VW Grand California 600 Die allerneueste Idee...

Der neue VW Grand California im ersten Familientest mit Video-Review.

Der Sommer steht vor der Tür, viele Grenzen sind geschlossen – und seien es nur die im Kopf. Kein Wunder, dass Camping als Urlaubsform auch im Jahr 2020 weiter boomt. Gutes Timing für Volkswagen Nutzfahrzeuge, die jetzt den neuen Grand California an den Start bringen.

Der Camper-Van auf Basis des VW Crafter soll nicht nur den Erfolg des kleineren California auf Basis des T6.1 eine Klasse höher wiederholen, sondern ganz neue Zielgruppen ansprechen. Der Grand California setzt in der stark wachsenden Klasse der Campervans bis 3,5 Tonnen zum Angriff an. Ein Segment, in dem sich eine Vielzahl von Ausbauern mit immer neuen Ideen auf Basis von Fiat Ducato und Co. tummeln.

Der Grand California im Video-Review

Der Konkurrenz setzt VW eine Lösung „aus einer Hand“ entgegen. Er kommt als Reisemobil aus dem Werk, wird nicht nachträglich aus- und umgebaut. Zwei Versionen werden angeboten. Der lange Grand California 680 und der 600er. Er ist, darauf weisen die Zahlen hin, knapp sechs Meter lang und bietet im Gegensatz zur Langversion ein Hochdach.

Als der Testwagen in Form des VW Grand California 600 zum Alltagstest anrollt, handeln wir kurzentschlossen. Die Schulen haben noch geschlossen, man ist flexibel wie nie. Zumindest im eigenen Land (die Sache mit den Grenzen). Also haben wir uns mit dem Kastenwagen aufgemacht, Land und Leute zu sehen. Mit Blick auf die Alpen im Süden und sandigen Füssen beim Spaziergang im Wattenmeer. 2.250 Kilometer quer durch die Republik, bei denen der Grand California zeigen konnte, was er im Kasten(wagen) hat.

Vier Schlafplätze als Option

VW Grand California 600 2020 Test Camping

Der Grand California 600 bietet, sofern man das für 2.945 EUR erhältliche Hochbett über der Dinette inklusive der Trittleiter und Panorama Dachfenster bestellt, für vier Personen ausreichend Platz. Das serienmäßig enthaltene Bett im Heck mit bequemen Tellerfedern bietet, dank der Fenstererker, im Querformat mit 193cm in der Länge und 140cm in der Breite wohl den meisten reisenden ausreichend Platz. Das optionale Hochbett ist, trotz einer Liegefläche von 160 bis 190cm, eher für die kleineren Mitreisenden gedacht. Es macht aber sowohl durch die stabile Konstruktion des Gestells und dem soliden Lattenrost einen vertrauenserweckenden Eindruck. Ein am Bett und Decke arretierbares Netz verhindert zudem, dass Personen oder Gegenstände herabfallen könnten.

Volumen für autarkes Stehen

Das Verstauen des Gepäcks erfolgt im Grand California gewohnt in gut positionierten Staufächern im Innenraum, mit Druckknöpfen und Softclose ausgestatteten Schubladen und natürlich in dem stolze 800 Liter fassenden Stauraum im Heck. Wir konnten unser Gepäck für zwei Erwachsene und zwei Kinder, sowie Laufrad, Tretroller und diverse Spielsachen für die einwöchige Reise problemlos unterbringen. Die von VW für 511 EUR erhältlichen Klappstühle samt Campertisch für außen werden dabei praktisch in den hinteren Türen integriert und fallen beim Packen nicht weiter auf.

Wer wie auch wir nicht vor hat die meiste Zeit auf einem Campingplatz zu stehen, sondern dem Ruf der Freiheit zu folgen, der wird sich über die Größe der Tanks mit 110 Liter Frischwasser, 90 Liter Grauwasser und dem 10l Warmwasserbereiter freuen. Die Toilette inkl. Toilettenkasette ist im Grand California serienmäßig an Bord. Wer möchte kann diese aber noch optional mit einer Sogentlüftung aufwerten. Das Badezimmer ist, wie nicht anders zu erwarten, natürlich etwas eng, bietet aber dennoch neben der Toilette auch Platz für ein ausklappbares Waschbecken mit Spiegelschränkchen und einer Dusche. Wer gerade vom Surfen zurückkommt, der hat aber auch die Möglichkeit eine Außendusche im Heck zu benutzen.

Digitale Bedienung

VW Grand California 600 2020 Test Camping

Für das leibliche Wohl sorgt die Kochzeile, die serienmäßig einen zweiflammigen Gaskocher mit 1,0 und 1,8 kW, Edelstahlspüle mit klappbarer Armatur und einem 70 Liter fassenden Kühlschrank samt Gefrierfach enthält. Die diversen ausklappbaren Ablagen runden den hochwertigen und praktischen Eindruck ab.

Für weitere Wohlfühlmomente und Komfort bietet der Grand California eine Reihe von Heiz-, Klimatisierungs-, Beleuchtungs- und Entertainmentlösungen die über ein Touchscreen-Display im Wohnbereich gesteuert werden können. Von Wasser- und Luftheizung über Gas, Gas-Elektro oder Diesel-Elektro sowie eine Standheizung, eine Dachklimaanalage, die Ambiente-Innenraumbeleuchtung oder das für 755 EUR erhältliche WLAN mit LTE-Hotspot kann hier alles gesteuert werden.

Optionale Photovoltaik spendet Strom

VW Grand California 600 2020 Test Camping

Damit uns der Strom in der freien Natur nicht zu schnell ausgeht, hatte unser Testwagen die für 1.892 EUR optional erhältliche Solaranlage mit 104 Watt Leistung an Bord. Diese entpuppte sich als wertvoller Begleiter. Auch an wirklich warmen Tagen blieben die Getränke im Kühlschrank kühl ohne dass wir uns um die Entladung der Batterie sorgen machen mussten. Wer möchte, kann den Grand California auch mit einer SAT-Anlage für TV-Empfang ausstatten. Wir hatten diese nicht an Bord, haben sie beim Camping-Familienurlaub aber auch nicht vermisst.

Die Seiten- und Dachfenster sind mit versenkbaren Moskitonetzen und Verdunklungen ausgestattet. Die Fenster im Fahrerhaus hingegen verzichten auf die marktüblichen Jalousien für die Verdunkelung. Im Grand California sind drei auf Maß geschneiderte Stofflacken enthalten, die an den Seitenscheiben mittels eingenähten Magneten fixiert werden. An der Fahrerseite wird das große Tuch an den Sonnenblenden angebracht und mittels Teleskopstangen auf das Armaturenbrett gespannt. Das erfordert anfangs etwas Übung, funktioniert nach kurzer Zeit dann aber ganz gut.

Vorne laut, hinten leise

VW Grand California 600 2020 Test Camping

Was jedoch verbessert werden könnte ist die magere Ausstattung an Lautsprechern. Unser Testwagen hatte das für 1677 EUR optional erhältliche Navigationssystem „Discover Media“ mit 8-Zoll-Touchscreen und vier Lautsprechern an Bord. Die Boxen befinden sich jedoch in der A-Säule und im unteren Teil der Türen im Cockpit. Damit die Kinder auf der Sitzbank während der Fahrt etwas von den über Apple CarPlay, Android Auto oder Bluetooth gestreamten Kinderhörspiele mitbekommen, muss die Lautstärke zum Leidwesen von Fahrer und Beifahrer unerfreulich laut eingestellt werden. Hier wären Lautsprecher über der Sitzbank und ein entsprechendes Fading nach hinten sinnvoll. Im Armaturenbrett ist lediglich ein USB-Anschluss, dafür jedoch zwei 12V Steckdosen vorhanden. Eine Induktive Ladeschale ist nur für das Staufach neben der Sitzbank im Fond erhältlich.

Diese hinteren Plätze sind mit einer Breite von 84cm sehr knapp bemessen. In unserem Fall mussten ein Kindersitz für den Dreijährigen und eine Sitzerhöhung für den älteren Bruder mit auf die Reise. Der Kindersitz fand Anschluss mit Isofix. Ohne die Verankerung rutschte die Sitzerhöhung auf der Außenposition aber von der Bank. Einfach mal bei einer Probefahrt ausprobieren.

Fahrdynamik steht beim Kauf eines Wohnmobils nicht ganz oben auf der Prioritätenliste. Der Grand California kann aber auch hier alle Ansprüche zufriedenstellen. Die aufgrund der enormen Höhe vermutete Anfälligkeit auf Seitenwind hat er bereits bei Fahrtbeginn im abendlichen Sturm auf der A9 gen Norden beiseite gewischt und durch ein sehr stabiles Fahrverhalten überzeugt.

Der Blick auf die Liste an optional erhältlichen Fahrassistenzsysteme kann dauern. Wer möchte, kann den Grand California mit allen gängigen Helferlein ausrüsten, wie Parklenkassisten, Anhängerssistent mit „Trailer Assist“, Geschwindigkeitsbegrenzer mit Distanzregelung, Lane Assist, Rückfahrkamera oder Müdigkeitssensor. Gerade der Lane Assist und die Distanzregelung machten den Grand California zu einem entspannten und sicheren Reisemobil auf den langen Autobahnetappen.

TDI mit 177 PS und Automatik

VW Grand California 600 2020 Test Camping

Der VW Grand California ist nur mit einer Motor-Getriebe-Variante erhältlich, einem Zweiliter-TDI in Verbindung mit einer Achtgang-Wandlerautomatik. Der Antrieb erfolgt über die Vorderräder – nur für den längeren 680 gibt es Allradantrieb gegen Aufpreis. Der Diesel leistet 130 kW / 177 PS und verbraucht laut WLTP-Norm 8,3 Liter auf 100 Kilometer. Bei den langen aber recht flotten Autobahnetappen lag der Testverbrauch zwischen 10 und 11 Liter. Wer die 162 km/h Höchstgeschwindigkeit häufiger ausnutzt, kann den Durst entsprechend in die Höhe treiben.

Unser Testwagen stand auf den serienmäßigen 6,5J x 16-Zoll Stahfelgen mit 235/60 Reifen. Wer möchte und Wert auf die Optik legt, kann für 1.832 EUR auch 6,5J x 17-Zoll-Leichtmetallfelgen mit Reifen der Dimension 235/60 ordern.

Problemthema Zuladung

VW Grand California 600 2020 Test Camping

Wie bei allen Wohnmobilen ist das Thema Zuladung auch beim Grand California präsent. Der 600er wiegt 2.996 kg. Bei einem zulässigen Gesamtgewicht von 3,5t ergibt sich somit eine maximale Zuladung von 504kg. Diese kann optional, für 690 EUR durch Auflastung auf 3,88t um weitere 300kg erhöht werden. Mit der gegen Aufpreis erhältlichen Anhängekupplung können nochmals 2.000kg als gebremste Anhängelast transportiert werden und somit ein Zuggesamtgewicht von 5,5 bzw 5,99t erreicht werden.

Preislich beginnt die Reise im Grand California 600 bei 57.774,50 EUR,die Langversion als 680 beginnt bei 59.999 EUR mit Front- bzw 65.331 EUR mit Allradantrieb. Unser Testwagen hat einen Preis von 78.780 EUR und meiner Meinung nach einem ausgewogenen Level an Ausstattungsoptionen an Bord. Während unserer Reise hat es uns an nichts gefehlt. Auch beim Campervan kann wer möchte auch die volle Hütte ordern und dadurch den Preis des Eigenheims auf Rädern an die 100.000 EUR Grenze treiben.

Fazit

VW Grand California 600 2020 Test Camping

Bauartbedingt geht es zu viert im inneren eines Campervans natürlich etwas enger zu als in einem Voll- oder Teilintegrierten Wohnmobil. Daher kann man hier dem Grand California keine Malus-Punkte anlasten. Was uns an dem Testwagen jedoch begeistert hat war die Qualität der Innenausstattung. Hier bemerkt man die Kompetenz und Qualitätsanspruch von VW gegenüber manchem Umrüster. Von denen können sich die Hannoveraner aber noch praktische Details wie mehr Haken oder eine Arretierung der Badezimmertür abschauen.

1989 kam der erste California auf Basis des T3 mit Heckmotor, wie alle Sondermodelle beworben als „die neueste Idee von Volkswagen“. Er legte den Grundstein für den bis heute andauernden Erfolg des Vans. Der Grand California schickt sich an, dass zu wiederholen. Nicht als Neuerfindung des Kastenwagens, aber immerhin als „allerneueste Idee von Volkswagen“.

Ein Text von Andreas Hof

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Text: Bernd Conrad
Bilder: Andreas Hof