Erste Fahrt im neuen BMW Alpina B3 Touring mit 462 PS starkem Reihensechszylinder.
2010 war Schluss. Zumindest „ab Werk“. Damals lief der letzte BMW M5 Touring, interne Baureihenbezeichnung E61, vom Band. Nach knapp über 1.000 Exemplaren. Die Limousine wurde fast 20-mal öfter verkauft. Die leistungshungrigen Kunden im Ausland standen und stehen halt mehr auf Limousinen – wenn sie mittlerweile nicht eh zum SUV greifen.
Kein Touring von der M GmbH
Der Umweg über den M5 sei erlaubt, um den Haken zum M3 zu schlagen. Auch vor dem Start des neuen Modells wünschen sich die deutschen M-Kunden wieder einen M3 Touring – aber den wird es weiterhin nicht geben. Zumindest unter dieser Bezeichnung. Kenner wissen – ihr Verkaufsberater sollte einfach mal in Buchloe, eine knappe Stunde südlich von München anrufen. Dort bauen sie seit 1965 schnelle Autos auf BMW-Basis, seit 1983 sogar mit dem offiziellen Status als Automobilhersteller.
Präzise finden die Allgäuer Nischen im Modellprogramm und den Abstimmungen der BMW-Modelle, die sie dann besetzen. Und das recht zügig, auch das Timing soll ja zu den Autos passen. Noch bevor BMW den neuen M3 (G20) zeigt, fährt der neue BMW Alpina B3 vor.
S58 als BMW-Rumpfmotor
Den könnte man als gepimpten M340i xDrive abtun, tritt damit aber zielsicher ins Fettnäpfchen. Etwas mehr Aufwand wurde in den Alpina-Entwicklungsbüros schon betrieben. Der neue B3 nutzt den bei BMW S58 genannten, doppelt aufgeladenen Dreiliter-Reihensechszylindermotor. Er stammt von der BMW M GmbH und wird dort aktuell in die SUV-Modelle X3M und X4M eingebaut.
Ein paar Pferdchen bleiben bei der Adaption in den 3er außen vor. Mit 462 PS liegt das Leistungsniveau des BMW Alpina B3 aber oberhalb dessen, was die meisten Menschen im Alltag wirklich benötigen. Der serienmäßige Allradantrieb und das elektronisch geregelte Hinterachsdifferenzial sorgen für bestmögliche Traktion der Pirelli P Zero.
Der Zeitvorteil zum neuen M3 ist nicht der einzige. Denn als BMW Alpina B3 ist das das potente Mittelklassemodell auch als Touring (G21) zu haben. In diesem Outfit trat er zur ersten Ausfahrt an.
Die Fahrt beginnt im Comfort-Modus. Lammfromm schnurrt der Sechszylinder vor sich hin, die vierflutige Abgasanlage ist präsent aber nie vorlaut. Beim Zucken des rechten Fußes stürmt der Touring voran. Zeigt, dass er mehr ist als ein „normaler BMW“.
Änderungen an Getriebe und Fahrwerk
Über den Fahrerlebnisschalter (danke, BMW für dieses schöne und Denglisch-befreite Wort) ist fix der Sportmodus aktiviert. Jetzt grollt es bassiger vom Fahrzeugboden. Wird auf der Landstraße Gas weggenommen, sorgt die Klappensteuerung für dumpfes Brabbeln. Aber auch hier bleibt der B3 stets diesseits des guten Geschmacks. Menschen, denen ein M-Modell zur vorlaut ist, bekommen hier vielleicht genau das, was sie sich wünschen.
Alpina beließ es nicht einfach bei der Adaption des Motors. Zulieferer ZF steuert eine überarbeitete Version des auch hier famosen Achtgang-Automatikgetriebes bei. Neue Antriebswellen stecken im 3er-Kleid (vorne eine Eigenentwicklung, hinten das Bauteil aus dem BMW M5). Das Kühlsystem, dessen Infrastruktur bis zu einer aus Aluminium statt Kunststoff gefertigten Ölwanne reicht, ist ebenfalls eine Alpina-Spezialität. Ebenso eine geänderte Aufladung.
Drei Runden Bilster Berg
Federn und Stabilisatoren steuert Eibach bei, Alpina schraubt 19 oder 20 Zoll große Räder daran. Die Spreizung der Abstimmung ist in den einzelnen Fahrmodi spürbar und darf damit als gelungen gelten. Auf Landsträßchen dritter Ordnung wird es dann im Sport-Modus aber doch rumpelig.
Flickenlos liegt die Rennstrecke am Bilster Berg in der Sommersonne. Umstieg in einen anderen BMW Alpina B3. Auf dem 4,2 Kilometer langen Rundkurs zeigt der Sportkombi, was 700 Newtonmeter maximales Drehmoment, die bei 2.500 U/min anliegen, bedeuten.
Aus der letzten Linkskurve vor der Start-Ziel-Geraden beschleunigt der Touring ansatzlos heraus. Der Allradantrieb sorgt für optimale Traktion, dazu donnert es freudig aus den Endrohren. Die Sinne wähnen dich am Rand eines Gewittertiefs. Genau dort, wo die Luftmasse den Sturm anschubst und das Donnergrollen Luft holt.
300 km/h Höchstgeschwindigkeit stehen in den Papieren des BMW Alpina B3 Touring, die Limousine schafft 303 km/h. Serienmäßig. Nicht wie bei BMW M abgeregelte 250 km/h, die man sich dann gegen Aufpreis freischalten lassen kann.
Ein günstiges Vergnügen will so ein Sport-BMW für Kenner dann aber doch nicht sein. 83.050 Euro kostet der B3 Touring. Auf Wunsch kann man in der firmeneignen Sattlerei mit speziellem Leder und allerlei weiteren Optionen, auch denen aus der BMW-Preisliste, auch eine sechsstellige Summe daraus machen.
Der letzte BMW M3 war circa 10.000 Euro günstiger, dürfte aber mit dem kommenden G20-Modell aufschließen. Und vielleicht in Sachen Lärm wieder knapp über das Ziel hinausschießen.
Fazit zum BMW Alpina B3 Touring
Vor allem als Touring besetzt der B3 eine kleine, aber feine Lücke im BMW-Modellprogramm. Mehr als ein paar hundert Autos lässt Alpina pro Jahr bei BMW nicht bauen. Der starke und schnelle Sportkombi tritt selbstsicher auf, bleibt auf Wunsch aber diskret und ist nur für Kenner zu identifizieren. Vor allem dann, wenn man das Alpina-Dekor an den Flanken weglässt.
Und was ist jetzt mit dem größeren M5 Touring. Auch den gibt es. Als BMW Alpina B5 Touring mit 621 PS. Aber das wäre vielleicht mal eine eigene Geschichte wert…
Weltlicher 3er im Video: BMW 330i Touring
Technische Daten
BMW Alpina B3 Touring |
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Hubraum | 2.993 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 6 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 340 kW / 462 PS bei 5.500 - 7.000 U/min |
Max. Drehmoment | 700 Nm bei 2.500 - 4.500 U/min |
Getriebe | Achtgang-Automatik |
Beschleuningung 0-100 km/h | 3,9 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 300 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 10,9 Liter (WLTP) |
Grundpreis | 83.050 Euro |