Skoda Kamiq (2019) Auf den Spuren des Octavia

Erste Testfahrt im neuen City-SUV Skoda Kamiq.

Ein kurzer Rückblick in das Jahr 1996 sei erlaubt. Damals kam mit dem Octavia der erste unter V-Ägide entwickelte Skoda auf den Markt und verschob Grenzen. Und zwar die des Kompaktsegments. Seitdem basiert der Octavia auf der jeweiligen Kompaktklasse des Konzerns – mittlerweile auf dem MQB (Modularer Querbaukasten) – und streckt sich aber bei Format und Platzangebot weit in die Mittelklasse hinein.

Das schuf Platz für den Skoda Scala, der das gleiche Rezept anwendet. Hier wird die MQB A0-Adaption, die VW Polo und Seat Ibiza trägt, maximal gestreckt. Der Scala fährt damit gegen Golf und Co. Außerdem stellt er die Basis für Skodas unumgänglichen Beitrag im boomenden Markt der kleinen SUV und Crossover, von den Herstellern mittlerweile als City-SUV bezeichnet.

Länger als der VW T-Cross

Da hat der Konzern doch schon Angebot parat? Richtig, Seat Arona und VW T-Cross erfüllen viele Ansprüche und konnten auch hier schon ihr Können unter Beweis stellen. Jetzt kommt mit dem Skoda Kamiq ein weiteres MQB-A0-SUV hinzu, womit sich der Kreis zum Octavia schließt.

Schon der erste Kontakt mit dem dritten Skoda-SUV macht klar, dass es sich auch der Kamiq zwischen den Stühlen bequem machen will. Mit 4,24 Metern ist er deutlich länger als zum Beispiel der VW T-Cross (4,11 Meter) und liegt auf dem Niveau des T-Roc (4,23 Meter). Mit 2,65 Metern entspricht sein Radstand dem des Scala, was auch für die üppigen Platzverhältnisse im Fond gilt. Angesichts der Luftigkeit verwundert es, dass Skoda keine verschiebbare Rücksitzbank anbietet. Damit ist auch das Kofferraumvolumen von 400 Litern in der fünfsitzigen Konfiguration starr; beim T-Cross variiert es je nach Position der Bank zwischen 385 und 455 Litern. Mehr bietet der Scala aufgrund eines längeren hinteren Überhangs.

Skoda Kamiq 2019 Test Style

Auch vorne kann selbst ein Sitzriese nicht über mangelnden Freiraum klagen. Die Sitze sind ebenfalls große und bequem, nur Seitenhalt ist nicht so ihr Ding. Dafür ist das Sportgestühl im optionalen Dynamikpaket zuständig, bei dem aber nicht jeder mit den integrierten und damit nicht höhenverstellbaren Kopfstützen einig wird.

Der Kamiq-Testwagen fuhr in der aktuell höchsten Ausstattungslinie Style (auf der IAA steht der Kamiq Monte Carlo ) mit allerlei Optionen vor. Dann kommt das Auge aus dem Staunen nur langsam heraus. Materialgüte, Haptik und Stilsicherheit der verwendeten Farben und Oberflächenstrukturen haben mit dem Anspruch der Budgetmarke nicht mehr viel zu tun. Die Hartplastiklandschaften in den erwähnten VW-Modellen wirken plötzlich ganz weit weg. Und das soll bei konzerninternen Gremien keine langen Diskussionen gegeben haben?

Auch hinter der Fassade gibt sich der Kamiq keine Blöße. Er darf den MIB3 (Modularer Infotainment-Baukasten der dritten Generation) nutzen, der mit dem Facelift des VW Passat und dem Audi A4-Update kam. Per eingebauter eSIM ist das Auto damit immer online und kann zum Beispiel Echtzeitdaten für die Routenführung des optionalen Navigationssystems nutzen. Das zeigt die Karte auf einem 9,2 Zoll großen, freistehenden Display an, außenherum wird leider auch hier vollständig auf Knöpfe bzw. Drehregler verzichtet.

Apple CarPlay und Android Auto ohne Kabel

Skoda Kamiq 2019 Test Style

Apple CarPlay und Android Auto funktionieren jetzt auch kabellos. Sehr gut, wenn man nicht das aktuellste Smartphone hat, denn der Kamiq bietet nur den USB-C-Standard für Steckerverbindungen. Geladen wird das Telefon optional in einer Induktionsschale.

Störend ist die Bedienung der Klimaautomatik, die in Teilen auf das Infotainment-Display ausgeweitet wurde. Zum die Kühlfunktion zu deaktivieren oder die Intensität des Luftstroms zu ändern, muss man erst auf eine Menü-Taste drücken und dann auf dem Touchscreen herumfingern. Das kann während der Fahrt länger ablenken als nötig.

Motoren von 90 bis 150 PS

Für den Vortrieb stehen zum Marktstart des Skoda Kamiq am 21. September 2019 neben einem 115 PS starken TDI zwei Leistungsstufen des 1.0 TSI-Dreizylinderbenziners mit 95 oder 115 PS zur Wahl. Die stärkere Version treibt den Testwagen flott auch kurvige Bergstraßen hinauf. Nur beim Ausdrehen in hohe Drehzahlen wird der Dreizylinder kernig, ansonsten bleibt er hinter aufwendigen Dämmmaßnahmen verborgen. Das manuelle Sechsganggetriebe ist exakt geführt, schnell ist man Herr über die maximal 200 Nm Drehmoment. Optional steht für die beiden 115 PS-Versionen ein Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Gängen bereit.

Etwas zeitversetzt kommt der Kamiq G-TEC mit Erdgasantrieb und 90 PS. Als künftiger Liebling der deutschen Kunden ist vom Importeur übrigens der 150 PS starke 150 PS-Benziner mit Zylinderabschaltung eingeplant.

Fazit zum Skoda Kamiq

Skoda Kamiq 2019 Test Style

Der neue Skoda Kamiq hat das Zeug zum Bestseller. Er ist nach dem erfolgreichen Octavia-Rezept zubereitet und bringt ein hervorragendes Platzangebot in das wachsende Segment der City-SUV. Mit vielen Optionen ist er zwar nicht mehr günstig, erfüllt aber selbst gehobene Ansprüche. Das gilt leider nicht für die Variabilität im Innenraum. Mit verschiebbarer und dreigeteilter Rücksitzbank wäre er noch flexibler und könnte zusätzlich ehemalige Yeti-Fahrer ansprechen, denen der Karoq zu groß ist.

Technische Daten

Skoda Kamiq 1.0 TSI Style

Hubraum 999 cm
Anzahl und Bauform Zylinder 3 in Reihe
Maximale Leistung kW / PS 85 kW / 115 PS bei 5.000-5.500 U/min
Max. Drehmoment 200 Nm bei 2.000 - 3.500 U/min
Getriebe Sechsgang-Schaltgetriebe
Beschleuningung 0-100 km/h 9,9 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 194 km/h
Norm-Verbrauch auf 100km 5,1 Liter
Verbrauch real auf 100km 6,6 Liter
Leergewicht 1.390kg
Länge / Breite / Höhe 4.241 / 1.793 / 1.531 mm
Grundpreis 23.950 Euro
Testwagenpreis 33.010 Euro
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Text: Bernd Conrad