Der Bentley wirkt nach dem Lifting wie sein eigener Chinaklon.
Aufmerksame Leser dieser digitalen Automobilpostille haben sicherlich bemerkt, dass der Bentley Flying Spur V8 im Fahrbericht durchaus zu gefallen wusste. Und das als Basismodell der britischen Volkswagen-Tochter. Nach dem Motto „ein bisschen mehr geht immer“ darf man sich aber auch im fliegenden Speer noch nach oben orientieren.
Über der Continental / Flying-Spur Baureihe steht in selbstherrlicher Präsenz das Modell Mulsanne in der Hierarchie. Der fast 5,6 Meter lange Viertürer stellt einen Fels in der Brandung schnelllebiger Automoden dar, ähnlich wie die ehemaligen Geschwister von Rolls Royce. Und das aus zwei Gründen.
Während überall hubraumverkleinerte und modular aufgebaute Motoren quer durch Konzernpaletten adaptiert werden, gönnen die Bentley-Macher ihrem Mulsanne weiterhin den klassischen Sechsdreiviertel: 6,75 Liter Hubraum (ganz exakt 6.752 ccm) geben dem V8 Bi-Turbo genug Freiheit, ordentlich Kraftstoff zu verbrennen, um mal eben 376 kW / 512 PS zu stemmen, als Speed-Version sogar 395 kW / 537 PS. In einem Konzern, in dem alle leitenden Angestellten die Buchstaben MQB auf die Hirnrinde tätowiert zu haben scheinen, erfreut dieser motorische Dinosaurier umso mehr.
Der zweite Grund ist die lange Halbwertszeit der Modellreihe. Sollen doch bodenständige Marken ständig Neuheiten bringen, der Mulsanne lässt nach fast sieben Jahren nun ein sanftes Lifting über sich ergehen. Das macht sich optisch vor allem mit einem neuen Stoßfänger ohne Fugen und sanft veränderten Heckleuchten, die jetzt das Bentley-B stilisieren, bemerkbar. Und einem neuen Kühlergrill.
Genau der stößt mir als großem Fan der durchaus umstrittenen Mulsanne-Optik aber sauer auf. Breiter ist er, massiver und somit nochmals dominanter. Ein bisschen möchte der Mulsanne damit auf Rolls-Royce machen, also mehr die Chauffeurlimousine heraushängen lassen. Leider erinnern die vertikalen Streben, die sich bis in den Stoßfänger ziehen, jedoch mehr an chinesische Kopierversuche von Honqi und Co. Nun gut, gerade dort hin wird sicherlich auch ein Großteil der Mulsanne-Produktion exportiert. Der bisherige Maschendraht-Grill hat auf jeden Fall besser zu den sportlichen Genen in der Bentley-DNA gepasst. Hier flieht der Mulsanne in die Arme seiner Abnehmer und verrät seine Abstammung. Schade.
Der chinesische Mulsanne-Kunde sitzt natürlich nur hinten rechts. Und deswegen kommt der Mulsanne mit dem neuen Modelljahr auch als Version mit verlängertem Radstand. 25 Zentimeter mehr Radstand hieven die Gesamtlänge des Mulsanne auf 5,83 Meter.
Natürlich wird auch in Sachen Infotainment aufgerüstet. Mit einem neuen Navigationsmodul, adaptivem Fernlicht und Totwinkelwarner steht die Limousine dem jüngst vorgestellten SUV Bentayga nicht nach. Damit kann sich der Fahrer gerne herumschlagen, der Chef hinten nutzt eines der beiden Android-Tablets, um in der großen weiten Welt des Internets mal nach dem Rechten zu sehen. Oder sei es, um diesen Auto Blog zu lesen.
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