Optisch ähnelt der neue Ford Fiesta dem Vorgänger. Was steckt in ihm?
Die ganze Welt spricht von SUV und Crossover-Fahrzeugen, also machen die aktuellen Player im Kleinwagensegment einfach mit. Still und heimlich zwar, aber wenn man es ganz genau nimmt, crossovern sich Seat Ibiza, VW Polo und Ford Fiesta auch durch die Segmente.
Sie reißen die Viermeter-Marke und empfehlen sich damit immer öfter als Erstauto ehemaliger Kompaktklassekunden. Der neu entwickelte Ford Fiesta wächst (übrigens analog zum Widersacher aus Wolfsburg) um gut sieben Zentimeter und misst künftig 4,04 Meter. Schön: beim eifrigen in-die-Breite-gehen hält sich der Fiesta zurück, 1,3 Zentimeter misst er von links nach rechts mehr als der Vorgänger.
In der Tat fühlt man sich im Fiesta-Innenraum wohler als bisher, das auch schon ohne Blick auf die Maßtabelle. Denn auch im Kölner Kleinwagen (nennen wir ihn weiter so) ist das Zeitalter der Knopfwüste vorbei. Ähnlich wie beim Übergang vom Tastenhandy zum Smartphone präsentiert sich der Fiesta des Jahrgangs 2017 ganz berührungsfreudig.
Das in der maximalen Ausbaustufe acht Zoll große Display sitzt auf dem Cockpit, das damit flacher bauen kann. Der schicke Monitor ist Teil des 900 Euro teuren „Cool & Sound Paket IV, das zudem Navi, Klimaautomatik und ein 675 W starkes B&O Soundsystem beinhaltet. Und SYNC3, das sprachgesteuerte Connectivity-System, auf das Ford mächtig stolz ist. Und das den Autor dieser Zeilen zumindest nach der ersten Begegnung verwirrt. Denn die angepriesene einfache Eingabe von Navigationszielen oder die Suche nach einer Tankstelle hat nicht funktioniert, das System hielt sich mit dem Vorsprechen einer ewigen Liste möglicher Befehle auf und hat nicht auf die angebotene „Zurück“-Funktion reagiert. Ein mutmaßlicher Einzelfall, aber bei einem Erfahrungsbericht eben erwähnenswert.
Für gute Unterhaltung sorgt dafür die Hardware des Ford Fiesta. Wie von der Marke und speziell von der Baureihe gewohnt überzeugt der Fiesta mit einem agilen Fahrverhalten und einer direkten, aber nicht zu nervösen Lenkung. Dazu kommt ein beachtlicher Federungskomfort. Auch auf Landstraßen zweiten oder dritten Grades mit allerlei Teerflicken hat sich der Fiesta scheinbar ein Bügeleisen vor den Frontstoßfänger geschnallt.
Sehr erwachsen gibt sich der Fiesta also auch hier. Da sorgt der sympatisch-knurrige Klang des kalten Dreizylinder-Benziners für die nötige Portion Jugendlichkeit.
Zur Probefahrt stand der 1.0 EcoBoost mit 125 PS zur Verfügung. Er stellt für den Fiesta Titanium die stärkste Benziner-Option dar, später folgt für den ST-Line (lieferbar ab Herbst 2017) eine 140 PS starke Ausbaustufe. Sein maximales Drehmoment von 170 Nm versammelt das Turbomotörchen zwischen 1.400 und 4.500 Umdrehungen. Das leistungslose Tal unter dieser magischen Marke bügelt der Fiesta weniger gut weg wie Straßenschäden, vor allem im hohen Gang des Sechsgang-Schaltgetriebes bei Ortsgeschwindigkeit wirkt der Antrieb müde. Soll am Ortsausgang ein bisschen Dynamik in die Bude zu kommen, muss zurückgeschaltet werden.
Der auch gefahrene Diesel 1.5 TDCi mit vier Zylindern und 120 PS wirkt hier lebhafter, obwohl seine 270 Nm maximales Drehmoment erst ab 1.750 U/min anstehen. Der Selbstzünder verbraucht laut Bordcomputer-Anzeigen (5,4 Liter beim Diesel, 6,5 Liter beim Benziner) aber nicht so viel weniger, dass sich der Mehrpreis von 1.400 Euro für den Privatkunden schnell bezahlt macht. Zudem kommt der Diesel im Fiesta zwar natürlich mit Abgasnorm Euro 6, aber ohne SCR-Katalysator.
Somit rechnet sich der Fiesta 1.5 TDCi nur für Vielfahrer – die dann aber oft größere Autos bevorzugen. Alle anderen finden sicherlich den Fiesta, der zu ihnen passt. Los geht’s beim 70 PS starken Basismodell Trend für 12.950 Euro. Das sind schlanke 450 Euro mehr als für den Vorgänger mit 60 PS und vier statt jetzt drei Zylindern. Überschaubar, zumal der neue Fiesta den gut funktionierenden Fahrspurassistenten mitbringt. Allerdings fährt im der kommende VW Polo in die Preisparade. Der kostet zwar 25 Euro mehr, bringt aber von Haus aus zwei Fondtüren mit, die im Fiesta 800 Euro mehr verlangen. Selbstbewusst streckt sich der Fiesta auch mit dem ausgeweiteten Lieferprogramm nach oben. Über dem bisher schon erfolgreichen Titanium-Modell rangiert auch bei ihm künftig ein edler Vignale. Er kommt zusammen mit dem Fiesta ST-Line im Herbst zum Händler.
Der neue Ford Fiesta wird seinen Weg gehen und sicherlich auch in Zukunft eines der europaweit bestverkauften Autos bleiben. Gerade deswegen hat man das Design auch nur behutsam weiterentwickelt. Während Front und Profil nur marginal geändert wurden, müssen weniger eingefleischte Ford-Beobachter zum aufs Heck schauen, wo sich die neue Generation mit breiten Rückleuchten zu erkennen gibt. Somit ruht der Ford Fiesta beim Design schön in sich. Und eckt damit nirgends an, nicht nur wegen der runden Karosserie. Und wer jetzt immer noch einen Crossover will: der kommt Anfang 2018 in Form des Active auch im Fiesta-Kleid.
Grundpreis Ford Fiesta Titanium 1.0 EcoBoost, 125 PS, 5-Türer: 20.200 Euro
Grundpreis Ford Fiesta Titanium 1.5 TDCi, 120 PS, 5-Türer: 21.600 Euro