Genesis Electrified G80 / New Mobility Rallye Bequem, hier hinten

Erst Rallye, dann Langstrecke und Schnellladen. Der elektrische Genesis G80 im speziellen Test mit Video-Review.

„Dabei sein ist alles.“ Dieses Motto begleitete uns schon bei der Idee zur erneuten Teilnahme an der Elektroauto-Rallye der Motor Presse Stuttgart (Verlag u.a. von „auto motor und sport“, MO/OVE, Auto/Straßenverkehr). Mit dem leicht geänderten Namen New Mobility fand die Veranstaltung in diesem Jahr an einem anderen Ort statt, wir traten unter neuer Flagge an.

Der Genesis Electrified G80 im Video

2021 haben wir mit dem Hyundai Ioniq 5 unverhofft gewonnen , feierten den ersten Platz in der Kategorie Elektroautos und den zweiten Rang in der Gesamtwertung hinter Rallye-Meisterin Isolde Holderied. Aus dem gleichen Konzern kommt die Marke Genesis. Ganz neu ist der Electrified G80 auf dem Markt, eine lokal emissionsfreie Oberklasse-Limousine. Die Teilnahme an der Rallye bot eine gute Gelegenheit, dem G80 nach dem Fahrbericht genauer auf den Zahn zu fühlen.

Über eine Strecke von 150 Kilometern legte sich die Route der Veranstaltung durch Baden-Württemberg. In jedem Ort herrscht – meist strikt kontrolliert- Tempo 30, abgelöst von kurvigen Landstraßen. Die schwere Limousine konnte also fleißig rekuperieren, aber auch die Kraft der beiden bis zu 136 kW (185 PS) starken Elektromotoren und das Drehmoment von 700 Newtonmetern ausspielen. Trotzdem blieb der Verbrauch auf überraschend niedrigem Niveau. Laut Anzeige des Bordcomputers pendelte er sich bei Werten knapp unter 20 kWh je 100 Kilometer ein.

Jeder macht mal Fehler

Teilweise verpatzte Wertungsprüfungen, beispielsweise bei Fragen (wer weiß auswendig, wieviel Öffnungen die erste Lochkarte von SAP hatte?) und ein Navigationsfehler von mir als Fahrer haben uns früh von der Möglichkeit auf eine vordere Platzierung verabschiedet. Zudem haben wir uns Zeit für die aufwendige Video-Produktion genommen und sind 10 Minuten nach unserem Soll-Zeitfenster ins Ziel der Rallye eingelaufen. Das Ergebnis: Rang 44 von 47 Teilnehmern. Wie gesagt: Dabei sein ist alles.

Zurück zum Auto: Obwohl der Genesis Electrified G80 auf einer umgebauten Verbrenner-Plattform sitzt, hat er einen mit 87,2 kWh sehr großen Akku und modernste 800-Volt-Technologie zum schnellen Laden. Dazu später mehr. Abstriche muss man mit dem recht kleinen (354 Liter) und ungünstig geformten Kofferraum hinnehmen. Große Menschen sitzen außerdem zu hoch über dem Lenkrad. Ampelanlagen sind ohne Verrenkungen nicht einsehbar, zumindest dann, wenn man auf Pole Position steht. Das gelingt im G80 mit Benziner besser, da hier kein Akku im Boden steckt.

Vor allem mit dem genannten Fahrprofil zeigt sich die automatische Funktion zur Energierückgewinnung von ihrer besten Seite. Der Genesis verzögert ohne Betätigung der Bremsen vor anderen Verkehrsteilnehmern und Kreuzungen, sorgt für einen entspannten Fahrfluss. Wer mag, kann über die Schaltpaddles am Lenkrad die Rekuperationsstufen frei wählen.

Bei langsamer Fahrt über Querfugen und Asphaltflicken wirkt der Federungskomfort des großen Koreaners manchmal recht steif. Das ändert sich spätestens auf der Landstraße, wenn er seine Insassen sanft wiegend in Richtung Horizont begleitet.

Komfortabel auf der Langstrecke

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Auf der Autobahn wird er somit zum Komfort-Express. Passagiere im Fond beklagen aber kaum Platz für die Füße unter den Vordersitzen, auch das ist dem Akku im Boden geschuldet. Sind die Displays an den Sitzlehnen, Teil eines Optionspakets, montiert, kann man Flugzeugatmosphäre genießen. Dann nämlich, wenn man die Frontkameraansicht aktiviert und hinten rechts (oder links) vor das Auto blicken kann. Auch, wenn der Genesis Electrified G80 mit bis zu 225 km/h den Asphalt unter die Räder nimmt.

Die maximale Längsdynamik des Autos haben wir aber nur kurz ausprobiert. Auf dem Heimweg von der New Mobility Rallye ist der Elektro-G80 meist im Tempobereich von 120 bis 170 km/h im Verkehr mitgeschwommen. Entspanntes Reisen also (vor allem mit der Sitzmassage! Lieblingsprogramm des Autors: Becken-Dehnung) aber mitnichten Windschatten-Schleicherei hinter Lkw.

Wie schnell lädt der Genesis?

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Mit 18 Prozent Ladezustand des Lithium-Ionen-Akkus rollten wir am Autohof zum Aral-Schnelllader. Die maximale Reichweite von 520 WLTP-Kilometern und 410 Kilometern nach Bordcomputer-Anzeige haben wir also nicht ausgereizt. Das lag vor allem an in diversen Apps angezeigten Schnelllademöglichkeiten entlang der Route. Auch das Navigationssystem des Genesis zeigt Stromtankstellen an, übernimmt die Ladezeiten aber leider nicht in eine intelligente Routenführung.

Nach dem Anstecken schnellte die Ladeleistung fix auf 170 kW hoch, gipfelte dann bei 173 kW. Nach 19 Minuten wären 80 Prozent Füllstand erreicht. Weil es uns aber hungerte, stand der Genesis dann doch unverhofft länger am Kabel, schlug sich sogar den kompletten Stromspeicher mit Elektronen voll.

Die 800-Volt-Technologie ermöglichte also eine relativ hohe Ladeleistung, dennoch blieben die theoretisch möglichen 240 kW in weiter Ferne. Lag es daran, dass an den Säulen nebenan (nicht am selben HP-Charger) ein Audi e-tron und ein Porsche Taycan ebenfalls Strom nuckelten.

Nach der nächtlichen Ankunft sollte das direkt überprüft werden. Ganz allein stand der Genesis an der Fastned-Ladestation, der Ladevorgang begann mit 20 Prozent State-of-Charge. Auch hier das gleiche Spiel, 176 kW wurden erreicht und auch gehalten. Mehr aber nicht. Keine Überraschung: Nachdem die Batterie zu 80 Prozent gefüllt ist, sinkt die Ladeleistung rapide ab, bleibt dann bei Werten um 40 kW. Am Wochenende durfte der G80 dann auch mal an der öffentlichen 22-kW-Säule entspannen. Laden ohne Stress für den Akku. Von Beginn an hielt das Elektroauto 11,2 kW Ladeleistung und damit die Werksangabe ein.

Wo bleibt der Bass?

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767 Kilometer nach dem Start der Rallye hinterlässt der Genesis Electrified G80 einen guten Eindruck. Die Performance des Elektroantriebs reicht voll uns ganz aus, der Fahrkomfort auf Langstrecken ist gediegen. Die Verbindung aus einem recht geringen Verbrauch (22,2 kWh im Schnitt, reiner Autobahnverbrauch 25 kWh) bringt in Verbindung mit dem großen Akkupaket brauchbare Reichweiten.

Neben der zu hohen Sitzposition bleibt eigentlich nur das Audiosystem als zweiter Kritikpunkt. Die Lexicon-Anlage (zugeliefert von Harman ) wirkt arg bassarm und sorgt für eher mauen Klang. Das dürfte eine Modellpflege doch problemlos ändern können.

Das kostet der elektrische G80

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Mit einem Grundpreis von 69.200 Euro liegt der Genesis Electrified G80 knapp unter dem Niveau eines vergleichbaren Mercedes EQE. Gratis gibt es bei den Koreanern den Hol- und Bringdienst für fünf Jahre von der Probefahrt über die Auslieferung bis zum Service. Auch die Wartungskosten sind über diesen Zeitraum abgegolten.

Trotzdem zeigt auch der Konfigurator von Genesis, dass die Koreaner hier eine Premium-Marke im Portfolio haben. Viele leckere Extras wie Matrix-LED-Scheinwerfer, Head-up-Display und mehr gibt es in Optionspaketen, die teilweise hohe Aufpreise kosten. Der Testwagen auf den Bildern und im Video kommt so auf einen Listenpreis von 82.210 Euro. Rabatte gibt es bei Genesis übrigens grundsätzlich nicht, dafür aber eben das Fünfjahres-Sorglospaket.

Fazit

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Auch auf den hinteren Rängen kann es bequem sein. Das gilt nicht nur fürs Kino, sondern auch für unsere Platzierung bei der New Mobility Rallye. Und gewiss auch für den Genesis Electrified G80 in den Verkaufshitlisten. Importmarken haben es im automobilen Oberhaus bei uns schwer. Abseits des Mainstreams bekommt man mit der Limousine aber ein komfortables, schnelles Reiseauto mit Elektroantrieb samt hoher Ladeleistung. Der Ansporn, doch einmal die vollen 240 kW zu erreichen, bleibt bestehen. Bald wieder in diesem Theater?

Technische Daten

Genesis Electrified G80 Luxury Line

Antrieb Elektrischer Allradantrieb
Getriebe Eingang-Reduktionsgetriebe
Elektromotor vorn: Maximale Leistung kW 136 kW (185 PS)
Elektromotor hinten: Maximale Leistung kW 136 kW (185 PS)
Systemleistung: kW / PS 272 kW (370 PS), 700 Nm
Batterie 87,2 kWh Lithium-Ionen
Maximale Ladeleistung Gleichstrom (DC) 240 kW
Ladeleistung Gleichstrom (DC) im Test 176 kW
Maximale Ladeleistung Wechselstrom (AC) 11 kW (dreiphasig)
Ladeleistung Wechselstrom (AC) im Test 11,2 kW
Beschleuningung 0-100 km/h 4,9 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 225 km/h
Norm-Verbrauch kWh / 100 km 19,1 kWh
Realer Verbrauch im Testzeitraum kWh/100 km 22,2 kWh
Reifenmarke und –format des Testwagens Michelin Pilot Sport 4 245/45 ZR19
Leergewicht 2.325 kg
Länge / Breite / Höhe 5.005 / 1.925 / 1.470 mm
Grundpreis 69.200 Euro
Testwagenpreis 82.210 Euro
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Matthias Gill, Bernd Conrad