Wie schlägt sich der Hybridantrieb des Lexus NX300h im Alltag?
Auf einem weich gepolsterten Sessel thront der Fahrer im Lexus NX und blickt gefühlt aus dem Hochparterre auf die Straße. Ziemlich weit oben also, dazu wirkt das Auto aus dieser Perspektive sehr breit und größer, als es in der Größenordnung von BMW X3 und Co. eigentlich ist.
Womit man den SUV-interessierten Kunden im Showroom also schon mal am Wickel hat. Wichtig für Autohändler mit Absicht auf einen Vertragsabschluss ist es dann, den potenziellen Käufer zu einer Probefahrt zu motivieren. Und da wird die Sache mit dem Lexus NX schon ein bisschen komplizierter.
Mit dem Druck auf den Startknopf gibt der Lexus Nx300h erstmal keinerlei Lebenszeichen von sich, außer einem Signalton, der seine Einsatzbereitschaft ankündigt. So soll es sein, denn der Vollhybrid startet natürlich erst einmal im elektrischen Fahrmodus.
Der hält, zumindest bei kalten Temperaturen, aber nur ein paar Meter vor. Selbst bei fast voller Batterie setzt schon nach dem Ausparkmanöver – und beim Rückwärtsfahren eigentlich immer – die Arbeit des Benzinmotors ein. Der wird mit 1.5000 Umdrehungen pro Minute in den Ring geworfen und ist im Innern des Lexus NX300h kaum hörbar. Außen jedoch umso mehr.
Durch beide Motoren angetrieben fühlt sich der Lexus zu Beginn sehr leichtfüßig an und wenn man ihn innerorts bewegt, schaltet sich der Verbrenner auch zügig wieder ab. Und an. Und ab. Ein stetes Spiel zwischen den Energiequellen, dass sich von den Mitfahrern für Kurzweil auf dem zentralen Display beobachten lässt.
Am Ortsausgang legt sich der Hybrid dann nur widerwillig ins Zeug. Ein nicht mal allzu schwerer Tritt auf das Gaspedal lässt den Vierzylinder durch das verbaute stufenlose Getriebe lautstark hochdrehen, bevor sich das Auto aufmacht, an Geschwindigkeit zuzunehmen. Das passiert eher gemächlich und wirkt angestrengt. Der Hybridantrieb muss mit dem Gewicht des NX300h richtig kämpfen.
Was spätestens jetzt auch auffällt ist die überraschend unausgewogene Fahrwerksabstimmung. Weiche Dämpfer gaukeln bei niedrigen Geschwindigkeiten viel Komfort vor. Bei höherem Tempo, Querrillen und Asphaltflicken gelangen die kurzen Federwege jedoch sehr schnell an ihre Grenzen. Das Resultat: das Auto ist ständig in Bewegung und nickt vor sich hin.
Beim Facelift des Lexus NX, das ganz frisch auf dem Markt ist, haben die Japaner auch am Fahrwerk gearbeitet. Der Testwagen war ein 2017er Modell ohne diese Modifikationen, es bleibt also spannend, ob die Überarbeitung hier eine Besserung gebracht hat.
Auch auf der Autobahn kommen die Insassen nicht zur Ruhe, empfindliche Mägen könnte das auf Dauer strapazieren. Der Antrieb erzieht fix zur Zurückhaltung, Geschwindigkeiten über 130 km/h werden nach ein paar Sprintversuchen schlicht und einfach vermieden. Für das Protokoll sei vermerkt, dass der NX300h maximal 180 km/h schnell wird, bevor die Elektronik ihn einbremst.
Nichts zu ändern gab es an der Lenkung. Sie arbeitet wunderbar direkt, wirkt fast sportlich. Das Lenkrad liegt gut in der Hand, ist aber leider nicht für alle Körpergrößen ausreichend in der Weite verstellbar.
Beim Cockpitdesign durften sich nicht nur die Designer, sondern auch die Materialeinkäufer mal so richtig austoben. Genarbtes Leder wechselt sich mit Kunststoffflächen und Intarsien ab. In der Realität wirkt das aber weit weniger unruhig als auf den Fotos, man kann sich trotz der vielen Tasten und Schalter schnell wohl fühlen im leisen Lexus.
Die Bedienung des Infotainmentsystems mit 7-Zoll-Monitor, der mit dem oben angesprochenen Facelift auch bei der kleineren Navi-Variante auf 10,3 Zoll anwächst, gelingt mit dem Dreh-/Drücksteller in der Mittelkonsole ohne Ablenkung. Einzig die trägen Reaktionen auf dem Bildschirm können nerven und teilweise zur Fehlbedienung führen. Wenn man denkt, das System hat den Befehl nicht erkannt und die Hand schon wieder am Bedienelement herumfummelt, als sich der Monitor dann doch entschließt, dem ursprünglichen Befehl zu folgen.
Die Sprachsteuerung leistet hier keine Abhilfe. Sie verwehrt sich im Navigationsmenu und muss zur Bedienung des Telefons auch erst angelernt werden. Dazu passt die nicht mehr ganz aktuelle Audioausstattung ohne DAB und ohne Integration von Android Auto oder Apple Car Play.
Für Hektiker ist der Lexus NX300h also keinesfalls das richtige Auto, das lässt er bis hin zur optional elektrischen Heckklappe spüren, sie sich gemächlich öffnet und schließt.
Die richtig große Beruhigungspille wird aber gerne während der Zielführung geschluckt. Die Stimme der Navigationsansagen dürfte bei wackligen Gemütern schnell Verliebtheit auslösen. Dass man eine Ansage wie „Jetzt fahren Sie 15 Kilometer auf dieser Autobahn“ mit so viel Gefühl und Hingabe einsprechen kann, verlangt Respekt. Da nutzt man die Navigation auch gerne mal auf Strecken, die man auswendig kennt.
Nach zwei Wochen im Lexus NX300h interessiert natürlich vor allem der Verbrauch. Nach ungefähr 50% Stadtanteil, Landstraßenstrecken und maximal 130 km/h auf der Autobahn hat sich der 95-Oktan-Durst bei 8,4 Litern auf 100 Kilometern eingependelt. Für die gebotenen Fahrleistungen ist das zu viel, wenn man einen Mitbewerber mit reinem Benziner-Antrieb ähnlich gemächlich bewegt, dürfte man das auch fast erreichen. Interessant wäre hier nun eine Fahrt im NX300 ohne „h“ mit Zweiliter-Turbobenziner im Vergleich.
Was bleibt also abschließend zu urteilen? Der Hybridantrieb an sich ist in meinen Augen nach wie vor eine feine Sache für Menschen, die ihr elektrifiziertes Auto nicht zu Hause oder anderswo aufladen können oder wollen. Richtig Sinn macht die Kraft der zwei Herzen nur im Stadtverkehr, und hier ist ein SUV wie der Lexus NX300h schlicht zu groß und zu sperrig.
Die Alternative hat sich auch bereits dem AUTONOTIZEN-Alltagtest gestellt: der Toyota Prius aus dem gleichen Konzern. Oben angekommen ist also vor allem der Fahrer im NX300h. Das Auto selber bietet eine Reihe guter Ansätze sowie einen individuellen optischen Auftritt, aber auch noch viel Verbesserungspotenzial.
Das Video zum Lexus NX300h findet Ihr unter der Bildergalerie.
Technische Daten
Lexus NX300h e-Four Executive Line |
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Hubraum | 2.494 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 114 kW / 155 PS bei 5.700 U/min |
Max. Drehmoment | 210 Nm bei 4.200 - 4.400 U/min |
Getriebe | stufenlose Automatik |
Elektromotor vorn: Maximale Leistung kW | 105 kW |
Elektromotor hinten: Maximale Leistung kW | 50 kW |
Systemleistung: kW / PS | 115 kW / 197 PS |
Batterie | Nickel-Metallhybrid |
Beschleuningung 0-100 km/h | 9,2 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 5,2 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 8,4 Liter |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Michelin Pilot Alpin 235/55 R18 |
Leergewicht | 1.790 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.630 / 1.845 / 1.645 mm |
Grundpreis | 47.350 Euro |
Testwagenpreis | 50.300 Euro |