vorderen Sitze. Auf dem weichen Polster kann man es sich hinter dem rechts montierten Lenkrad durchaus bequem machen. Im Cockpit wirkt die Bedienung der Klimaautomatik mit Touch-Feldern hoch modern, das Navigationsgerät jedoch antiquiert. Egal, vom Mitteilungsbedürfnis der ständig plappernden Frauenstimme versteht man ohne Sprachkenntnisse eh nichts. Wichtiger für die Zielgruppe ist der eingebaute TV-Tuner für Kurzweil im Pendlerstau.
Denn Sinn und Zweck eines Autos wie dem Nissan Dayz Roox hat man dafür nach wenigen Kilometern im Kopf. Selbst in verwinkelten Gassen, in denen selbst scheinbare Kleinwagen wie der Nissan Note sperrig wirken, ist das Kei Car in seinem Revier. Senkrechte Seitenscheiben und das ebenso steile Heck sorgen für eine perfekte Rundumsicht. Der Fond kann im gut ausgestatteten Testwagen in der (Achtung!) Ausstattungsline „Highway Star“ über eine elektrisch betätigte Schiebetür auf der Beifahrerseite (links) geentert werden. Die Raumhöhe im Autochen ist mehr als üppig. Man fragt sich nur, ob Kunden der Hochdachversion wirklich ständig Topfpflanzen stehend transportieren. Also irgendwie doch „Bigger Is Better“?
Mit 64 PS auf die Autobahn?
Das stufenlose CVT-Getriebe harmoniert im Stadtverkehr, der in der Hauptstadt Tokio überraschend flüssig läuft, gut mit dem aufgeladenen Dreizylinder-Benziner. Auf den strikt tempolimitierten Autobahnen, auf denen maximal 100 km/h gefahren werden darf, zerrt der Motor dann aber lautstark am hohen Kastenwagen.
Klar, jetzt wird er artfremd behandelt, der Nissan Dayz Roox. Also wechseln wir lieber wieder in den Entspannungsmodus, fließen entspannt in der nicht enden wollenden Autoschlange mit. Hektik und Drängelei kennt der Japaner im Auto nicht. Auch ein Grund dafür, dass sich selbst Verkehrssituationen im entspannten 40 km/h-Fluss auflösen, die in München, Köln oder Hamburg für eine halbe Stunde Stopp-And-Go sorgen würden.
Fazit zum Nissan Dayz Roox
Der Ausflug im Kei Car sorgt für neue Blickwinkel. Autos wie der Nissan Dayz Roox sind die richtige Antwort auf den Verkehr in Japan. Auch wenn die Miniautos durch staatliche Regelungen gepusht werden, erkennt man schnell die Vorteile. Das Auto als dritter Raum im Stau ist wichtiger als ein nach außen getragenes Statussymbol.
Auf der Tokyo Motor Show hat Nissan mit der Studie IMk eine elektrische Zukunft für den Dayz Roox gezeigt. Eine perfekte Kombination, da die Reichweite trotz kleiner Batterien zwischen den Achsen für die meisten Kunden ausreichen wird und mit dem E-Antrieb auch noch eine Portion Längsdynamik in den Kasten einziehen dürfte.
Und hier in Europa? Nein, wir sind noch nicht so weit…
Der Antipol im Video: Nissan GT-R
Technische Daten
Nissan Days Roox Highway Star |
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Hubraum | 659 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 3 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 47 kW / 64 PS |
Max. Drehmoment | 98 Nm |
Getriebe | stufenlose Automatik |
Leergewicht | circa 1.000 kg |
Länge / Breite / Höhe | 3.395 / 1.475 / 1.775 mm |