Erste Fahrt in einem Vorserienexemplar des elektrischen Audi Q4 e-tron.
Erwachsene Männer bekommen leuchtende Augen. Sie bleiben stehen oder legen ihre Arbeit nieder. Gucken interessiert und fragen nach Details. Eine Szene, die sich beliebig wiederholen lässt, wenn man mit einer Drohne bei Filmarbeiten beschäftigt ist. Die kleinen Fluggeräte, für die man diesseits der Filmerei ja eigentlich keine Verwendung hat, sind das neue Tech-Lieblingsspielzeug. Damit haben sie wohl endgültig die eigene Modelleisenbahn abgelöst.
Der Q4 e-tron im Video
Warum das jetzt hier so ein Thema ist? Das liegt am neuen Head-up-Display mit Augmented Reality, das Audi mit dem neuen Q4 e-tron einführen wird. Das kompakte SUV mit Elektroantrieb basiert als erstes Modell mit vier Ringen im Logo auf dem MEB (Modularer Elektro-Baukasten) und wird gemeinsam mit den VW-Brüdern ID.3 und ID.4 in Zwickau gebaut.
Noch vor der offiziellen Enthüllung des neuen Audi Q4 e-tron konnte ich in einem folierten Vorserienexemplar erste Probefahrten unternehmen. Welche Antriebskonfiguration uns hier antreibt, wird noch nicht verraten. Es soll (und darf) auch noch gar nicht um den Antritt sowie den Fahrkomfort gehen, der Fokus beim ersten Kennenlernen liegt auf dem Interieur.
Neues Head-up-Display
Und dazu gehört auch, nach Verkaufsfreigabe freilich als aufpreispflichtige Option, auch das neue Head-up-Display. Als Eskalationsstufe zu bisher bekannten Systemen spiegelt es nicht nur fahrrelevante Informationen direkt auf die Windschutzscheibe, sondern nutzt auch Augmented Reality.
Eine Statusleiste am unteren Rad hält Informationen der Verkehrszeichenerkennung, der aktuell gefahrenen Geschwindigkeit, der Fahrassistenten und Navigationshinweise bereit. Darüber werden weitere Informationen einblendet. Audi spricht davon, dass der virtuelle Bildschirm aus der Fahrerperspektive eine Diagonale von 70 Zoll aufweist. Sehr viele Flachbildfernseher in heimischen Wohnzimmern sind deutlich kleiner.
Hinter den Anzeigen, die gefühlt circa zehn Meter vor dem Auto schweben, steckt ein hoher technischer Aufwand. Die Umrechnung von durch Sensoren und Kameras erfassten Informationen im zentralen Steuerelement und die Übersetzung dieser Informationen in eine bildliche Anzeige dauert einige Sekundenbruchteile. Damit der Fahrer dennoch Angaben in Echtzeit bekommt, denkt die Software dieses kleine bisschen voraus.
Die adaptive Geschwindigkeitsregelanlage stellt den Abstand zum vorausfahrenden Auto grafisch direkt am anderen Fahrzeug dar. Und jetzt kommt auch die Drohne ins Spiel. So bezeichnen die Entwickler einen fliegenden Pfeil, der als digitale Vorhut vor dem Q4 e-tron eine Kreuzung erreicht. Mit pulsierenden Bewegungen in die entsprechende Richtung zeigt der Pfeil an, in welche Straße man abbiegen soll. Falschfahren an Kreuzungen mit vielen Abzweigungen kann so vermieden werden.
Funktioniert das auch bei Sonnenlicht?
Auf den ersten Testfahrten mit dem Vorserienexemplar des Audi Q4 e-tron fuktionierte der Einsatz der Navigations-Drohne zuverlässig. Bei starker Sonneneinstrahlung ist sie mit der hellblauen Farbe aber manchmal nicht sofort zu erkennen. Vielleicht schaffen es die Softwareingenieure ja bis zum Verkaufsstart, die Grafik noch mit mehr Kontrast anzureichern.
Auch die Ankunft am Ziel einer Fahrt wird mit dem AR-Head-up-Display leichter. Anstelle der Ansage „Das Ziel liegt links“ wird das Ende der Route mit einer Zielflagge auf der Straße angezeigt. Genau dort, wo sich die Zieladresse befindet.
Fahrerorientiertes Cockpit
Nicht nur das Head-up-Display ist größer geworden. Auch im Cockpit zieht Audi ein größeres Display ein. Optional wird es anstelle des serienmäßigen 10-Zoll-Bidschirms in der Mittelkonsole auch einen 11,6 Zoll großen Touchscreen geben.
Unabhängig von der Größe ist der zum Fahrer geneigt, was die Bedienbarkeit erleichtert. Die Menüstruktur ist von anderen aktuellen Modellen wie dem Audi e-tron GT bekannt. Das gilt auch für die Klimaautomatik. Sie hat ein separates Bedienteil mit physischen Tasten und klar verständlichen Displays. Temperatureinstellungen oder die Aktivierung der Sitzheizung lassen sich während der Fahrt intuitiv und ohne große Ablenkung vornehmen. Dieser kleine Schritt zurück ist eine weise Entscheidung.
Die digitalen Instrumente sind stets auf einem 10,25 Zoll großen Display untergebracht. Neben der Grundversion gibt es eine Option, bei auch die Navigationskarte direkt vor dem Fahrer angezeigt werden kann. Erst die dritte Ausbaustufe erlaubt dann eine Konfiguration mit drei verschiedenen Layoutwelten in „classic“, „sport“ und „e-tron“, bei letzterer mit Fokus auf Informationen zu Antrieb und Stromeffizienz.
Das Vierspeichenlenkrad hat kapazitive Felder anstelle von physischen Tasten für die Bedienung. Das Feld für die Sprachsteuerung kann man bedienen, oder dem Auto nach dem Zuruf „Hey, Audi“ seine Wünsche auch mit der eigenen Stimme nennen. Das funktionierte bei den ersten Tests, zum Beispiel mit der Eingabe einer Zieladresse, flüssig und ohne Rückfragen.
Rekuperation auch mit Wippen
Je nach Ausstattung ist das Lenkrad nicht nur unten, sondern wie im Fall des Testwagens aus oben abgeflacht. Audi spricht dabei vom „futuristischen Innenraum-Ambiente“. Dann sind auch Schaltwippen am Lenkrad angebracht, mit der sich die Rekuperation mehrfach regeln lässt. In der Grundausstattung kann man den Dominostein für die Getriebesteuerung von „D“ auf „B“ stellen, um eine feste Stufe der Energierückgewinnung zu aktivieren.
Neu gedachte Flaschenhalter
Ohne mechanisches Getriebe konnte die teils freischwebende Mittelkonsole luftig und mit vielen Ablagen gestaltet werden. Auch in den Türen wurde praktisch gedacht. Die Ausbuchtungen für Flaschen sind nicht mehr ganz unten in den Türtaschen, sondern am vorderen Ende der Armauflagen. Damit lässt sich der Durst ohne große Verrenkungen stillen. Bis zu 1,5 Liter große Gefäße sollen hier Platz finden.
Ein gutes Stichwort, auch für die Passagieren. Vorne und hinten sitzt man auch als großer Mensch bequem mit viel Luft in alle Richtungen. Ein Vorteil des raumsparenden Elektroantriebs, der aber auch einen relativ hohen Innenboden wegen der Akkupakete mit sich bringt. Die Bezüge von Sitzen sind auf Wunsch mit einem Mikrofasermaterial zu haben, das zu 45 Prozent aus recyceltem Polyester besteht. Die genaue Ausstattungs- und Optionsliste wird aber erst zum Marktstart bekanntgegeben. Auch die Preise des Audi Q4 e-tron bleiben noch unter Verschluss.
Fazit
Die erste Fahrt im Q4 e-tron zeigt bereits, wie ernst Audi den Aufschlag mit dem kompakten Elektro-SUV nehmen wird. Der konzernweit eingesetzte MEB dient als Basis für ein adrett gestaltetes Modell, das außen mit 4,59 Metern Länge kompakt auftritt und innen oberklassige Platzverhältnisse bietet. Der Kofferraum soll bei aufgestellter Lehne der Fondbank 520 Liter fassen.
Das AR-Head-up-Display ist eine nette Tech-Option. Aber auch ohne diese Ausstattung dürfte man im Audi Q4 e-tron glücklich werden. Das zum Fahrer in geneigte Infotainment-Display, die gut funktionierende Sprachsteuerung und die Klimabedienung sorgen für eine Mensch-Maschine-Interaktion ohne große Hürden. Da muss man nur Daumen dafür drücken, das die Software zum Marktstart stabil laufen wird.