Die Brennstoffzellen-Limousine hat sich neu erfunden: Der Toyota Mirai im Fahrbericht mit Video-Review.
Auch wenn es viele anders sehen: Meiner Meinung nach wurde dem Toyota Mirai der ersten Generation viel Unrecht getan, wenn man auf seiner Formensprache herumhackte. Ja, die runde Limousine sah (und sieht) speziell aus. Das Design war nicht nur aerodynamisch optimiert, sondern sollte auch einen Wassertropfen stilisieren.
Am Aussehen allein hat es aber nicht gelegen, dass neue Mirai eher tröpfchenweise als in einer Schwemme auf die Straße kamen. Da gibt es viele weitere Faktoren: Der Preis von fast 80.000 Euro etwa, aber auch die kaum vorhandene Infrastruktur mit aktuell 91 Wasserstoff-Tankstellen in ganz Deutschland. Außerdem kam mit dem Hyundai Nexo ein Brennstoffzellen-Mitbewerber hinzu, der als SUV dem Zeitgeist entspricht.
Der Toyota Mirai im Video
Toyota sieht die Brennstoffzelle als Alternative zum batterieelektrischen Auto auch künftig vor allem auf der Langstrecke. Hier kommt der Vorteil der kurzen Tankzeiten von drei bis fünf Minuten ins Spiel, während Batterieautos auch am Schnelllader länger stehen. Diese Ausrichtung ist ein Grund dafür, dass auch der neue Toyota Mirai wieder eine Reiselimousine ist.
Sprechen wir auch dieses Mal über das Design. Der neue Toyota Mirai hat sich schick gemacht. Anecken trotz Rundungen? Das gelingt ihm nicht mehr. Mit deutlich gewachsenem Format, flachem Aufbau und flachen Leuchten wirkt er edel und präsent. Kaum zu verbergen, dass die Designer zu Beginn wohl einen ersten Brennstoffzellen-Lexus im Sinn hatten.
Mehr Leistung und Hinterradantrieb
Unter dem Kleid wurde das Technikpaket komplett neu geschnürt. Der neue Toyota Mirai hat Hinterradantrieb, die Brennstoffzelleneinheit wanderte aus ihrer Position unter den Sitzen nach vorne. Sprechen wir also ruhig weiterhin von einer Motorhaube.
Die Leistung des Antriebs stieg auf 134 kW (182 PS). Das klingt im Umfeld moderner Elektroautos nicht nach viel, ebenso 300 Netwonmeter Drehmoment. In der Tat fühlt sich der Toyota Mirai beim Fahren auch eher nach einem Verbrenner an, dem aber die Motorgeräusche fehlen. Das Sirren der Brennstoffzelleneinheit ist nur noch ganz leise wahrnehmbar.
Kein Tritt in Rücken also, wenn man das Fahrpedal aufs Bodenblech drückt. Man kann nachfühlen, wie die Energie an Bord durch die Reaktion von Wasserstoff mit Sauerstoff erst erzeugt wird. Eine kleine 1,24 kWh-Batterie dient als Puffer für die Versorgung des Elektromotors.
Das Fahrwerk erweist sich auch mit den großen 20-Zoll-Felgen des Advanced-Pakets als komfortabel und schluckfreudig. Eine adaptive Dämpfersteuerung wird nicht vermisst. Schnell erzieht der Toyota Mirai zum entspannten Gleiten. Auf der Autobahn reiht er sich am liebsten bei Richtgeschwindigkeit im Verkehr ein. Maximal 175 km/h sind möglich, aber nicht nötig.
Vorne bequem, hinten eng
Der Wasserstoffverbrauch pendelte sich während der Testfahrten laut Bordcomputer bei knapp über einem Kilogramm je 100 Kilometer ein. Das deckt sich mit Erfahrungen, die AUTONOTIZEN bereits mit dem Vorgänger und dem Hyundai Nexo sammeln konnte. Als Reichweite bis zum nächsten Tankstopp prognostizierte die Software knapp unter 400 Kilometer. Die WLTP-Verbrauchsnorm verspricht im Idealfall einen Radius von 650 Kilometern.
Fahrer und Beifahrer machen es sich auf bequemen Sitzen bequem. Im Fond ist der Mirai aber recht eng. Das ist umso erstaunlicher, als dass der Japaner auf mittlerweile 4,98 Meter Länge gewachsen ist. Im Gegensatz zum Vorgänger ist die Brennstoffzellen-Limousine jetzt ein Fünfsitzer, darauf sind sie bei Toyota stolz. Dass der mittlere Passagier aber aufgrund des breiten Mitteltunnels kaum Platz für seine Füße hat, ist die Kehrseite der Medaille.
Auch ein nur 300 Liter großer Kofferraum zeichnet den Toyota Mirai nicht unbedingt als perfektes Shuttlefahrzeug aus. Das mit drei Tanks auf 5,6 Kilogramm gewachsene Wasserstoff-Speichervolumen fordert hier seinen Tribut.
Das Cockpit wirkt auf den ersten Blick sehr modern, die Materialien gefallen ebenso wie die Verarbeitung. Leider ist die Auflösung des zentralen Displays für Navigation und Infotainment aber deutlich in die Jahre gekommen. Hier hätte der Technologieträger des japanischen Autokonzerns neuere Hard- und Software vertragen können.
Die wohl beste Nachricht, die der neue Toyota Mirai mitbringt, kommt jetzt. Nachdem Toyota die Produktion der Brennstoffzellen-Limousine in Japan industrialisiert hat und künftig mit einer Kapazität von 30.000 statt zuvor 3.000 Autos pro Jahr kalkuliert, sinken die Preise deutlich.
Deutlich günstiger als bisher
Das Basismodell des Toyota Mirai gibt es ab 63.900 Euro, immerhin 15.000 Euro weniger als zuvor. Damit ist er als Elektroauto, dessen Nettopreis unter 65.000 Euro liegt, auch förderfähig: 7.975 Euro (inklusive Mehrwertsteuer auf den Herstelleranteil) lassen sich abziehen. Aktuell bietet Toyota den Mirai übrigens im Leasing für Geschäftskunden ab 399 Euro (netto, zuzüglich Mehrwertsteuer) im Monat an.
Ein JBL-Soundsystem, Navigation, elektrisch verstellbare und beheizbare Vordersitze, Smartphone-Integration mit Apple CarPlay und Android Auto sowie LED-Scheinwerfer sind Serie. Zwei höherwertige Ausstattungslinien bringen weitere Optionen ins Auto. Der Testwagen ist ein Toyota Mirai Advanced. Er hat beispielsweise ein Head-up-Display, Einparkassistenz, belüftete Sitze, spezielles Leder und die erwähnten 20-Zoll-Felgen im Gepäck.
Preis-Vergleich mit dem Nexo
So ausgestattet steigt der Preis auf 73.900 Euro (Testwagenpreis mit Metalliclackierung 74.890 Euro), abzüglich der genannten Fördersumme.
Auch damit ist der Toyota Mirai im Vergleich zu seinem einzigen Brennstoffzellen-Wettbewerber fair eingepreist: Der Hyundai Nexo kostet 77.290 Euro.Mit Prime-Paket, das ihm mit dem Mirai Advanced vergleichbar macht, ist er 82.500 Euro teuer. Neben ihm sieht Toyota aber auch andere, lokal emissionsfreie, Autos als Herausforderer. Der ein oder andere Freiberufler / Zahnarzt / Anwalt, der aktuell Tesla fährt, könnte sich nach Ansicht der Japaner auch mit einem Mirai anfreunden.
Fazit
Der neue Toyota Mirai ist eine deutliche Weiterentwicklung. Sein Antrieb ist stärker, das Karosseriedesign gefälliger. Der größte Pluspunkt der neuen Modellgeneration ist aber der deutlich gesunkene Preis, der sich auch in Leasingangeboten widerspiegelt.
Im Vergleich zu Elektroautos ist die Brennstoffzellen-Limousine aber weniger antrittsstark. Und das noch immer zu dünne Tankstellennetz macht die Entscheidung für einen Mirai (oder Nexo) stark von regionalen Gegebenheiten um den Wohnort oder den Einsatzradius abhängig.
Technische Daten
Toyota Mirai |
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Maximale Leistung kW / PS | 134 kW / 182 PS |
Max. Drehmoment | 300 Nm |
Getriebe | Eingang-Reduktionsgetriebe |
Batterie | 1,24 kWh |
Tankinhalt | 5,6 kg Wasserstoff |
Beschleuningung 0-100 km/h | 9,2 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 175 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 0,79 - 0,89 kg Wasserstoff / 100 km |
Verbrauch real auf 100km | 1,1 kg Wasserstoff / 100 km |
Leergewicht | 1.950 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.975 / 1.855 / 1.470 mm |
Grundpreis | 63.900 Euro |
Testwagenpreis | 74.890 Euro |