Als neues Topmodell der Baureihe fährt der Skoda Kamiq 1.5 TSI mit 150 PS vor. Alltagstest des kompakten SUV-Crossovers.
Es bedarf wohl einer gewissen Regelmäßigkeit, mit der Gerüchte zur „Entfeinerung von Skoda“ gestreut werden. Sonst dürften die Ruhe und die Gelassenheit, die von den Produkten der tschechischen Volkswagen-Tochter ausgestrahlt werden, zu sehr auf bestehende und potenzielle Kunden übergreifen.
Denn auch wenn die Marke mit dem geflügelten Pfeil im Logo im gerade so angesagten Segment der kleinen SUV-Crossover antritt, geschieht das tiefentspannt. Den MQB A0-Baukasten, der die Grundlage für Konzernmodelle wie Seat Ibiza und Arona sowie VW Polo und T-Cross ist, ziehen sie östlich der Grenze maximal weit auseinander. Der Skoda Scala und sein SUV-Bruder Kamiq bieten eine Raumfülle auf Kompaktklasseniveau und liegen auch preislich über den verwandten Kleinwagen-Baureihen.
Der Kamiq im Video-Review
Mit einer Länge von 4,24 Metern übertrifft der Skoda Kamiq selbst den VW T-Roc um einen Zentimeter, bietet aber im Gegensatz zu ihm (und dem dann verwandten Skoda Karoq) keinen Allradantrieb. Wohl aber Motoren bis 150 PS.
Der 1.5 TSI mit eben dieser Leistung zieht mit leichtem Zeitversatz in Scala und Kamiq ein. Nach der ausführlichen Vorstellung zur Testfahrt des Kamiq 1.0 TSI trat das Modell jetzt mit der Power hinter den geteilten Frontscheinwerfern zum Alltagstest an.
kabelloses Apple CarPlay
Das auffällige Rallye-Grün darf dabei gerne als Weckruf gelten, denn trotz des Neuheitenwerts reiht sich der Skoda Kamiq unauffällig in die Modellpalette und damit auch ins Straßenbild ein. Und dennoch überrascht er damit erneut. Die Zusammenstellung der Kunststoffoberflächen im Interieur, die Verarbeitung und die breite Auswahl an Optionen vom digitalen Kombiinstrument über ein Panoramaglasdach und ein Sportpaket mit gut zupackenden Sitzen versprüht der Skoda Kamiq Style nicht den Hauch einer Entfeinerung.
Das Infotainmentsystem nutzt den aktuellen MIB3 (Modularer Infotainmentbaukasten der dritten Generation). IPhone-Nutzer müssen sich nicht über die USB-C-Stecker ärgern. Das Telefon kann induktiv geladen werden, Apple CarPlay lässt sich kabellos verbinden. Das die MQB A0-Modelle das auch hier knopflose Display mit maximal 9,2 Zoll Diagonale offerieren, ist verkraftbar.
Kraft ist ein gutes Stichwort, denn die lauert weiter vorne. Der 150 PS starke Vierzylinderbenziner ist aus vielen Konzernmodellen bekannt. Der Testwagen trat mit dem 7-Gang-DSG an. Die eTSI-Technologie mit 48V-Mildhybridsystem wie im VW Golf oder Seat Leon ist für Kamiq, Scala und Co. nicht erhältlich. Aber natürlich schaltet der 1.5 TSI auch hier im Teillastbetrieb zwei der drei Zylinder still. Das geschieht unmerklich. Beim Rollen wird zudem das Getriebe vom Motor getrennt, der dann in den Leerlauf geht und damit Sprit spart.
7,3 Liter Testverbrauch
7,3 Liter Testverbrauch liegen zwar über den fünf Liter NEFZ-Norm, sind angesichts der Leistung und der Fahrzeuggröße okay. Nachholbedarf gibt es bei der Feinabstimmung von DSG und Motor. Beim Anfahren auf feuchtem Untergrund reicht ein zu drei Vierteln durchgetretenes Gaspedal (zum Beispiel an Steigungen oder beim Einfädeln), um die angetriebenen Vorderräder an ihre Haftungsgrenze zu bringen. Die scharren kurz, bevor die Traktionskontrolle eingreift.
Welchen TSI nehmen?
Das ist der einzige Kritikpunkt am stärksten Benziner im kleinsten Skoda-SUV. Seine 250 Newtonmeter Drehmoment, die ab 1.500 U/min anliegen, reichen in jeder Lebenslage für kraftvollen Vortrieb, das Doppelkupplungsgetriebe hat stets die passende Zahnradpaarung am Start. Schaltwippen am Lenkrad sind vorhanden und nett, aber eigentlich unnötig.
Im Fernvergleich zwischen dem 1.5 TSI und dem 1.0 TSI-Dreizylinder mit 115 PS stellt sich der größere Benziner als das sportlichere und kraftvolle Triebwerk mit einem verkraftbaren Mehrverbrauch von crirca 0,7 Litern dar. Ein Großteil der Kamiq-Kunden dürfte aber auch mit dem kleineren Motor mehr als zufrieden sein. Der bietet 200 Nm maximales Drehmoment und beschleunigt eine gute Sekunden langsamer auf 100 km/h.
Gegen Aufpreis sind verstellbare Stoßdämpfer im Rahmen des Sport Select – Fahrwerks lieferbar. Hierbei handelt sich nicht um das DCC mit einer adaptiven Abstimmung. Es können zwei Kennlinien gewählt werden. Mit der sportlichen Einstellung rumpelt der Skoda Kamiq Style mit seinen 17-Zoll-Leichtmetallfelgen auch mal kräftig über Nachlässigkeiten des Straßenbaus. Die Normal-Stellung des Fahrwerks ist meist die bessere Lösung und weit mehr als nur ein Kompromiss.
Fazit: Gut, aber nicht günstig
Kompromisse müssen Käufer eines Skoda Kamiq auch sonst kaum eingehen. Wer unbedingt jeden Tag eine Rücksitzbank in der Länge verstellen will, greift zum T-Cross. Mit seinem MQB-A0-SUV wildert Skoda vielmehr in der Kompaktklasse und dürfte auch ehemalige Octavia-Kunden, denen das aktuelle Modell zu groß geworden ist, für sich gewinnen.
Und, mal wieder, Entwarnung: Ein Billigprodukt ist auch dieser Skoda nicht. Für eine Bestätigung reicht auch ein Blick in die Preisliste. 28.800 Euro kostet ein Kamiq Style 1.5 TSI. Der üppig ausgestattete Testwagen steht mit fast 38.000 Euro in der Preisliste. Ein Trost: Der größere Octavia ist mit vergleichbarer Ausstattung gut 4.000 Euro teurer.
Technische Daten
Skoda Kamiq 1.5 TSI Style |
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Abgasnorm | euro 6d-Temp |
Hubraum | 1.498 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 110 kW / 150 PS bei 5.000 - 6.000 U/min |
Max. Drehmoment | 250 Nm bei 1.500 - 3.250 U/min |
Getriebe | Siebengang-Doppelkupplung |
Beschleuningung 0-100 km/h | 8,3 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 213 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 5,0 Liter (WLTP) |
Verbrauch real auf 100km | 7,3 Liter |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Goodyear Efficient Grip 205/55 R17 |
Leergewicht | 1.436 kg |
Anhängelast (gebremst) | 1.250 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.241 / 1.793 / 1.531 mm |
Grundpreis | 28.800 Euro |
Testwagenpreis | 37.750 Euro |