Honda Civic 1.6 i-DTEC Diesel Es war einmal...

Was der Honda Civic mit Märchengeschichten zu tun hat? Mal sehen...

Herzlich willkommen zur AUTONOTIZEN-Märchenstunde mit dem Versuch, Mythen und Wahrheiten voneinander zu trennen. Und damit herzlich willkommen zum Alltagstest des Honda Civic 1.6 i-DTEC. Hinter dieser kryptischen Modellbezeichnung verbirgt sich ein 120 PS starker Diesel.

Wenn die gute Fee Autokäufern drei Wünsche erfüllen soll, ist sehr oft ein Kompaktwagen darunter. Nach wie vor passen das Format und das Platzangebot hier einfach nicht nur in die meisten Alltagssituationen, sondern auch noch in Normgaragen und Parkhäuser.

Dabei greift der deutsche Kunde meist zum Golf, seltener als früher zum Astra oder Focus. Die Koreaner haben hier mit guten Angeboten stark aufgeholt und Mazda versucht, mit dem neuen Mazda 3 Designliebhaber zu locken. Früher war der Honda Civic auch stark vertreten. Aber so richtig prima ist doch so einer nicht mehr, oder?

Schluss mit diesem Märchen. Der aktuelle Civic der zehnten Modellgeneration, der seit Frühjahr 2017 bei uns angeboten wird, lohnt mehr als einen Blick. Vor allem, wenn man sich zuerst nicht mit dem durchaus eigenwilligen optischen Eindruck anfreunden kann. Je länger man sich mit dem Civic beschäftigt, desto klarer erscheint die Optik aber, zudem entdeckt man die aerodynamischen Feinschliffe.

Mit 4,52 Metern Länge ist der Fünftürer durchaus groß, was er trotz der flachen Karosserie direkt in ein tolles Platzangebot ummünzt. Der 420 Liter große Kofferraum mit tiefem Fach unter dem Boden hat zwar eine störende Stufe, lässt sich aber über die weit öffnende Heckklappe gut beladen. Im Fond freuen sich auch große Menschen über erstaunlich viel Knieraum, selbst bei ganz zurückgeschobenen Vordersitzen. Hier kommt, wenn dann, der Skoda Octavia mit.

Auch in Reihe eins finden Menschen jeder Größe mit weit verstellbaren Sitzen und einem ausreichend in Höhe und Länge einstellbaren Lenkrad eine optimale Sitzposition. Die im Testwagen mit recht rutschigem Stoff bezogenen Sitze bieten guten Seitenhalt, dürften aber an den Schultern weniger weich gepolstert sein.

Das antiquierte Infotainmentsystem mit grob auflösendem Monitor, der zudem bei Sonnenlicht stark spiegelt, langsamer Reaktion auf Berührungen und eine verschachtelte Bedienung über die Multifunktionstasten am Lenkrad rufen laut „Modellpflege!“.

Sollte es dazu kommen, bitte nur nicht Lenkung, Schaltung und Fahrwerk anfassen! Selten haben diese drei Schnittstellen zwischen Fahrer und Straße einen bessern Eindruck gemacht. Die Honda-Ingenieure haben es geschafft, den Civic schön direkt wirken zu lassen, ohne dass Ottonormalbürger von harten Federn oder einer spitzen Lenkung abgeschreckt werden.

Damit qualifiziert sich der Honda Civic auch als Langstreckenauto. Man sitzt auch viele Kilometer bequem, das Auto gibt Rückmeldung ohne zu stressen und der Motor beweist erstaunliche Marathonqualitäten. Vor allem die Kraftentfaltung oberhalb der Autobahnrichtgeschwindigkeit verblüfft. So wie der Civic munter auf 170, 180, 190 km/h beschleunigt, attestiert man ihm glatt mehr als 120 Pferdestärken.

So richtig gute Dieselmotoren kommen nicht aus Japan? Noch so eine Geschichte, die man spätestens jetzt in die Märchenschublade stecken sollte. Vor allem, wenn man an den Verbrauch denkt. Den veralteten NEFZ-Wert von durchschnittlich 3,5 Litern Diesel auf 100 Kilometer schafft der Civic im realen Leben zwar nicht. Mit 5,7 Litern Durchschnittsverbrauch im Testalltag, inklusive schnelleren Autobahnetappen, ist er aber überraschend sparsam. Euro 6d-Temp erreicht der Selbstzünder übrigens ohne SCR-Katalysator und damit ohne AdBlue-Nachfüllbedarf.

„Es war einmal…“ passt noch in anderen Sachen zum Honda Civic Diesel. Zumindest in absehbarer Zukunft, denn er stellt einen Wendepunkt dar. Die zehnte Modellgeneration der Kompaktbaureihe ist der letzte Civic, den Honda in England baut. Im Jahr 2021, also nach dem Ende des aktuellen Produktlebenszyklus, wird man das UK-Werk schließen. Ob der Civic künftig aus Japan oder aus den USA importiert wird, ist noch nicht bekannt. Auch die Produktion in der Türkei, wo aktuell das Stufenheckmodell vom Band läuft, soll nicht fortgeführt werden.

Fazit zum Honda Civic Diesel

Honda Civic i-DTEC Diesel Test 2019 Verbrauch Motor Euro 6d-Temp

Die Marke Honda ist im Gegensatz zu früheren Jahren mit einem geschrumpften Händlernetz und einem überschaubaren Modellprogramm weder auf der Straße noch auf den Einkaufszetteln der Kunden wirklich präsent. Da passiert es leicht, dass ein Auto wie der Civic gar nicht erst auf dem Radar erscheint.

Zu Unrecht, wie dieser Alltagstest zeigt. Der Honda Civic ist ein geräumiges, komfortables Auto mit einer großen Portion Fahrspaß. Der Dieselmotor zeigt Langstreckentalent, ohne aufzufallen – weder beim Verbrauch noch beim Klang. Wenn Honda jetzt noch das Infotainmentsystem erneuert und die japanische Zentrale ein neues Marketingbudget freimacht, steht einer weiteren Verbreitung des eigenständigen Japaners nichts im Weg.

"Und wenn sie nicht gestorben sind..." Das sind sie nicht!

Technische Daten

Honda Civic 1.6 i-DTEC Elegance

Hubraum 1.597 ccm
Anzahl und Bauform Zylinder 4 in Reihe
Maximale Leistung kW / PS 88 kW / 120 PS bei 4.000 U/min
Max. Drehmoment 300 Nm bei 2.000 U/min
Getriebe Sechsgang-Schaltgetriebe
Beschleuningung 0-100 km/h 10,0 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 201 km/h
Norm-Verbrauch auf 100km 3,5 Liter
Verbrauch real auf 100km 5,7 Liter
Reifenmarke und –format des Testwagens Michelin Primacy 3 235/45 R17
Leergewicht 1.340 kg
Länge / Breite / Höhe 4.518/ 1.799 / 1.434 mm
Grundpreis 27.390 Euro
Testwagenpreis 27.950 Euro
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Bernd Conrad
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