Der neue Citroën C5 X Hybrid im Fahrbericht mit Video-Review.
Es liegt wohl in der Natur des Menschen, sich die Zeiten einzuordnen. Die Vergangenheit wird meist verklärt, in der Gegenwart nimmt man eine Art Erwartungshaltung ein und alle Hoffnung steckt in der Zukunft.
Davon können auch Fans und Kunden der Marke Citroën ein Lied singen. Man trauert den guten alten Zeiten nach, in denen große Limousinen hydropneumatisch über den Asphalt schwebten. Man ist mit dem aktuellen Modellprogramm unzufrieden und hofft auf neue Modelle mit dem Geist des Besonderen in den kommenden Jahren.
Der C5 X Hybrid im Video
Doch dann spürt man endlich, wie der träge Körper wachgerüttelt wird. Denn die Zeiten des Andersseins sind bei der Marke mit dem Doppelwinkel längst wieder da. Trotz der engen Verzahnung im Geflecht des Stellantis-Konzerns schaffen es Designer und Strategen, Ausrufezeichen zu setzen. Der aktuelle Citroën C4 versucht nicht erneut, ein Standard-Kompakter zu sein. Quer über alle Modelle traut man sich, beispielsweise mit den Advanced-Comfort-Sitzen, auch wieder die unbedingte Hingabe zu Komfort. Seitenhalt, Kurvendynamik? Nicht wichtig.
Doch es fehlte ein neuer großer Citroën für Kunden, denen ein kompaktes SUV (C5 Aircross) nicht feudal genug war. Bis jetzt. Fünf Jahre nach dem Aus des letzten C5 (übrigens der letzte Citroën mit hydropneumatischer Federung) ist der Doppelwinkel zurück in der Mittelklasse.
Es muss nicht immer SUV sein
Die Zeit wurde sinnvoll genutzt, um sich Gedanken über Form und Konzept zu machen. Wie können die Ansprüche unterschiedlicher Kundengruppen in Europa und Asien mit einem Auto erfüllt werden? Voilà: Die Zukunft ist da, denn das Warten auf ein neues Topmodell ist vorbei. Der neue Citroën C5 X ist eine große Fließhecklimousine mit leicht erhöhter Bodenfreiheit. Damit wirkt das Auto aber nicht zu pseudo-rustikal wie manche Allroad-/Allterrain-/Alltrack-Modelle.
Schon die Modellbezeichnung verrät: Mit dem neuen C5 X holt die Marke ihre Tradition in die Gegenwart. Das „X“ war früher zentraler Bestandteil aller Modellkürzel, der aktuelle Name erinnert nicht von ungefähr an den CX. Warum die Franzosen nicht das Kürzel C6 verwenden, auch um ihr neues Flaggschiff vom C5 Aircross abzuheben? Dazu musst man wissen: Wie der DS 9 wird der große Citroën in China gebaut und auch dort verkauft. Einen C6 gibt es dort bereits in Form einer für den lokalen Markt entwickelten Stufenhecklimousine.
So, das mit der Vergangenheit wäre geklärt. Die Zukunft ist in der Gegenwart angekommen, der neue C5 X steht erstmals zur Testfahrt bereit. Neben zwei Benzinern mit 131 (Fahrbericht folgt) und 180 PS soll der Neuling vor allem als Plug-in Hybrid neue Freunde finden. In Deutschland erwartet die Vertriebsorganisation einen Verkaufsanteil von über 50 Prozent für den C5 X mit Stecker.
Die Antriebstechnik ist ebenso bekannt wie die EMP2 genannte Plattform. Ein 1,6 Liter großer Vierzylinder-Benziner mit 132 kW / 180 PS und ein maximal 81 kW (110 PS) starker Elektromotor kümmern sich um den Vortrieb. Die Systemleistung des Hybrid liegt bei 165 kW / 225 PS, das Drehmoment gipfelt bei 360 Newtonmetern.
40 Kilometer elektrisch
Eine 12,4 kWh große Lithium-Ionen-Batterie soll nach Norm für 59 bis 60 Kilometer elektrische Reichweite sorgen. Auf unseren Probefahrten konnten immerhin 40 Kilometer realisiert werden.
Im Elektro- oder Hybridmodus beginnt die Fahrt im C5 X mit der völlig ausreichenden Kraft des Elektromotors, der im Gehäuse der Achtgang-Automatik steckt. Je nach Füllstand des Akkus oder Leistungsabruf über das Gaspedal schaltet sich der Verbrenner dazu. Dabei ist leider ein leichtes Rucken zu spüren. Akustisch hält sich der Benziner aber zurück, ebenso wie Windgeräusche. Im höchsten Ausstattungsniveau Shine Pack spendiert Citroën seinem neuen Modell eine Akustikverglasung. Das sorgt für komfortable Ruhe im Innenraum. Schade ist aber, dass Kieselsteinchen und Wasser in den eher mau gedämmten Radhäusern zu hören sind.
Hoher Sitzkomfort für alle
Fahrer und Beifahrer lümmeln auf großen, dick gepolsterten Sitzen mit ausreichender Verstellmöglichkeit. Der Seitenhalt ist etwas besser als beim Mobiliar der kleineren Modelle. Sehr einladend ist auch der Fond. Obwohl der Radstand des Citroën C5 mit 2,79 Metern elf Zentimeter geringer ausfällt als der des DS 9, sitzt man hier deutlich besser. Auch der 1,92 Meter große Autor hat im Doppelwinkel-Modell mehr ausreichenden Knieraum, die Füße passen gut unter den Vordersitz. Größter Vorteil des C5 X: Die Fahrzeughöhe von 1,49 Metern und das gerade verlaufende Dach. Denn vor dem Fließheck konnte die Sitzbank höher montiert werden. Man sitzt entspannt ohne zu stark angewinkelte Beine, trotzdem gibt es viel Kopffreiheit.
Die Materialauswahl im Innenraum ist ansprechend. Unterschäumte Kunststoffe und Dekore bilden eine schöne Einheit, dazu kommen viele Details wie der Doppelwinkel an den Drehrädern im Cockpit und als Kontrastnaht in den Ledersitzen.
Platz und Ruhe sorgen also für Heimeligkeit. Dazu kommt das Fahrwerk. Auch hier findet die Marke mit dem C5 X zu alter Größe zurück. Eine aufwendige Hydropneumatik gibt es freilich nicht mehr, wohl aber das „Advanced Comfort“-Fahrwerk mit hydraulischen Anschlägen. Bei den Hybridmodellen ist zudem eine aktive Steuerung mit adaptiven Dämpfern serienmäßig.
So geht Komfort
Eine Kamera, die den Untergrund scannt und die Dämpfercharakteristik einstellt gibt es nicht, dieses System bleibt der Premiummarke DS vorbehalten. Im C5 X gibt es unterschiedliche Kennlinien der Dämpfer, je nach eingestelltem Fahrmodus.
Wir scheuchen den großen Citroën über Bergstraßen, wohlweißlich nicht das perfekte Terrain für eine 1,9 Tonnen schwere Komfortlimousine. Aber siehe da: Auch hier gefällt die Abstimmung. Bodenwellen werden sanft glattgebügelt, dabei schwingt die Karosserie kaum nach. Sogar Kurven nimmt der C5 X mit Kompetenz, die Seitenneigung hält sich in Grenzen. Man wähnt sich fast auf einem fliegenden Teppich. Nur harte Querfugen, beispielsweise die Dehnfugen von Brücken, verarbeitet das Fahrwerk arg trocken.
Schon nach den ersten Kilometern ist klar: Der Citroën C5 X darf als neuer Komfortkönig in der Mittelklasse gelten. Diesem Anspruch folgt auch die Bedienstruktur, trotz großem Touchscreen. Ein Display mit zwölf Zoll Diagonale steht auf der Mittelkonsole (im Basismodell Feel Pack zehn Zoll). Es zeigt die Inhalte einer neuen, erstmals bei Citroën verwendeten Software an.
Die Bedienung über einen konfigurierbaren Home-Bildschirm und ein Hauptmenü in Kacheloptik ist logisch, manchmal reagiert das System aber leicht verzögert auf Berührungen. Abhilfe schafft die Sprachsteuerung, die auf den Zuruf „Hello, Citroën“ reagiert und dann auch recht fix zur Stelle ist. Dass Zielorte in Spanien nicht auf Anhieb gefunden wurden, mag wohl an der Aussprache des deutschen Testers liegen.
Hinter dem Multifunktionslenkrad blickt man auf ein recht kleines Display für das digitale Kombiinstrument. Außerdem gibt es in den beiden höheren Ausstattungsniveaus ein großes Head-up-Display, das seine Informationen direkt auf die Windschutzscheibe spiegelt. Das hat der C5 X auch dem DS 9 voraus.
Gutes Bedienkonzept
Besser gelöst ist hier im Vergleich zum Premium-Plattformbruder auch die Bedienung der Fahrassistenten. Der unübersichtliche Knubbel hinter dem Lenkrad ist Vergangenheit, klare Knöpfe und ein Kippschalter sind direkt im Lenkrad zu finden.
Auf tempolimitierte Autobahnen rund um Barcelona macht die adaptive Geschwindigkeitsregelanlage einen guten Job. Tempolimits, die von den Verkehrszeichen erkannt werden, schlägt das System im Head-up-Display vor, per Tastendruck kann der Fahrer die Geschwindigkeit übernehmen.
Was verbraucht der Hybrid?
Am Ende der Testfahrten, bei denen wir auf den ersten 40 Kilometern zuerst den Akku fast leergefahren haben und dann im Hybrid-Modus unterwegs waren, zeigt der Bordcomputer einen Durchschnittsverbrauch von 5,9 Litern je 100 Kilometern an. Ein guter Wert, der im hektischeren deutschen Verkehr aber wohl leicht ansteigen dürfte.
Auch hier gilt: Der Plug-in Hybrid spielt seine Vorteile vor allem dann aus, wenn man zuhause und / oder am Arbeitsplatz stets laden kann und die täglichen Pendelstrecken nicht allzu lang sind. Schade, denn das komfortable Wesen des C5 X ist für das entspannte Kilometersammeln prädestiniert. Noch vor einigen Jahren wäre ein 180 PS starker Diesel die Idealbesetzung hinter den LED-Scheinwerfern gewesen. Ach so, wir wollen ja nicht mehr verklärt in die Vergangenheit blicken…
Das kostet der Citroën C5 X
Die Preisliste für den neuen großen Citroën beginnt mit dem Basisbenziner PureTech 130 bei 35.730. Damit liegt er rund 1.500 Euro unter dem kompakteren Peugeot 508. Der Hybrid kostet in der Ausstattungslinie Feel Pack ab 44.980 Euro. Nach aktueller Regelung werden nach Abzug der Umweltprämie (7.177,50 Euro für Plug-in Hybride) 37.802,50 Euro daraus. Mögliche Rabatte für den Benziner mal nicht erwogen, ist der Hybrid also nur 2.072,50 Euro teurer als der Dreizylinder, bietet neben dem Aktivfahrwerk auch noch eine leicht bessere Ausstattung.
Einen noch schwereren Stand in Deutschland dürfte der 180 PS starke Benziner haben, der nach Abzug der Förderung beim Plug-in Hybriden sogar fast 700 Euro teurer ist.
Was fehlt dem Auto?
Der neue Citroën C5 X heimst viel Lob ein. Der Autor dieser Zeilen lässt sich sogar zu der Aussage hinreißen, dass er als Gegenpol der ewigen SUV-Schwemme eine der interessantesten Neuerscheinungen des Jahres 2022 ist.
Die Kritik am Auto betrifft vor allem fehlende Ausstattungsdetails. Deren Abwesenheit dürfte vor allem der Konzernpolitik geschuldet sein, im Rahmen derer Citroën als günstigere Marke unterhalb von Peugeot und DS positioniert wird. Leider verweigern die Strategen dem C5 X neben einer Sitzheizung im Fond auch adaptive Matrix-LED-Scheinwerfer. Man muss mit einem enfachen Fernlichtassistenten und statischem Abbiegelicht Vorlieb nehmen. Im Gegenzug könnte man auf die Schienen im 485 Liter großen Kofferraum verzichten. Sie erleichtern zwar das Einladen, vor allem Koffer rutschen während der Fahrt aber ständig herum.
Fazit
Citroën meldet sich mit dem C5 X eindrucksvoll im Segment der großen, komfortablen Reiseautos zurück. Der in China gebaute Franzose gefällt mit seinem tollen Fahrwerk, großzügigem Raumangebot und einem individuellen Design. Wie viele Fahrer des mittlerweile eingestellten BMW 3er GT wohl zur Probefahrt anrücken werden?
Trotz verhältnismäßig fairer Preise dürfte der Citroën C5 X bei uns ein Nischenmodell bleiben. Auch damit folgt der der Tradition seiner Vorfahren. Der besondere Geschmack muss aber nicht mit einer langen Liste an Nachteilen erkauft werden. Spannend wird, wie sich das Advanced-Comfort-Fahrwerk ohne aktive Regelung im Benziner schlägt.
Technische Daten
Citroën C5 X Hybrid Shine Pack |
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Antrieb | Frontantrieb |
Hubraum | 1.598 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 132 kW / 180 PS bei 6.000 U/min |
Max. Drehmoment | 250 Nm bei 1.750 U/min |
Getriebe | Achtgang-Automatik |
Elektromotor: Maximale Leistung kW | 81 kW (110 PS) |
Elektromotor vorn: Maximales Drehmoment | 320 Nm |
Systemleistung: kW / PS | 165 kW / 225 PS , 360 Nm |
Batterie | 12,4 kWh Lithium-Ionen |
Maximale Ladeleistung Gleichstrom (DC) | 3,7 kW (Serie) / 7,4 kW (optional) |
Tankinhalt | 40 Liter |
Beschleuningung 0-100 km/h | 7,9 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit elektrisch | 135 km/h |
Höchstgeschwindigkeit | 233 km/h |
Norm-Verbrauch kWh / 100 km | 15,9 - 16,0 kWh, elek. Reichweite 59 - 60 km |
Norm-Verbrauch auf 100km | 1,3 - 1,4 kWh |
Verbrauch real auf 100km | 6,5 Liter (lt. Bordcomputer im Hybrid-Modus) |
Leergewicht | 1.856 kg |
Anhängelast (gebremst) | 1.350 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.805 / 1.865 / 1.485 mm |
Grundpreis | 49.980 Euro |