Mein erstes Mal Ferrari: Ausfahrt im California T
Große Momente bekommen das Vorspiel, das sie verdienen. Meine erste Fahrt in einem Ferrari beginnt mit einem Handgriff mehr als in anderen Autos: Erst steckst Du den überraschen schlichten Zündschlüssel ins Schloss, dann erweckst Du die Maschine mit Druck auf den Startknopf im Lenkrad zum Leben. Willkommen im Ferrari California T!
Der 2+2-sitzige Klappdach-Ferrari ist das Einstiegsmodell in den automobilen Sportwagenhimmel. Wobei dieser Begriff natürlich nur von diesem hohen Ross betrachtet einigermaßen gilt. Wo Ferrari anfängt, hängen bei anderen Herstellern die Leuchtturmprojekte, die sportlichen Topmodelle, als Poster in den Kinderzimmern: Der Audi R8 etwa oder der Porsche 911 Turbo.
Im Jahr 2014 hat Ferrari dem California nicht nur ein Facelift verpasst, sondern ihm auch einen neu konstruierten, aufgeladenen 3,9 Liter V8 mit 560 PS hinter die Vorderachse gepflanzt. Der bollert jetzt angriffslustig vor sich hin.
Per Tastendruck („Auto“) holt man das 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe aus der Parkposition. Bevor die Hände am Lederlenkrad feucht werden, rutscht der Fuß von der Bremse und es geht los. Und zwar überraschen normal. Schon auf den ersten Metern bin ich um eine Erfahrung reicher: ein Ferrari kann auch nur ein Auto sein – und das im positiven Sinne. Nach einem beeindruckenden Markenerlebnis mit Kimi Räikkönen auf der Rennstrecke räumt der Ferrari California T jetzt in freier Wildbahn mit einer Handvoll Vorurteilen auf.
Zickig? Ist maximal die Beifahrerin, das ist aber je nach Kunde unterschiedlich. Laut? Kann der California T auch sein, wenn man den Sportmodus im Lenkrad anwählt und die Klappen in der Abgasanlage den akustischen Angriffsmodus starten. Klapprig? Aber-so-was-von-gar-nicht. Auch auf Landstraßen mittlerer Güte gibt sich der offene California T verwindungssteif, nichts zirpt oder raschelt.
Schnell? Auf jeden Fall! In Maranello müssen sie schon einige Stunden und Tage damit verbracht haben, dem V8 das Turboloch weg zu massieren. Das maximale Drehmoment von beeindruckenden 755 Nm liegt auch erst bei 4.750 Umdrehungen pro Minute an, die maximalen 560 Pferde werden bei 7.500 U/min losgelassen. Der Effekt ist entsprechend: Das Auto stürmt in Richtung Horizont, der Ferrari-typische Motorsound liefert den perfekten Soundtrack, ohne aber selbst auf längeren Strecken zu präsent auf das Trommelfell zu hämmern.
Denn auch weitere Distanzen lassen sich im Ferrari California T prima unter die Räder nehmen. Entspanntes Gleiten auf der Autobahn im Tempobereich zwischen 150 und 170 Stundenkilometer macht bei Wochenendverkehr auch Sinn: denn der typisch-deutsche Autofahrer lässt Dich am Steuer eines Ferrari leider oft die Neidkultur spüren: Da wird kilometerlang die linke Spur blockiert und am Ende wundern sich Erwin & Co doch noch, dass der Ferrari-Pilot nicht wild aufgeblendet und gedrängelt hat. Auch wenn Du tief auf den bequemen Sitzen mit den etwas zu kurzen integrierten Kopfstützen im Ferrari California T sitzt, stehst Du da drüber.
Auf der Landstraße reichen die erlaubten 100 m/h, um Dir ein Grinsen ins Gesicht zu meißeln. Die Einbauposition des Motors hinter der Vorderachse (Front-Mittelmotor) trägt zur fast ausgeglichenen Verteilung der 1.625 Kilogramm Trockengewicht bei: 47% vorne, 53% hinten. Das merkt man in schnelleren Kurven und Kehren. Druckvoll treibt das hohe Heck, das ja genügend Raum für das elektrisch versenkbare Klapp-Hardtop bieten muss, den Keil ums Eck, übersetzt dabei fast simultan die Kurvenlinie in eine für das Fahrerhirn verständliche Sprache.
Die großen, aus vollem Metall gefrästen Schaltwippen bleiben meist arbeitslos, das Doppelkupplungsgetriebe ist stets aufmerksam mit der richtigen Zahnradpaarung zur Stelle. An die Bedienung der Lenkradtasten hat man sich fix gewöhnt: auch der Blinker wird per Druckknopf bedient, ein Lenkstockhebel fehlt.
Auch in der Mittelkonsole lässt sich der Ferrari California T gerne befummeln. Das Infotainment samt Navigation und direkt anwählbarer Apple Car Play – Funktion steckt hinter einem gut ablesbaren Touchscreen-Monitor, darüber zwischen den satt rastenden Lüftungsdüsen befindet sich die „Turbo-Performance-Engineer“-Anzeige, bei der man per Fingerkontakt Informationen wie die aktuell bereitgestellte Leistung oder den Turboladerdruck abrufen kann.
Das wichtigste Unterhaltungselement ist aber nach wie vor mechanisch: Der Motor, das Fahrwerk, die Gasannahme – das ganze Auto!
Mein erster Kontakt mit einem Ferrari führte zwar über das Einstiegsmodell der Marke, zeigte mir aber schon hier einen ausgereiften und bissigen Sportwagen, wie man ihm im zurückhaltend silberlackierten California T auf den ersten Blick gar nicht vermutet. Ein herrlicher Wagen für die große Tour – die mit kompaktem Gepäck gerne auch über eine Rennstrecke führen darf. Dem Sportwagenhimmel ist man im California T ganz nah, selbst bei geschlossenem Dach.
Technische Daten
Ferrari California T |
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Hubraum | 3.855 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | V8 |
Maximale Leistung kW / PS | 412 kW / 560 PS bei 7.500 U/min |
Max. Drehmoment | 755 Nm bei 4.750 U/min |
Getriebe | 7-Gang-Doppelkupplung |
Beschleuningung 0-100 km/h | 3,6 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 316 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 10,5 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 13,2 Liter (laut Bordcomputer) |
Leergewicht | 1.625 kg (Trockengewicht) |
Länge / Breite / Höhe | 4.570 / 1.910 / 1.322 mm |
Grundpreis | ca. 185.000 Euro |