Der Kia Stinger GT bekommt einen Drift-Mode. Grund genug für einen weiteren Test, oder?
Der Kia Stinger bekam knapp anderthalb Jahre nach der Premiere eine erste Modellpflege spendiert. Obligatorisch ist für das Modelljahr 2019 die Einstufung nach Euro 6d-Temp und der Einbau eines Partikelfilters auch bei den Benzinern. Damit verliert das Topmodell Stinger GT 3.3 V6 T-GDI zwar vier Pferdestärken und 0,4 Sekunden für die 0-100 Werksangabe, was den Sportsgeist der großen Limousine aber nicht schmälert.
Denn noch immer steht mit 366 PS mehr als genug Leistung für 270 km/h Höchstgeschwindigkeit und den Spurt auf 100 km/h in überschaubaren 5,5 Sekunden an. Längsdynamisch ist der Stinger als weiterhin. Und weil eilige Freiberufler oder sonstige Open Minds, die nicht der ewig gleichen Audi-BMW-Mercedes-Premiumkaufabsicht hinterherlaufen sich auch mal in die Kurve werfen, haben die Koreaner auch für mehr Querfahren gesorgt.
Drift-Modus und die Sportabgasanlage im Video
Der allradgetriebene Stinger GT rollt jetzt mit einem mechanischem Querdifferenzial vom Band. Über eine angepasste Steuerungselektronik verwandelt er sich damit situationsbedingt zur Hinterradantriebs-Kanone.
Weiterhin verteilt der Allradantrieb die Kraft im Comfort-Fahrmodus zu 40 Prozent nach vorne und zu 60 Prozent an die breiteren 255/35 R19-Hinterräder. Wird über den Drehschalter der Sportmodus gewählt, verschiebt sich das Verhältnis auf 20 (vorne) / 80 (hinten), bei Sport+ mit später ansprechenden Fahrdynamikregelungen gar auf 93 Prozent, die hinten auf den Asphalt losgelassen werden. Wird jetzt die ESC-Taste drei Sekunden lang gedrückt und der Schleuderschutz komplett schlafen gelegt, verteilt die Software je nach aktueller Fahrsituation auch mal 100 Prozent der maximal 510 Newtonmeter Drehmoment an die Räder hinter der Rücksitzbank.
Bis zu 100 Prozent der Kraft an die Hinterräder
Ein reiner „Hecktriebler“, wie manche Schreiben (was eh´ nicht stimmt, da bei dieser Wortwahl auch der Motor hinten sitzen müsste), ist der Kia Stinger also nur kurz und nur dann, wenn er es selber entscheidet.
Um das zu erfahren, bietet sich freilich ein abgesperrtes Gelände mit viel Auslauf und ohne die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer an. Und dann zeigt sich, dass der immerhin fast zwei Tonnen schwere Stinger das Querdynamikversprechen auch einhalten kann.
Es liegt zum Teil am Fahrer, zum Teil an der serienmäßigen Achtgang-Automatik, dass sich die rote Fließhecklimousine erst einen halben Tag um die eigene Achse dreht, bevor man die richtige Kombination aus Lenkwinkel, Gasstössen und Blickrichtung (Merke: Du fährst immer dort hin, wo Du hinsiehst) herausfindet.
Über den manuellen Modus ist dabei stets der zwei Gang eingelegt, den der Stinger auch hält und nicht einfach schaltet, nur weil sich die Nadel des Drehzahlmessers kurz vor dem Drehzahlbegrenzer einrichtet. Ein Spiel aus Kupplungsfuß und Gaspedal ist jedoch nicht möglich. Weil es ja gar kein Kupplungspedal gibt.
Bastuck-Abgasanlage für 2.599 Euro
Driften kann er also. Zeit, den Stinger mit in den Alltag zu nehmen. Hier begeistert er nach wie vor, so wie im Alltagstest aus 2018. Mit einem Unterschied. Der in „High Chroma Red“ lackierte Testwagen rollte bei seiner Ankunft am Auto-Terminal in Bremerhaven direkt in die Montagehalle. Hier bekam er eine Sportabgasanlage des saarländischen Unternehmens Bastuck montiert. Für 2.599 Euro Aufpreis ist sie bei der Neuwagenkonfiguration bestellbar, ist damit Teil der siebenjährigen Fahrzeuggarantie. Außerdem erlischt die Betriebserlaubnis des Autos nicht.
Optisch unterscheidet sich die Bastuck-Anlage nicht vom Serienzustand, die vier ovalen Endrohre ragen auch hier in gewohnter Form aus der Heckschürze. Über einen kleinen Knopf links vom Lenkrad, dessen optische Rückmeldung über einen Lichtkranz leider nicht nur bei Sonneneinstrahlung zu blass ist, kann man bei Bedarf die Klappensteuerung des Systems aktivieren. Dann klingt der Kia Stinger GT nicht nur dumpfer, sondern hebt bei Geschwindigkeiten über 70 km/h auch nochmals deutlicher seine Stimme. Die Werkssoftware für künstlichen Motorsound im Innenraum kann man getrost deaktivieren.
Auf langen Strecken dürfte es mit aktiviertem Bastuck-Knöpfchen auch bei Reisegeschwindigkeiten um 140 bis 160 km/h vor allem Mitfahrern im Fond aber auf Dauer zu laut werden, dann reicht ein Fingerdruck und der Stinger tut so, als ob nichts gewesen wäre.
Fazit zum Kia Stinger GT V6
Der Kia Stinger ist und bleibt auch mit „nur“ 366 PS eine formidable Sportlimousine, die nicht nur knackig aussieht, sondern das optische Versprechen auf bei der Fahrt einlöst. Das mechanische Sperrdifferenzial und er Drift-Modus dürften die meisten Fahrer als Marketingversprechen dankend mitnehmen, aber kaum selbst erfahren.
Mit dem wackelfreudigen Hinterteil, der Sportabgasanlage sowie weiteren Zubehörteilen in der Händlerauslage, darunter eine Gewindefahrwerk und 20-Zoll-Felgen, wird der Stinger rotziger. Auf sympathische Art und Weise. Nicht asiatisch-korrekt, eher mediterran-unangepasst. Ob er damit zum Flirtpartner für Giulia wird?
Technische Daten
Kia Stinger |
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Hubraum | 3.342 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | V6 |
Maximale Leistung kW / PS | 269 kW / 366 PS bei 6.000 U/min |
Max. Drehmoment | 510 Nm bei 1.300 - 4.500 U/min |
Getriebe | Achtgang-Automatik |
Beschleuningung 0-100 km/h | 5,5 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 270 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 10,5 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 13,0 Liter |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Continental ContiSport 225/40 R19 vorn, 255/35R19 hinten |
Leergewicht | 1.909 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.830 / 1.870 / 1.400 mm |
Grundpreis | 55.900 Euro |
Testwagenpreis | 59.389 Euro |