Der neue Genesis G70 Shooting Brake als Diesel und Benziner im ersten Fahrbericht mit Video-Review.
Eines kann man den Strategen bei Genesis nicht vorwerfen, und das ist Halbherzigkeit. Fünf Jahre nach dem Start der Marke als eigenes Premium-Label der Hyundai Motor Group wird Europa ins Visier genommen. Dabei überlässt das Management nichts dem Zufall.
Neben einer breit angelegten Marketingkampagne für die vier Modelle zum Marktstart in Deutschland, Großbritannien und der Schweiz schiebt Genesis jetzt auch ein „eigens für Europa entwickeltes Modell“ hinterher. Dabei handelt es sich aber nicht um eine eigenständige Baureihe, sondern um eine Karosserievariante. Und die ist schlau gewählt, denn dieser Genesis dürfte für die meiste Aufmerksamkeit sorgen.
Der G70 Shooting Brake im Video
In der Premium-Mittelklasse will Genesis die für Neues offenen „User Chooser“ unter den Firmenwagenfahrern und Freiberufler nicht nur mit der G70 Limousine ködern. Mit dem neuen Genesis G70 Shooting Brake fährt eine Steilheckvariante vor, die vor allem im Kombimarkt Deutschland den Absatz anschieben wird.
Die Bezeichnung verrät es schon: Der neue Koreaner will kein Raumwunder sein. Das schafft er schon aufgrund der Basis nicht. Im Fond ist bereit die Genesis G70 Limousine eher eng, bietet außerdem einen nur 330 Liter großen Kofferraum. Der wächst im Shooting Brake auf immerhin 465 Liter, ist zudem über die große Heckklappe besser nutzbar. Wird die dreigeteilte Lehne der Rücksitzbank umgeklappt, stehen bis zu 1.535 Liter Ladevolumen zur Verfügung. Eine Auskleidung des Kofferraums, auch an den Seitenwänden, mit Teppich zeugt vom hohen Anspruch der Marke.
Außen schick, innen modern
Für viele Genesis-Kunden dürfte aber vor allem das Design des Shooting Brake die Kaufentscheidung zuungunsten der Limousine beeinflussen. Mit dem großen Dachspoiler und der seitlich umgreifenden Heckscheiben-Optik wirkt der G70 Shooting Brake in der Tat verlockend.
Im Cockpit wartet ein 10,25 Zoll großes Infotainment-Display mit logischer Menüstruktur. Der Touchscreen ist das zentrale Interface für die Interaktion von Mensch und Maschine. Der fehlende Drehregler auf der Mittelkonsole zeigt, dass der G70 im Vergleich zu den größeren Genesis-Baureihen eine ältere Konstruktion ist, zum Europastart bekam er ein Facelift. Mit physischen Tasten für die direkte Anwahl wichtiger Menüebenen und Drehreglern für die Audiolautstärke und Feintuning von Kartenmaßstab oder Musikprogramm ist aber auch im Mittelklassemodell alles selbsterklärend.
Im Rahmen eines optionalen Technik-Pakets bringt der Genesis G70 ein 12,3 Zoll großes, digitales Kombiinstrument mit einstellbarer 3D-Optik mit. Damit lassen sich die Anzeigen in zwei Ebenen darstellen. Für Freunde moderner Technik ist das eine nette Spielerei, ohne dass aber ein wirklicher Zusatznutzen vorhanden ist. Trotzdem lohnt sich das 3.570 Euro teure Optionspaket. Denn hier sind auch adaptive LED-Scheinwerfer, ein gutes Head-up-Display, Einparksensoren vorne und 360-Grad-Kameransicht sowie eine induktive Ladeschale für das Smartphone enthalten. Highlight ist aber der Totwinkelassistent mit Anzeige von Kamerabildern im Kombiinstrument. Das macht Abbiegevorgänge und Spurwechsel deutlich sicherer.
Hoher Verbrauch beim Benziner
Zur ersten Ausfahrt mit dem Genesis G70 Shooting Brake schnappen wir uns den Benziner mit 180 kW / 245 PS. Im Basismodell Premium Line gibt es den konzernweit eingesetzten Motor auch mit 197 PS, bei Sport Line und Luxury Line (der silberne Testwagen) mit der höheren Leistung.
Der Vierzylinder ist mit einem maximalen Drehmoment von 353 Newtonmetern, die von einer Achtgang-Automatik verwaltet werden, ausreichend kräftig. Dabei reißt er aber keine Bäume aus. Gleiten als Rasen liegt dem G70 2.0T besser. Dann fällt der bei höheren Drehzahlen recht raue Motorlauf weniger auf und der Verbrauch kann zumindest etwas gesenkt werden.
Im Test des G70 als Limousine flossen dort 10,8 Liter je 100 Kilometer in die Brennräume. Der Bordcomputer des Shooting Brake zeigte auf Landstraßen und tempolimitierten Autobahnen in Portugal Werte knapp über 10 Liter an.
So fährt sich der Diesel
Elektrifizierte Antriebe gibt es nicht, wohl aber einen Diesel. Umstieg in den Selbstzünder. Der Sonne-Wolken-Mix des Himmels über der Atlantikküste hat sich mittlerweile in peitschenden Regen verwandelt. Gut, dass die Lackierung in „Havanna Red“ des Diesel-Testwagens ein bisschen Farbe ins Spiel bringt. Als Sport-Line bringt er zudem eine Brembo-Bremsanlage mit roten Bremssätteln mit, die 19-Zoll-Felgen kosten Aufpreis.
Der Genesis G70 Shooting Brake Sport-Line fühlt sich auf den gleichen Teststrecken etwas straffer an als die Luxury-Line. Dennoch bleibt genug Komfort, adaptive Dämpfer (die nicht lieferbar sind) werden nicht vermisst.
Der Dieselmotor mit 2,2 Litern Hubraum leistet 147 kW / 200 PS. Sein Arbeitsprinzip ist dank guter Dämmung zwar erkennbar, aber nie störend. Mit einer wuchtigen Drehmomentwelle von 440 Newtonmetern schiebt der druckvoll an. Dieser Charakter passt gut zum dynamischen Auftritt des G70 Shooting Brake Sport-Line.
Ohne optionalen Allradantrieb, der mehr Reibung und mehr Gewicht bringt, verbrauchte der Diesel im Rahmen des Testtages 8,5 Liter Sprit je 100 Kilometer. Sparsamer als der Benziner ist er also, aber auch kein Verbrauchswunder. Wo sich der Durst im deutschen Fahralltag einpendelt, muss ein späterer Test klären.
Das kostet der G70 Shooting Brake
Die Preisliste der neuen Karosserievariante startet bei 40.300 Euro. Der Genesis G70 Shooting Brake ist also 1.200 Euro teurer als die Limousine. Dafür bekommt man mehr Kopffreiheit im Fond, einen größeren Kofferraum mit besserer Variabilität und, je nach Auge des Betrachters, ein individuelles Design.
Zum genannten Tarif steht der 197-PS-Benziner in Basisausstattung vor der Tür, immerhin direkt zum Kunden geliefert und mit fünf Jahren Garantie sowie ebenso langem Wartungspaket ausgestattet. Mehr Leistung und mehr Ausstattung kostet auch bei der südkoreanischen Premiummarke Aufpreis. Der G70 Shooting Brake 2.0T AWD Luxury Line in der hier gezeigten Testwagen-Konfiguration kostet 61.190 Euro, der roten Diesel 56.930 Euro.
Die deutsche Konkurrenz in Form von Audi A5 Sportback, BMW 3er Touring oder 4er Grand Coupé sowie Mercedes-Benz C-Klasse ist mit vergleichbarer Ausstattung um fünfstellige Beträge teurer. Trotz Lieferengpässen könnte es hier aber auch weiterhin Rabatte geben, während Genesis mit Fixpreisen arbeitet. Das verhagelt im Moment zumindest noch die Leasingraten für den G70 im Vergleich zu den Mitbewerbern.
Fazit
Schön, dass Genesis in Europa nicht nur auf SUV setzt. Der G70 Shooting Brake spielt die Rolle als Markenbotschafter ziemlich gut. Mit seinem Design dürfte er viele Interessenten anlocken. Wer weniger Wert auf viel Platz im Fond und einen riesigen Kofferraum legt, kann mit dem Koreaner eine feine Alternative zum Firmenwagen-Allerlei wählen, bei dem der Selbstzünder gut zum Charakter des Autos passt.
Einer weiten Verbreitung stehen aber wohl die recht hohen Leasingraten im Weg. Außerdem dürften die Verbräuche von Benziner und Diesel gerne geringer ausfallen.
Technische Daten
Genesis G70 Shooting Brake 2.0T Plus AWD // 2.2D RWD |
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Hubraum | 1.998 // 2.199 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 180 kW / 245 PS bei 6.200 U/min // 147 kW / 200 PS bei 3.800 U/min |
Max. Drehmoment | 353 Nm bei 1.450 - 3.500 U/min // 440 Nm bei 1.750 - 2.750 U/min |
Getriebe | Achtgang-Automatik |
Tankinhalt | 60 Liter |
Beschleuningung 0-100 km/h | 6,9 // 7,7 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 235 // 225 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 9,3 - 9,6 // 6,8 - 6,9 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 10,3 Liter // 8,5 Liter (lt. Bordcomputer) |
Leergewicht | 1.787 // 1.810 kg |
Anhängelast (gebremst) | 1.500 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.685 / 1.850 / 1.400 mm |