Die vietnamesische Marke VinFast sucht einen Standort für ein Elektroauto-Werk in Deutschland.
Der vietnamesische Autohersteller VinFast geht den Tesla-Weg. Damit ist nicht die Konzentration auf Elektroautos, zumindest für den Export in Märkte außerhalb der Heimat gemeint. Sondern die Ausweitung des Produktionsnetzwerkes auf Märkte, in denen die Autos verkauft werden.
Im Rahmen der CES (Consumer Electronic Show) 2022 in Las Vegas hat VinFast eine Kooperation mit Germany Trade & Invest (GTAI) angekündigt. Gemeinsam mit dieser bundeseigenen Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing sucht VinFast den Standort für eine Autofabrik in Deutschland. Dort sollen, den Plänen der Vietnamesen zufolge, PKW und Busse mit Elektroantrieb produziert werden.
Werke in Deutschland und in den USA
Die neue Vorstandsvorsitzende von VinFast, Le Thi Thu Thuy, die auf den nach nur wenigen Monaten zurückgetretenen Michael Lohscheller folgte, erklärt: „Die Ära, in der man Autos weltweit mit dem Schiff transportiert, ist vorüber, besonders seit es Covid-19 gibt. Man muss die Fabriken in der Nähe der Märkte haben, um die Kunden wirklich zu gewinnen. Vin Fast will qualitativ hochwertige E-Fahrzeuge und eine besondere Kundenerfahrung zu erschwinglichen Preisen anbieten. Wir sind überzeugt, dass wir einen Platz im europäischen Markt finden, zumal die Umstellung auf Elektrofahrzeuge in Europa glasklar ist.“
Die geplante Autofabrik in Deutschland soll nicht das einzige Werk von VinFast außerhalb Vietnams bleiben. Im zweiten Halbjahr 2024 soll auch eine Produktionsstätte in den USA eröffnet werden. Die firmeneigene Batteriefabrik VinES in Vietnam, in die 173,3 Millionen US-Dollar investiert wurden, soll zügig ausgebaut werden. Das Unternehmen will die Kapazität von anfänglich 100.000 auf bis zu eine Million Batteriepacks pro Jahr steigern.
Der VinFast VF 8 im Video
Noch vor dem internationalen Marktstart seiner Elektroautos ändert VinFast die geplanten Typenbezeichnungen. Der VinFast VF e35 heißt künftig VF 8, der größere VF e36 wird zum VF 9. Auf der CES 2022 zeigen die Vietnamesen zudem weitere Modelle in Form von VF 5, VF 6 und VF 7. Für alle Baureihen plant VinFast eine Fahrzeuggarantie für den Zeitraum von zehn Jahren bis zu einer Laufleistung von 200.000 Kilometern. Damit übertrifft das Garantieversprechen auch die aktuellen Branchen-Benchmark von Kia (sieben Jahre bis 150.000 Kilometer).
Das kosten die Autos bei uns
Der 4,75 Meter lange VF 8 soll bei uns in der Basisversion Eco ab 43.900 Euro kosten, darüber rangiert die Plus-Version für 50.900 Euro. Diese Preise lassen sich aber nur über ein Mietmodell für den Akku realisieren, hierfür sind monatlich 120 Euro fällig. Wer mehr als 500 Kilometer im Monat fährt, muss extra zahlen oder ein teureres "Flexible"-Mietmodell für die Batterie ohne Kilometergrenze wählen. Sobald die Speicherkapazität der Batterie unter 70 Prozent des Ursprungswertes fällt, soll sie kostenlos ausgetauscht werden.
Im bereits allradgetriebenen Standardmodell Eco wird ein Elektroantrieb mit maximal 260 kW (354 PS) für Vortrieb sorgen. Außerdem wird es eine Variante mit 300 kW (408 PS) im VF 8 Plus geben, die ein Systemdrehmoment von 640 Newtonmetern bereitstellt. Damit geht es aus dem Stand in 5,5 Sekunden auf 100 km/h, während die schwächere Ausführung mit 5,9 Sekunden auch sehr fix ist. Beide Varianten sollen eine Höchstgeschwindigkeit von über 200 km/h erreichen.
Bis 504 km Reichweite
Die Reichweite wird mit bis zu 504 Kilometern angegeben, der geplante Normwert für den Stromverbrauch liegt bei 17,1 kWh je 100 Kilometer beim Basismodell. Eine genaue Angabe zur Speicherkapazität des Akkus steht noch auch. Für das Laden mit Wechselstrom, wo bis zu 11 kW Leistung möglich sein sollen, plant VinFast mit unter acht Stunden. Gleichstrom am Schnelllader soll in unter 24 Minuten den Ladezustand von zehn auf 70 Prozent erhöhen. Die Standardangabe der Autoindustrie ist eigentlich der Wert bis zu 80 Prozent State-of-Charge.
Die Ausstattung des Plus-Modells bietet etwas mehr Umfänge als der VF 8 Eco. Ein Panorama-Glasdach und echtes statt synthetisches Leder sind an Bord. Bei den Fahrassistenten, die zum großen Teil vom deutschen Zulieferer ZF entwickelt wurden, sind beide Varianten identisch. Automatisiertes Fahren nach Level 2+ (also inklusive Spurwechsel auf der Autobahn) sind möglich, ein skalierbares System soll spätere Upgrades für Level 3 erlauben.
Siebensitzer ab 58.650 Euro
Sieben Sitze bietet der 5,12 Meter lange VinFast VF 9. Bei ihm leisten beide Ausführungen 300 kW (408 PS). Er soll als „Eco“ ab 58.650 Euro kosten, als „Plus“, u.a. mit Sitzlüftung, Lederbezügen und Panoramadach ab 63.600 Euro. Bei ihm beträgt die Monatsrate für die Batteriemiete 150 Euro. Wer möchte, kann in beiden Autos den Akku auch kaufen, die Preise dafür sind aber noch nicht bekannt. Der Akku im Siebensitzer dürfte größer sein, denn bei ihm wird mit einem geplanten Normverbrauch von 17,3 kWh je 100 Kilometer eine Reichweite von maximal 550 Kilometern angegeben.
Wechselstrom kann der VinFast VF 9 mit maximal 11 kW laden, als Standzeit für eine Vollladung werden bis zu 11 Stunden angegeben. Am Schnelllader parkt man laut Werksangabe unter 26 Minuten. Achtung: Auch hier wird der Wert für eine Ladung von zehn auf 70 Prozent State-of-Charge angegeben.
Mit speziellen Kundenprogrammen will VinFast potenzielle Kunden zur frühen Bestellung von Autos bringen. Je nach Paket bekommt man beispielsweise einen Urlaub in einem der konzerneigenen Ferienressorts in Vietnam als Dreingabe. Blockchain-Technologie wird von VinFast als Grundlage für die Online-Reservierungen und die Bezahlung der Fahrzeuge genutzt. Nach Abschluss der Reservierung erhält mal ein NFT (Non-Fungible Token, einzigartige Zeichnung) als Zertifikat. Beim Service der Fahrzeuge folgt VinFast dem Weg der koreanischen Premiummarke Genesis. Ist eine Wartung fällig oder steht eine Reparatur an, wird das Auto beim Kunden abgeholt und ihm im Anschluss wieder gebracht.
24.000 Reservierungen in 48 Stunden
VinFast berichtet nach der Öffnung der Reservierungsmöglichkeit, dass innerhalb von 48 Stunden über 24.000 Reservierungen für die Modelle VF 8 und VF 9 eingegangen sind (Stand 8. Januar 2021). Die genaue Zahl von 24.308 setzt sich aus 15.237 Reservierungen für den VF 8 zusammen, 9.071 entfallen auf den größeren VF 9. Aus welchen Ländern wie viele Reservierungen kommen, wird nicht aufgeschlüsselt.