Der neue Kia EV6 im ersten Fahrbericht mit Video-Review. Was unterscheidet ihn vom Hyundai Ioniq 5?
Die südkoreanische Hyundai Motor Group erweitert ihr Modellprogramm an Elektroautos auf Basis der neuen E-GMP-Architektur (Electric Global Modular Platform) mit eiligen Schritten. Alle drei Konzernmarken werden bis Ende 2021 entsprechende Modelle vorweisen können. Die Premiumtochter Genesis mit dem GV60 genannten Modell zumindest als serienfertiges Fahrzeug. Der Hyundai Ioniq 5 steht bereits beim Händler und in den Garagen oder Carports der ersten Kunden. Im Herbst beginnt Kia mit der Auslieferung des EV6.
Der Kia EV6 im Video
Wie beim Ioniq 5 werden die Kunden auch bei ihm aus zwei Akkugrößen (58 oder 77,4 kWh Speicherkapazität) und Heck- sowie Allradantrieb mit verschiedenen Leistungsstufen wählen können. Die Basis beginnt mit kleiner Batterie und einem Elektromotor, der die Hinterräder antreibt, bei 125 kW (170 PS). Topmodell wird im Jahr 2022 der Kia EV6 GT mit 430 kW (585 PS), der nicht nur 260 km/h schnell sein soll, sondern mit einer Beschleunigung von null auf 100 km/h in 3,5 Sekunden auch manchem Supersportwagen die Heckleuchten zeigen will.
Mit einem Listenpreis von 65.990 Euro wird das Elektro-Katapult aber deutlich günstiger, der Einstieg in die Basisversion soll übrigens bei 44.990 Euro (vor Abzug der Innovationsprämie) beginnen.
Straffer als der Ioniq 5
Noch bevor der detaillierte Konfigurator online ist, stand ein Vorserien-Prototyp des Kia EV6 für erste Testfahrten bereit. Die GT-Line-Ausstattung, hier mit optionalen 20-Zoll-Felgen, ist mit dem aktuell stärksten Antriebssystem kombiniert: Als Allradler mit zwei Motoren leistet dieses Modell maximal 239 kW (325 PS). Die stärkere Maschine mit 165 kW (225 PS) sitzt hinten, vorne kommen 74 kW (100 PS) dazu. Der vordere Motor wird bei Bedarf nach mehr Leistung hinzugeschaltet, im Sport-Fahrmodus ist er immer aktiv.
Auch mit diesem Maschinendoppel spurtet der große und immerhin zwei Tonnen schwere Koreaner ansatzlos nach vorne. Im Fern-Vergleich mit dem Hyundai Ioniq 5 lässt sich dem Kia EV6 schon nach den Touren über Land- und Nebenstraßen eine leicht straffere Note in der Fahrwerksabstimmung attestieren. Das passt zum sportlicheren Charakter des Kia, in dem sich Fahrwerk und Mittelkonsole präsenter um den Fahrer schmiegen und auch stets eine, selbstredend künstlich erzeugte, akustische Rückmeldung vom Antrieb an das Fahrerohr dringt. Wind- und Abrollgeräusch bleiben außen vor, wobei auch die serienmäßige Akustikverglasung hilft.
In engen Kehren und schnell genommenen Kurven spürt man, dass ein hochbauendes Auto mit viel Gewicht die Grenzen der Physik zwar leicht verschieben, aber nicht aushebeln kann.
Cockpit statt Lounge
Die Sitze von Fahrer und Beifahrer sind großzügig geschnitten und bieten dennoch ausreichenden Seitenhalt. Hinten können es sich drei Passagiere bequem machen, ohne Mitteltunnel gibt es auch kein Gezanke um den Beinraum. Lediglich die tiefe Position der Sitzbank über dem Innenboden fällt großen Mitfahrern negativ auf. Immerhin passt dank dieser Einbaulage trotz abfallendem Dach die Kopffreiheit.
Mit der zum Fahrer hin geneigten Displaylandschaft und der hoch aufragenden Mittelkonsole will der Kia EV6 einen klaren Gegenpol zum Lounge-Interieur des Hyundai Ioniq 5 darstellen. Gemeinsam sind beiden die, wohl auch im Kia optionalen, Relax-Sessel mit Liegefunktion für ein Nickerchen beim Ladestopp.
Der fällt dank 800-Volt-Technologie angenehm kurz aus. Das Datenblatt des Vorserienautos weist eine maximale Ladeleistung von 240 kW am Schnelllader aus, womit der 77,4 kWh große Akku in nur 18 Minuten von zehn auf 80 Prozent aufgeladen werden kann.
One-Pedal-Drive ist möglich
Wer währenddessen nicht faul herumliegt sondern die Bedienelemente des Autos erkundet, entdeckt die neue virtuelle Tastenleiste unter dem Infotainment-Display mit UVO Connect. Sie entspricht im Layout vielen aktuellen Kia-Modellen. Auf Fingerdruck lässt sie sich in das Bedienelement der Klimaautomatik transformieren. Die physischen Drehregler für Lautstärke und Kartenmaßstab werden dann zu Temperaturverstellern. Damit lassen sich die Bedienelemente im Cockpit auf clevere Art und Weise reduzieren, ohne das die Bedienung zu kompliziert wird.
Leicht verständlich ist auch die Einstellung der Energierekuperation über Paddel am Lenkrad. Eine recht kleine Anzeige im digitalen Kombiinstrument zeigt den Grad der Energierückgewinnung an, den man bis zum One-Pedal-Feeling eskalieren kann. Auch eine Automatik-Stellung gibt es, in der dann Navigationsdaten und Informationen von Sensoren mit einbezogen werden.
Fazit
Nach dem Hyundai Ioniq 5 macht auch sein Baukastenbruder Kia EV6 einen sehr guten Eindruck. Mit gutem Fahrkomfort, viel Platz für Menschen und Gepäck sowie hoher Ladeleistung dürften die Koreaner die Elektroauto-Konkurrenz ordentlich unter Druck setzen. Dem Anspruch der Marke wird der Kia EV6 im konzerninternen Duell mit dem Ioniq 5 mit einer leicht strafferen Grundnote und einem fahrerorientierten Cockpit gerecht. Auch die Leistungswerte liegen teilweise leicht höher.
Schon jetzt ist abzusehen: Wenn der Kia EV6 im Herbst auf den Markt kommen, wird nicht nur der Puls potenzieller Käufer steigen. Sondern wohl auch die Lieferzeiten.
Technische Daten
Kia EV6 GT-Line (Prototyp) |
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Elektromotor vorn: Maximale Leistung kW | 74 kW (100 PS) |
Elektromotor hinten: Maximale Leistung kW | 165 kW (225 PS) |
Systemleistung: kW / PS | 239 kW (325 PS), 605 Nm |
Batterie | 77,4 kWh Lithium-Ionen |
Beschleuningung 0-100 km/h | 5,2 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 185 km/h |
Norm-Verbrauch kWh / 100 km | Wert liegt noch nicht vor / Reichweite nach WLTP484 km |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Michelin Pilot Sport 4 SUV 255/45 R20 |
Leergewicht | 2.015 - 2.105 kg |
Anhängelast (gebremst) | 1.600 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.695 / 1.890 / 1.550 mm |
Grundpreis | noch nicht bekannt |