VW Golf 2.0 TSI 4Motion

VW Golf 2.0 TSI 4Motion Vier gewinnt

6:34 Min.

Neuer Allrad-Golf: Was kann der Kompakte mit 204 PS? Fahrbericht mit Video-Review.

Der VW Golf war und ist der Bestseller in Deutschland. 2024 wurden 100.183 neue Gölfe erstmals zugelassen. Damit ist der das hierzulande meistverkaufte Auto, liegt auch im internen Ranking deutlich vor den SUV-Modellen T-Roc (75.398) und Tiguan (67.057). Gleichzeitig ist der Golf das einzige Modell auf dem deutschen Markt, das eine sechsstellige Zulassungszahl erreichte – bei insgesamt etwas über 2,8 Millionen Fahrzeugen, die 2024 neu auf die Straße rollten.

Einer für alle(s)

Zum Erfolg trägt auch die Angebotsbreite bei – im Golf-Programm findet sich für fast jedes Bedürfnis und jeden Einsatzzweck die richtige Version. Der Konfigurator hält von der Basis mit 115 PS starkem Benziner für 28.330 Euro über Diesel, Plug-in Hybride und den GTI bis hin zum 333 PS starken Golf R Black Edition für 59.590 Euro eine große Auswahl bereit, neben dem Fünftürer gibt es auch den Kombi namens Variant.

Das Facelift der achten Golf-Generation brachte neben einer behutsam überarbeiteten Optik eine neue Software für das Infotainmentsystem und größere Displays. Endlich laufen alle Anwendungen im Cockpit meist störungsfrei und flüssig. Was zuletzt fehlte war ein Allradmodell unterhalb des starken Golf R. Diese Lücke wird jetzt mit dem Golf 2.0 TSI 4Motion geschlossen. Wir konnten im schwedischen Lappland erste Fahreindrücke mit einem Erprobungsfahrzeug, das bis auf Messgeräte dem Serienstand entspricht, sammeln.

Der Golf 4Motion im Video

Unter der Haube der neuen Golf-Variante steckt der bekannte 2.0 TSI – Vierzylinder mit einer Leistung von 150 kW / 204 PS. Der Turbobenziner entwickelt ein maximales Drehmoment von 320 Newtonmetern, das bei Bedarf an alle vier Räder übertragen wird. 4Motion nennt die Marke das Allradsystem. Erkennt die Software einen Verlust and Traktion oder Grip, wird – zusätzlich zur Vorderachse – blitzschnell ein Teil des Antriebsmoments an die Hinterräder weitergeleitet. Voll variabel können damit 50 Prozent der Kraft nach hinten geschickt werden, je nach Fahrsituation. Im Vergleich zum sportlich ausgeprägten VW Golf R muss der brave 4Motion jedoch auf die aktive Drehmomentverteilung an der Hinterachse verzichten.

Die Anzeige für die Außentemperatur meldet kalte -16 Grad Celsius. Der in „Kings Red“ lackierte VW Golf R Line steht auf Winterreifen mit Spikes. Die kleinen Metallnippel, die für Grip auch auf purem Eis sorgen, sind hier im Norden für den Straßenverkehr zugelassen. Dazu kommen wir gleich, zuerst jagen wir den Golf über einen zugefrorenen See nahe dem Städtchen Arvidsjaur. Die Eisschicht ist 15 Zentimeter dick, wird uns versichert. Nach Angaben der Experten vor Ort reichen zehn Zentimeter, um Autos zu tragen. Für schwere Lkw soll das Eis 50 Zentimeter dick sein, auf einer 80-Zentimeter-Schicht sollen sogar große Flugzeuge starten und landen können.

Über den großen Touchscreen aktivere ich den Fahrmodus Sport, anschließend deaktiviere ich die Stabilitätskontrolle ESC. Um den Schleuderschutz vollständig zu aktivieren, muss man dieses Vorhaben über die „OK“-Taste im Multifunktionslenkrad zusätzlich bestätigen. Dieser zweite Schritt dient der Sicherheit – im Straßenverkehr sollte man nicht ohne ESC unterwegs sein.

Auf dem See hilft uns die ruhende Software, der Arbeitsweise des 4Motion-Allradsystems nachzuspüren. Beim Anfahren zieht der Golf als Fronttriebler davon. Einlenken und Gasgeben. Noch bevor die Fuhre trotz Spikes ins Rutschen kommt, eilen die Hinterräder zur Hilfe. Auf allen vieren bleibt der Golf sicher in der Spur, vom Einsatz der Allradfunktion und der variablen Kraftverteilung spürst Du hinter dem Lenkrad nichts – bis auf die höhere Stabilität.

Es reichen 35 bis 40 km/h, um den Golf in einen sanften Drift zu drehen. Mit dem Gaspedal lässt sich jetzt, auch ohne Kurbelei am Volant, die Richtung bestimmen. Die dosierbare Kraft an allen vier Rädern steigert das Vertrauen ins Auto – und in die eigenen Fähigkeiten.

Vom See auf die Straße

Unterwegs in schier endlosen Waldgebieten: Testfahrt in Lappland.

Irgendwann ist auch dieser Spaß leider vorbei. Wir verlassen das abgesperrte Terrain, der Golf biegt ab in Richtung Zivilisation. Die ist hier oben im Norden spärlich vorhanden. Ewig ziehen sicch die Landstraßen durch unendlich große Nadelwälder. An einer Abbiegung weist das Schild auf die nächstgelegene Stadt hin – in gerade mal 381 Kilometern Entfernung. Kleiner Tipp: Trotz der Einsamkeit überwacht die schwedische Polizei sehr gerne, ob man an einer Haltelinie das Auto wirklich zum kompletten Stillstand bringt. Das sollte man tun, um die Reisekasse nicht zu sehr zu belasten.

Der VW Golf 4Motion mit 204 PS ist zum Zeitpunkt dieser Testfahrten noch nicht bestellbar, finale Angaben zum WLTP-Normverbrauch sind nicht verfügbar. Der Bordcomputer meldet nach etlichen Landstraßen-Kilometern einen Durchschnitt von 6,4 Litern je 100 Kilometern. Im Alltag mit Stadtverkehr und Autobahn-Abschnitten dürfte man sich mit dem 2.0 TSI bei rund 7,5 Litern je 100 Kilometern einpendeln. Den Durst kann man dabei mit dem rechten Fuß dirigieren und lernen, den Turbo im Zaum zu halten. Eine Elektrifizierung in Form eines 48-Volt-Mildhybridsystems gibt es für den Allrad-Golf nicht.

Während der Testfahrten wird schnell klar, was den Golf auszeichnet und so beliebt macht. Auch ohne DCC-Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern liegt der Federungskomfort des Kompakten auf hohem Niveau, Geräusche von Fahrtwind oder Antrieb dringen kaum nach innen vor. Die Sitze der R-Line bieten guten Seitenhalt und gleichzeitig hohen Komfort. Die integrierte, und somit nicht verstellbaren, Kopfstützen sind für große Menschen aber nach wie vor rund zwei Zentimeter zu kurz.

Was wird er kosten?

Die Sportsitze gehören zur Ausstattungslinie R-Line.

Noch ist der VW Golf 2.0 TSI 4Motion mit 204 PS nicht bestellbar. Die neue Antriebsversion dürfte nicht nur für die R-Line, sondern auch in den Ausstattungslinien Life und Style bestellbar sein – auch als Variant mit größerem Laderaum.

Bei den Konzernkollegen von Skoda ist der Octavia mit 204 PS schon konfigurierbar – er kostet 3.600 Euro mehr als der 1.5 TSI Mildhybrid mit 150 PS und Frontantrieb. Einen ähnlichen Mehrpreis bei VW vorausgesetzt dürften die Preise für den Allradler bei rund 39.100 Euro beginnen.

Fazit

Der Allrad-Golf schließt eine kleine Lücke im breiten Modellprogramm des Wolfsburgers.

Es gibt Kunden, für die kommt nur ein Auto mit Allradantrieb in Frage. Wer in bergigen Regionen lebt oder das Plus an Fahrsicherheit und Stabilität zu schätzen weiß, findet jetzt auch beim VW Golf wieder das passende Angebot. Der 204 PS starke Benziner erweist sich als guter Allrounder. Die Kombination aus TDI-Diesel und 4Motion gibt es aber leider nicht mehr.

Technische Daten
VW Golf 2.0 TSI 4Motion

Antriebsart
Benziner
Antrieb
variabler Allradantrieb
Hubraum
1.984 ccm
Anzahl und Bauform Zylinder
4 in Reihe
Maximale Leistung kW / PS
150 kW / 204 PS
Max. Drehmoment
320 Nm
Getriebe
7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
Kofferraumvolumen
381 - 1.237 Liter
Reifenmarke und –format des Testwagens
Nokian Hakkapeliitta 225/40 R18
Länge / Breite / Höhe
4.282 / 1.789 / 1.483 mm
Basispreis Baureihe
28.330 Euro
Text: Bernd Conrad
Bilder: Sebastian Bonschenk, Bernd Conrad