2019 zeigt VW nicht nur den ersten ID., sondern bringt auch Wallboxen auf den Markt.
Die Gläserne Manufaktur im Herzens Dresdens ist ein Sinnbild für den Wandel bei VW. Von 2002 bis 2016 lief hier der schiefgegangene Oberklasseversuch namens Phaeton vom Band, einer der letzten steht mit den Unterschriften der Mitarbeiter als Denkmal in der Produktion. Hier wird seit April 2017 der elektrische e-Golf endmontiert.
Alle Teile kommen per LKW oder Tram aus anderen VW-Werken, für ein Presswerk wäre auch kein Platz in der Innenstadt. Außerdem überrascht die Ruhe in der sauberen Produktionsstätte. Der Kreislauf beginnt mit den fertig lackierten Rohkarossen. Denen werden die Türen ausgehängt, damit die Arbeiter besser ins Autos kommen.
Jeder Arbeitstakt dauert 12 Minuten. 72 e-Golf entstehen so pro Tag, in Dresden werden zwei Schichten gefahren. Die meisten Autos gehen nach Norwegen, aber auch für andere europäische Märkte wird der e-Golf in Dresden montiert. Die Autos für Nordamerika und alle Rechtslenker baut VW in Wolfsburg.
Ein Schicksal teilt der e-Golf mit dem Phaeton. Auch er ist ein Auslaufmodell. Wenn im Jahr 2019 die Elektroauto-Offensive des Konzerns startet, bekommt er mit dem Anlauf des Golf VIII keinen Nachfolger.
Die neue Elektrofamilie steht auf dem extra für den Batteriebetrieb konzipierten MEB (Modularer Elektroantriebs-Baukasten) und heißt ID. Ja, nicht mehr „I.D.“ sondern „ID.“ Mit Punkt dahinter. Als erstes Modell rollt ein Auto in der Größe des VW Golf an.
2019 soll, nahezu zeitgleich mit dem neuen VW Golf VIII der erste ID., der die äußeren Abmessungen eines Kompaktwagens mit dem Platzangebot einer Mittelklasselimousine kombiniert, vorgestellt werden. Die ersten Vorverkäufe könnten schon im kommenden Jahr starten, 2020 ist dann der Markteintritt vorgesehen. Nur fünf Jahre später will VW schon eine Million Elektroautos bauen.
Dafür ist in Dresden allein natürlich kein Platz. Das VW-Werk in Zwickau wird zum reinen Elektro-Standort mit einer Kapazität von 1.500 Autos pro Tag umgebaut. Hier sollen alle VW ID.-Modelle und auch das erste Auto von Seat auf MEB-Basis gebaut werden. Der zweite Elektro-Skoda wird in Tschechien gebaut.
Der zweite? Ja. Davor kommt der e-Citigo. Er basiert, wie ein ebenfalls geplanter e-Mii, auf dem VW e-Up, der auch nach dem Anlauf des ID. Als günstige Alternative mit überarbeiteter Technik weiter angeboten werden soll.
Den ID. wird es mit verschiedenen Batteriegrößen von 48 bis 80 kWh für theoretische Reichweiten von 330 bis 550 Kilometer geben. Neben den Lithium-Ionen-Akkus, für die VW die Zellen zukauft, forscht der Konzern auch an der Festkörperbatterie, deren Einsatz für 2030 anstehen könnte. Mit dem Start der ID.-Familie will VW auch eine eigene Wallbox anbieten. Die könnte zur Volks-Wallbox werden.
Das Einsteigermodell mit 11 kW Ladeleistung und Wechselstrom soll für 300 Euro angeboten werden. Damit dauert es zwar viele Stunden, bis die Batterie des Autos wieder geladen ist, aber das sollte für die meisten Nutzerprofile ausreichen.
VW geht davon aus, dass die Hälfte aller E-Auto-Nachladungen zuhause stattfinden und 20 Prozent am Arbeitsplatz. 30 Prozent sind also Nachladungen unterwegs, entweder an einer öffentlichen Ladesäule oder am Schnelllader auf einem Autobahnrasthof.
Neben der Basis-Wallbox wird VW das gleiche Modell mit mehr Connectivity für die automatische Abrechnung und inklusive einem Servicevertrag für ca. 550 – 600 Euro anbieten. Darüber hinaus gibt es eine Wallbox mit 22 kW Ladeleistung und Gleichstrom für schnelles Laden. Deren Preis ist noch nicht kalkuliert und dürfte vor allem Firmenflottenbetreiber interessieren. 2.000 Euro scheinen realistisch. Bei allen drei Wallboxen kommt zum Kaufpreis die Installation dazu. Das soll durch Elektriker vor Ort geschehen, einen Servicepartner dafür einzubinden, plant VW leider nicht.
Auch beim Kauf des Autos wird sich der Kunde entscheiden müssen. Mit der kleinsten Batterie wird er nicht die maximale Ladeleistung von bis zu 125 kW bekommen, wohl aber mit den größeren Akkupacks. Die können dann auch bidirektional arbeiten, als Strom auch wieder ins Netz einspeisen.
Die Technik für den MEB und die Peripherie steht also bereit, die Autos und das Fahrerlebnis mit ihnen stehen noch aus. Lange dürfte es nicht mehr dauern. Bis dann auch die Lichter in der Gläsernen Manufaktur für den e-Golf ausgehen.
In Dresden soll dann ein Kundenerlebniszentrum für Elektromobilität des Volkswagen-Konzerns entstehen. Das ist aber nicht alles. Laut einem Interview mit Thomas Ulbrich, Volkswagens Vorstand für Elektromobilität, in der Sächsischen Zeitung (11.09.2018) soll die Gläserne Manufaktur ein zweiter Standort für die MEB-Endmontage in Deutschland werden. Vielleicht stellen sie ja dann einen e-Golf, ebenfalls mit den Autogrammen der Mitarbeiter verziert, neben den Phaeton. Denn auch er gilt gewissermaßen als Wegbereiter.