Toyota Mirai im Alltagstest Gestern, heute, morgen

Das Auto aus der Zukunft im heutigen Alltag? Oder Schnee von gestern?

Zeitreisen faszinieren viele Menschen. Ob dafür nun riesige Maschinen, englische Notrufzellen oder Wurmlöcher im Weltraum herhalten müssen, überlassen wir gerne den Kreativen bei Film & Fernsehen.

Der aufgeschlossene Autofahrer und -fan kann das Erlebnis Zeitreise ein Stück weit selbst erfahren und dabei in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gleichermaßen eintauschen. Die passende Maschine dafür heißt Toyota Mirai.

Beginnen wir mit der Zukunft. Die steckt dem Auto nämlich schon im Namen (Mirai, japanisch für Zukunft). Der japanische Autohersteller Toyota arbeitet an einer Strategie der „Wasserstoffgesellschaft 2050“. Für dieses Jahr sieht man Wasserstoff als Hauptenergielieferant für stationären und mobilen Strombedarf.

Auch Hyundai hat große Pläne, im Jahr 2030 wollen die Koreaner 700.000 Brennstoffzellen im Jahr produzieren, dafür 500.000 für Autos der eigenen Marken und andere Hersteller.

Der Weg dahin scheint ein langer zu werden. Gibt es ein Rennen um die beste Stromspeichermethode? Wird die Feststoffbatterie Probleme wie längere Ladezeiten bei Akkus lösen? Gelingt es, Wasserstoff vollständig aus überschüssigem Ökostrom und somit klimaneutral herzustellen?

Zur Gegenwart: Der Toyota Mirai ist eines von drei Brennstoffzellen-Fahrzeugen, das aktuell erworben werden kann. Daneben gibt es den Hyundai Nexo und den Mercedes-Benz GLC-Cell. Den „Benz“ kann man nur leasen, Toyota und Hyundai auch kaufen.

Wobei private oder gewerbliche Einzelabnehmer auch über Leasing nachdenken sollten. Denn für Brennstoffzellenfahrzeuge gibt es eine staatliche Förderung in Höhe von 21.000 Euro, die über die „Nationale Organisation Wasserstoff“ in Berlin abgewickelt wird.

Voraussetzung: Mindestens drei Fahrzeuge in der Flotte. Davon profitiert aber zumindest beim Toyota Mirai auch der Einzelkunde, denn die Toyota Bank fungiert nach einem Abkommen als Käufer und ist somit förderberechtigt. Der Toyota-Händler gibt den Nachlass dann an den Kunden weiter, womit der Listenpreis als Grundlage für die Leasingberechnung von 78.600 Euro auf 57.600 Euro sinkt.

Plötzlich wird der Toyota Mirai günstiger als der direkte Mitbewerber von Hyundai. Der Nexo kostet laut Liste mit 69.000 Euro deutlich weniger, im Handel waren Leasingraten von 850 bis 950 Euro je nach Vertragsdauer und Kilometerleistung zu erfahren. Mehr dazu am Ende des Artikels.

Gut 100 Mirai wurden in Deutschland seit 2015 abgesetzt. Die Limousine hat mit einer Länge von 4,89 Metern äußerlich das Format der oberen Mittelklasse, das aerodynamisch optimierte Design lässt den Toyota aber kleiner wirken.

Das gilt auch für den Innenraum, hier zollen die Mitfahrer der aufwendigen Technik Tribut. Eng geht es für die vier Personen nicht zu, nur eben enger als erwartet.

Das abfallende Dach sorgt für eine geringe Kopffreiheit im Fond, vorne hat man aber in fast alle Richtungen genügend Bewegungsfreiheit. Nur die breite Mittelkonsole geht auf Tuchfühlung mit dem Fahrerknie.

Toyota Mirai Alltagstest Wasserstoff Brennstoffzelle

Das Cockpit zeigt schon zur Premiere des Mirai im Jahr 2014 berührungsempfindliche Oberflächen und Displays. Da könnte man jetzt einen Vergleich zum Cockpit des Porsche Panamera bauen, der das natürlich moderner löst.

Das zentrale Digitaldisplay für die Fahrdaten und das Infotainmentsystem erinnern an den Toyota Prius.

Damit willkommen im Gestern: Die Auflösung des Bildschirms, die Menüführung und die Reaktionszeit auf Berührungen entspricht nicht mehr aktuellem Standard. Die Navigation verzichtet nicht nur auf Echtzeitverkehrsdaten sondern kurioserweise auch auf die Anzeige von Wasserstofftankstellen.

Das Smartphone lässt sich nur über Bluetooth koppeln. Apple CarPlay oder Android Auto? Fehlanzeige. Schade, denn das Gerät braucht man für die Routenplanung. Die App von H2 Mobility zeigt die Wasserstofftankstellen und hat auch Echtzeitdaten über die Funktion der Säulen.

Das funktioniert fast immer. Fast. Einmal stand der Autor mit dem Auto vor einer, laut App, funktionierenden Säule, die aber außer Betrieb war. Der Kartenleser war defekt. Eine Karte zur Freischaltung und Abrechnungsvorgangs ist für die Betankung mit Wasserstoff unabdingbar.

Einfach tanken und im Shop bezahlen? Das funktioniert beim Wasserstoff nicht, meist ist die Linde-Säule nebst Wasserstofftank nur Untermieter bei Shell, Total, OMV und Co.

Toyota Mirai Alltagstest Wasserstoff Brennstoffzelle

Trotz sonntäglicher Essenszeit war die H2-Mobility-Hotline aber sofort erreichbar und gab Info, dass alle anderen Tankstellen in der Gegend funktionieren.

Alle anderen? Das ist die Besonderheit an München und wohl dem Standort des Gaslieferanten Linde geschuldet. Im Großraum gibt es sechs Wasserstofftankstellen. An der Ausweichstation wurde der Tank gefüllt. Bei fast leeren Behältern dauert das knapp vier Minuten.

Der Toyota Mirai fasst 5 Kilogramm Wasserstoff. Im Testzeitraum genehmigte er sich bei winterlichen Temperaturen durchschnittlich 1,2 kg auf 100 Kilometer.

Anders als beim batteriegespeisten Elektroauto und bei turbogeladenen Benzinern steigt der Strombedarf und damit der Verbrauch auch beim Auskosten der maximalen Geschwindigkeit, beim Mirai 175 km/h, nicht allzu stark an. 1,9 kg waren es nach schnellem Ritt über die Bundesautobahn.

So richtig geräuschlos ist das Brennstoffzellenauto im Gegensatz zum Batterie-Wagen aber nicht. Zumindest die im Toyota Mirai unter der Passagierkabine arbeitende Brennstoffzelle macht mit surrenden Geräuschen auf sich aufmerksam.

Nach dem Abstellen des Autos laufen Gebläse und entsorgen Kondenswasser aus der Abgasanlage, der Mirai „qualmt“ also nach. In einer Garage kann das für eine dichte Wolke aus Wasserdampf sorgen.

Abhilfe schafft die „H2O“-Taste im Cockpit, mit deren Hilfe das Auto bei Bedarf „Wasser lässt“. Achtung: Im Winter sollte man die Glatteisgefahr im Kopf behalten.

113 kW / 154 PS und ein maximales Drehmoment von 335 Nm treiben den fast zwei Tonnen schweren Toyota Mirai ausreichend dynamisch, aber nie sportlich, voran. Das mag im Zeitalter der Beschleunigungswunder von Tesla und Co. auch gestrig wirken, liegt aber mitunter daran, dass der Strom für die Fahrt „just in time“ hergestellt wird.

Die komfortable und überraschend ausgewogene Fahrwerksauslegung des Toyota Mirai passt sehr gut zur Leistungsentfaltung. Die Langstrecke kann kommen.

Fazit zum Alltag im Toyota Mirai

Toyota Mirai Alltagstest Wasserstoff Brennstoffzelle

Mit dem Mirai zeigt Toyota seit gestern, was heute schon in Sachen Zukunft machbar ist. Das Auto wirkt in allen Details ausgereift, das Tanken des Wasserstoffs funktioniert trotz der in den Augen mancher heiklen 700-Bar-Technik problemlos.

Das Design des Mirai ist fünf Jahre alt, wirkt aber noch immer anders und futuristisch, die verwendeten Materialien im Innenraum sind auch 2019 noch gut anzusehen. Obwohl das Auto aus der Zukunft in Lebenszyklen gedacht ja eigentlich von gestern ist.

Spannend bleibt, wie Toyota sich künftig bei den Elektroautos aufstellt. 2020 soll das erste batteriegespeiste Fahrzeug der Japaner vorgestellt werden, keinen Tag zu früh also. Das Angebot bei den Brennstoffzellenautos ist mit dem Mirai schon heute eine alltagstaugliche und gut gemachte Alternative. Die mit dem moderneren Hyundai Nexo aber starke Konkurrenz bekommen hat.

Lohnt sich Leasing?

Toyota Mirai Alltagstest Wasserstoff Brennstoffzelle

Beim reinen Listenpreis liegt der Toyota Mirai mit 78.600 Euro deutlich über dem geräumigeren Hyundai Nexo, der als SUV zudem besser die aktuellen Kundenbedürfnisse widerspiegelt.

Durch wie oben angesprochene Förderung schnürt der Toyota-Händler folgendes Paket für einen gewerblichen Einzelabhnehmer ohne Anzahlung bei 36 Monaten Laufzeit und 15.000 Kilometern Fahrleistung im Jahr:

Die Monatsrate für den Toyota Mirai liegt bei 697 Euro netto / 829,43 Euro brutto. Dazu gibt es für Gewerbekunden ein Wartungspaket für 132 Euro netto / 157,08 Euro brutto im Monat, das neben den Inspektionen auch einen Satz Winterkompletträder für den Leasingzeitraum enthält.

Zum Vergleich: Die Leasingkonditionen für den Hyundai Nexo je nach Händler zwischen 869 und 905 Euro netto / 1.034 und 1.077 Euro brutto monatliche Rate ohne Wartungspauschale. Die gibt es – ohne Reifen – für ca. 30 Euro netto / 36 Euro brutto.

Im Gegensatz zum Toyota Mirai ist der Hyundai Nexo aber zum Abzug der Umweltprämie berechtigt, da sein Netto-Listenpreis unter 60.000 Euro liegt.

Technische Daten

Toyota Mirai

Getriebe Eingang-Reduktionsgetriebe
Elektromotor: Maximale Leistung kW 113 kW (154 PS)
Elektromotor: Maximales Drehmoment 335 Nm
Beschleuningung 0-100 km/h 9,6 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 175 km/h
Norm-Verbrauch auf 100km 0,76 kg
Verbrauch real auf 100km 1,2 kg
Reifenmarke und –format des Testwagens Goodyear Ultragrip 8 215/55 R17
Leergewicht 1.925 kg
Länge / Breite / Höhe 4.890 / 1.810 / 1.535 mm
Grundpreis 78.600 Euro
Testwagenpreis 78.600 Euro
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Andreas Hof, Bernd Conrad