Ein Ausflug mit dem Supersportwagen Ford GT
„Das Auto soll nicht in Sammlergaragen herumstehen, es muss auf die Straße“, sagt Hans-Jörg Klein, Geschäftsführer für Marketing und Verkauf bei Ford in Deutschland, über den Supersportwagen Ford GT.
Auch wenn die stolzen Besitzer tatsächlich Asphalt unter die Räder nehmen, dürfte die Sichtung eines GT im Straßenverkehr doch eher unwahrscheinlich werden. Die Produktionszeit ist zwar aufgrund der hohen Nachfrage bis 2022 verlängert worden, mehr als 1.350 Autos werden es aber auf keinen Fall.
Straße? Ford GT? Und die Einladung, beides zu kombinieren? Da wird gar nicht überlegt, ob man zusagen soll, das geschieht als natürlicher Reflex. Der Testwagen ist ein gelber Ford GT in US-Spezifikation (trotz der englischen Kennzeichen). Außerirdisch würde aber auch gut passen.
Beginnen wir mit einer kleinen Andacht vor dem Karbonsportwagen. Kaum ein Auto mit Straßenzulassung macht pure Aerodynamik so sichtbar wie der Ford GT. Trotzdem strahlt er Sexappeal aus. Sämtliche Details bis hin zu den kreisförmigen Rückleuchten, die Kühlergitter u.a. für das Doppelkupplungstriebe in sich tragen, laden zum Staunen und Fachsimpeln ein.
Jetzt aber rein da, schließlich gab und gibt es ja auf Messen genug Möglichkeiten, zu glotzen. Das Once-In-A-Lifetime-Erlebnis beginnt jetzt.
Das Einfädeln über den massiven Schweller des Carbon-Monocoque und unter der nach oben aufschwingenden Tür gelingt ohne „Aua“ und sonstige Peinlichkeiten. Innen bleibt der Sitz starr, dafür lassen sich die Pedale aber per Seilzug verstellen.
Die Position passt, aus der flachen Windschutzscheibe in der Form eines Helmvisiers kann man gut herausschauen, zum Beispiel direkt in die Fake-Endrohrblenden aktueller Mittelklassemodelle. Tief über dem Boden fliegst Du mit dem Ford GT zwar nicht unter dem Radar, aber überraschend bequem voran.
Ein bisschen verkrampft ist man(n) natürlich doch. Denn die Möglichkeit, ein derart seltenes und teures (in Europa ab ca. 550.00 Euro) fahren zu dürfen, kommt nicht alle Tage. Breit und sperrig wirkt der Ford GT in manchen engen Kehren. Das hat er mit allen anderen Supersportwagen gemein und liegt in der Natur der Sache.
„Die Entwicklung eines solchen Autos beginnt immer mit dem Motor“, erklärt Craig von Ford Performance aus England. Er begleitet das Date mit dem GT, aber mehr als Aufklärer denn als Aufpasser. Um den Antrieb herum muss vor allem Kühlung geplant werden und dann die Aerodynamik.
Somit entstehen um zwei Meter breite Flundern, der GT ist 2,01 Meter breit und nur 1,11 Meter hoch. Übrigens: auch zukünftige Elektro-Sportwagen werden nicht kleiner, denn die benötigen erst recht viel Kühlluft.
Das digitale Cockpit des Testwagens zeigt die Geschwindigkeit groß in Meilen pro Stunden und nur klein in km/h an, das erfordert einmal mehr als sonst ein gesetztes Gemüt. Denn es reicht, wie sollte es anders sein, nur ein Wackeln mit dem großen Zeh und das Auto stürmt hemmungslos voran. Turboloch? Haben wir irgendwo liegenlassen.
Direkt hinter den Sitzschalen liegt der 3,5 Liter große, aufgeladene V6 mit 483 kW / 657 PS. Der teilt sich übrigens über 60 Prozent der Bauteile mit dem Aggregat im auch schon von mir gefahrenen Ford F150 Raptor .
Der unter 1,4 Tonnen schwere Ford GT verzichtet auf Dämmmaterial. Die Arbeitsvorgänge im Doppelkupplungsgetriebe hörst Du genauso stark wie den Motor hinter Dir. Ohne jegliches Sounddesign begeistert der Sound des Sechszylinders, wirkt stattlich ohne ins prollige abzurutschen wie bei manch italienischem Marktteilnehmer.
Per Drehschalter im Lenkrad lassen sich verschiedene, weit gespreizte Fahrmodi auswählen, der Track Mode schärft das gelbe Messer maximal an, schmeißt aber jeglichen Federweg über Bord. Für den öffentlichen Straßenverkehr würde aber auch ein 25-Prozent-Modus reichen. Oder wäre immer noch mehr als genug.
Auch die Blinker werden über Tasten am Lenkrad betätigt, das erinnert an Ferrari. Was dem Ford GT aber ebenso egal ist wie der Lichtschalter, den er sich als einziges sichtbares Bauteil mit den profaneren Großserien-Fords teilt.
Ruhe tritt auch nach dem Motorstopp am Ende der selbstverständlich viel zu kurzen Ausfahrt ein. Man freut sich kurz über den eleganten Akt der Türöffnung (Arm auf die Armlehne legen, Hebel ziehen und mit dem Oberarm die Tür elegant nach oben aufschwingen) und klettert gelenk heraus. Nur um wie ein kleines Kind „noch mal!“ zu denken. Oder gar zu sagen? Die Sinne sind entrückt.
Fazit zum Ford GT
Elf Ford GT fahren (oder stehen sie doch?) aktuell in Deutschland. Einen durfte ich bewegen, was nachhaltig für Eindruck sorgen wird. Für ein Fazit bleibt aber keine Luft. Nicht nur, weil der Ford GT atemberaubend ist, sondern auch, weil man sich auch nach vielen Versuchen einfach kein objektives Urteil über den kompromisslosen Supersportwagen aus Amerika bilden kann.
Die Freiheit, einen Fahrbericht mit dem Pausenhofvokabular „Hammergeil“ zu schließen, nehme ich mir einfach mal.
Technische Daten
Ford GT |
|
---|---|
Hubraum | 3.497 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | V6 |
Maximale Leistung kW / PS | 483 kW / 657 PS bei 6.250 U/min |
Max. Drehmoment | 746 Nm bei 5.900 U/min |
Getriebe | 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe |
Beschleuningung 0-100 km/h | 2,8 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 347 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 14,9 Liter |
Leergewicht | 1.385 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.762 / 2.004 / 1.110 mm |
Grundpreis | ca. 550.000 Euro |