Dacia Jogger Dauertest Viel Platz, wenig Durst

Was der Dacia Jogger Hybrid 140 als Siebensitzer kann oder nicht, zeigte er im AUTONOTIZEN-Dauertest.

Günstige Familienautos werden rar. Diesseits der SUV und Premium-Vans muss man, sofern nicht der Arbeitgeber die Leasingrate oder das Erbe der Großeltern den Kaufpreis bezahlt, schon genau suchen. Und dürfte dann beim Dacia Jogger landen.

Anfang 2022 kam die neue Baureihe der rumänischen Budget-Tochter von Renault auf den Markt und löste die beiden Van Dokker und Lodgy ab. Auf der konzernweit eingesetzten Kleinwagen-Basis CMF-B streckt sich der legitime Nachfolger des ähnlich gestrickten Logan MCV auf eine Länge von 4,55 Metern. Mit einer Höhe von beinahe 1,70 Metern, den steilen Seitenwänden sowie der ebenfalls senkrechten Heckklappe steht der Dacia Jogger aus optisch zu seinem Format.

Das Test-Fazit im Video

Das Cockpit ist aus dem kleineren Dacia Sandero bekannt. Eine Stoffbahn zieht sich quer über den Armaturenträger, da lockert diesen optisch auf. Beim Benziner und der Eco-G-Variante mit Autogastank blickt man hinter dem Lenkrad auf analoge Rundinstrumente. Der elektrifizierte Jogger Hybrid übernimmt, neben dem Antriebsstrang, auch die Digitalanzeigen vom Spender Renault Clio / Captur.

Wie von der Marke gewöhnt, zeigen sich die Kunststoffe im Innenraum rustikal und zweckmäßig. Der Vorteil: Schmutz lässt schnell entfernen. Auch die grauen Stoffbezüge der Sitze mit Kunstleder-Umrandung wirken haltbar und robust. Im Testwagen rund 16.000 Kilometern auf der Uhr zeigen sich aber bereits ein paar Abnutzungserscheinungen in Form von Kratzern.

Fahrer- und Beifahrersitz wirken, auch aufgrund ihrer flach positionierten Auflagefläche, etwas durchgesessen. Diese Eigenschaft bringen aktuelle Dacia-Modelle aber bereits am Werk mit, wie viele Testfahrten mit Jogger, Sandero und Duster bewiesen (der neue Dacia Duster bekommt andere, bequemere Sitze).

Zwei Klassen im Fond

Im Fond des Duster sitzen bis zu drei Passagiere leicht erhöht und genießen eine gute Aussicht. Das hohe Dach schränkt die Kopffreiheit nicht ein. Überraschend ist jedoch der knappe Knieraum, trotz eines üppigen Radstands von 2,90 Metern. Größere Kinder (Jugendliche) dürften hier auf langen Strecken öfter nach Pausen bitten. Die Klapptische an den Rückseiten der Vordersitzlehnen lassen sich zudem kaum nutzen, die die Knie der Passagiere im Weg sind. Mehr Wert legten die Entwickler wohl auf den Raum hinter der Fondsitzbank. Der Fünfsitzer nimmt, bis zur Unterkante der Gepäckraumabdeckung, immerhin 607 Liter Ladung auf. Hobbyspediteure freuen sich in Zweisitzer-Konfiguration auf über 1.800 Liter Volumen.

Optional lässt sich der Dacia Jogger mit zwei Einzelsitzen hinten konfigurieren, wird damit zum Siebensitzer. Die beiden Plätze bieten nicht nur Kindern brauchbare Platzverhältnisse – als Shuttle zum Sportverein mit Freunden oder zur Geburtstagsfeier dürfte ein voll bestuhlter Dacia Jogger sicherlich oft eingesetzt werden. Interessant: Hier hinten sitzt man als großer Mensch bequemer als in der zweiten Reihe. Leider fehlen für die maximale Großfamilien-Tauglichkeit Isofix-Verankerungen in der dritten Reihe.

Selbstredend bleibt bei voller Bestuhlung nur ein kleiner nutzbarer Kofferraum von 160 Litern übrig. Bei Nichtgebrauch lassen sich die beiden Sitze an die Rückseite der Fondsitzbank klappen oder auch ganz ausbauen – dann hat man einen 595 Liter großen Kofferraum zur Verfügung. Wie die Kofferraumabdeckung müssen die Sessel, die nicht zu schwer sind, dann zuhause in der Garage oder im Kellerabteil bleiben.

Dacia wird Extreme

Dacia Jogger Hybrid 140 Extreme Dauertest Test Video

Um die Qualitäten des Dacia Jogger im Alltag auf Herz und Nieren zu prüfen, war der Hochdachkombi im zweimonatigen AUTONOTIZEN-Langzeittest unterwegs. Dabei kann sicherlich nicht die Erfahrung eines ganze Autolebens nachgestellt werden, aber man sammelt deutlich mehr Eindrücke als beim üblichen 14-Tage-Testwageneinsatz. Der hier gezeigte Jogger trägt die höchste Ausstattungslinie Extreme, wenngleich nicht in aktueller Kollektion. Seit Zulassung des Fahrzeugs wurden Dekore und Designs leicht geändert. Dies verfälscht das geplante Testergebnis aber keineswegs. Zudem dürften Gebrauchtwageninteressenten bei den Händlern auf Jogger Extreme im "alten" Design treffen.

Hybrid mit drei Motoren

Dacia Jogger Hybrid 140 Extreme Dauertest Test Video

Im Familien-Alltag ist ein Automatikgetriebe stets willkommen. Dafür muss man beim Jogger zum Topmodel greifen, dem Hybrid 140. Sein Antriebsstrang gesteht aus einem 1,6 Liter großen Vierzylinder-Benziner mit 69 kW / 94 PS. Außerdem sind zwei Elektromotoren mit von der Partie. Ein kleiner Startergenerator bringt 15 kW (20 PS) und ist für die Zusammenarbeit des Benziners mit dem 36 kW (49 PS) starken „großen“ Elektromotor zuständig. Die Systemleistung des Hybrid liegt bei 104 kW / 141 PS.

Um die Übersetzungen kümmert sich ein Multi-Mode-Getriebe mit Automatik-Funktion. Zwei Zahnradpaarungen stehen für das elektrische Fahren parat, vier weitere für den Benziner-Betrieb. Aufgrund verschiedener Kombinationen stehen insgesamt 15 Übersetzungsverhältnisse zur Verfügung.

Einfach fahren

Dacia Jogger Hybrid 140 Extreme Dauertest Test Video

Das klingt alles wesentlich komplizierter, als es sich anfühlt. Mit ausreichend Elektronen im 0,55 kWh kleinen Akku stromert der Dacia Jogger Hybrid los und kann ein paar hundert Meter lokal emissionsfrei zurücklegen. Mit sanftem Gasfuß wird er dabei bis zu 70 km/h schnell. Meist schaltet sich vorher der Benziner ins Spiel. Teilweise macht der mit brummigen Geräuschen auf sich aufmerksam. In den preislich höher positionierten Modellen der Konzernmutter Renault ist das identische Aggregat in mehr Dämmmaterial verpackt. Vor allem auf der Autobahn kann die Geräuschkulisse nach einiger Zeit stressen.

Im Video: Dacia Jogger Hybrid Fahrbericht

Unterwegs verhält sich der Dacia Jogger angenehm hybridisch. Im Schubbetrieb legt sich der Verbrennungsmotor zum Nickerchen hin, das fördert die Effizienz. Im Test, der teils unter winterlichen Bedingungen stattfand, pendelte sich der Benzinverbrauch bei 6,0 Litern ein. Wenn es wärmer wird, dürfte man Werte um 5,5 Liter erreichen.

In der kalten Jahreszeit freut man sich über die optionale Sitzheizung, die im Jogger Extreme faire 250 Euro Aufpreis kostet. Die Tasten sind unterhalb des leicht trüben „Media Nav“-Displays gut erreichbar. Gut so, denn man muss öfter drücken. In der höheren von zwei Stufen grillt dich der Stuhl recht schnell, die niedrigere Einstellung ist kaum spürbar.

Klever ist die Multimedia-Ausstattung bei Dacia. Im Basismodell einer Baureihe nutzt man das eigene Smartphone mit einer App. Darüber rangieren „Media Display“ mit Apple CarPlay und Android Auto, die Topausstattung „Media Nav“ bringt zwei zusätzliche Lautsprecher und ein werksseitig eingebautes Navigationssystem. Trotz des Upgrades erfüllt die Musikanlage nur ihren Zweck, weniger die Bedfürnisse von Klangliebhabern.

Eigentlich sollte man dazu raten, die Routenführungs-App auf dem Smartphone zu nutzen. Zumindest im Testwagen reißt die Verbindung von Apple CarPlay aber regelmäßig ab. Auch der mehrfache Wechsel der Kabel und die Nutzung eines anderen iPhones brachte noch keine Besserung. Kein Einzelfall, wie Rückmeldungen von Lesern und Zuschauern bei YouTube zeigen.

Das kostet der Dacia Jogger

Dacia Jogger Hybrid 140 Extreme Dauertest Test Video

Auch die Budget-Marke Dacia erhöht regelmäßig die Preise. Ein 7.000-Euro-Auto ist auch der Sandero schon lange nicht mehr, er kostet (Stand März 2024) mindestens 11.300 Euro. Der Einstieg in den Jogger gelingt mit dem Basismodell Essential als TCe 100 Eco-G bei 16.900 Euro (Fünfsitzer). Der Jogger Hybrid 140 ist nur in den höheren Ausstattungslinien Expression und Extreme zu haben, kostet dann 24.100 bzw. 25.100 Euro – als Siebensitzer jeweils 1.000 Euro mehr.

Das Upgrade vom Expression zum Extreme macht Sinn, auch wenn man schwarze Felgen und eine spezielle Traktionskontrolle für leichte Feldweg-Ausflüge nicht braucht. Das Topmodell bietet eine Einzonen-Klimaautomatik und praktische Details für den Alltag. Die Haifisch-Antenne auf dem Dach muss nicht beim Besuch einer Waschanlage abgeschraubt werden, Gummifußmatten sind bei jedem Wetter pflegeleichter als Teppich. Außerdem sind abwischbare „Micro Cloud“-Sitzbezüge und eine Rückfahrkamera an Bord. Deren Bild ist zwar bei Dunkelheit und Regen oder Schnee nur schlecht ablesbar – aber trotzdem besser als ein reines Audio-Erlebnis mit den Parksensoren.

Fazit

Dacia Jogger Hybrid 140 Extreme Dauertest Test Video

Im Rahmen des Langzeittests mit typischem Pendlerverkehr (Überland, Ortsdurchfahrten, Autobahn mit Tempolimit) zeigt der Dacia Jogger Hybrid, dass sein aufwendiger Antrieb für verhältnismäßig niedrige Verbrauchswerte von sechs Litern je 100 Kilometer sorgt. Dennoch muss man daür, im Vergleich zum 110-PS-Benziner mit manuellem Getriebe, einen zu hohen Aufpreis von 5.000 Euro berappen.

Die Karosserieform bringt eine gute Rundumsicht mit, der große Kofferraum ist ein Nimmersatt. 26.100 Euro für den siebensitzigen Jogger Extreme sind viel Geld für einen Dacia. Im Vergleich zu anderen Familienautos ähnlichen Formats gilt er aber immer noch als Schnäppchen. Gleichwohl muss man beobachten, wie schnell und oft Dacia die Preise anzieht und dabei die Nische des unbestrittenen Budget-Angebots verlässt. Zumindest dann, wenn man die Vertriebsstrategie ohne Rabatte mit den Hauspreisen bei Händlern anderer Marken vergleicht.

Technische Daten

Dacia Jogger Hybrid 140 Siebensitzer

Antrieb Frontantrieb
Hubraum 1.598 ccm
Anzahl und Bauform Zylinder 4 in Reihe
Maximale Leistung kW / PS 69 kW / 94 PS
Max. Drehmoment 148 Nm bei 3.200 U/min
Getriebe Multimode-Getriebe
Elektromotor: Maximale Leistung kW 36 kW (49 PS) + 15 kW (20 PS)
Elektromotor: Maximales Drehmoment 205 Nm
Systemleistung: kW / PS 104 kW / 141 PS
Batterie 0,55 kWh (brutto 1,2 kWh)
Beschleuningung 0-100 km/h 10,0 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 167 km/h
Norm-Verbrauch auf 100km 4,8 Liter
Verbrauch real auf 100km 6,0 Liter
Reifenmarke und –format des Testwagens Continental Winter Contact TS870 205/60 R16
Leergewicht 1.432 - 1.460 kg
Anhängelast (gebremst) 750 kg, Stützlast 75 kg
Länge / Breite / Höhe 4.547 / 1.784 / 1.674 mm
Grundpreis 25.100 Euro (Expression) | 26.100 Euro (Extreme)
Testwagenpreis 27.700 Euro (nach aktueller Preisliste)
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Andreas Hof, Bernd Conrad