Sorgen auch die Vierzylinder im Kia Stinger für ausreichen Spaß?
Die Sonne scheint von oben. Das gilt auch für Autos. Sportliche Fließheckmodelle wie der Audi A5 Sportback und das BMW 4er Gran Coupé machen ihren Kunden mit großvolumigen Sechszylinder-Benzinern in Prospekten und Anzeigen den Mund wässrig.
Auf den Autobahnen und Firmenparkplätzen der Republik sind die fleißig bestellten Autos dann aber mit braven Vierzylindern, meist als Diesel, vorzufinden.
Grund genug, auch beim Kia Stinger mal weiter vorne in der Preisliste herumzublättern. Wobei die so lang gar nicht ist. Neben dem famosen 3.3 GT T-GDI, zum dem es hier den Alltagstest zu lesen gibt, bietet Kia sein Topmodell mit zwei weiteren Motoren an, beide mit vier Töpfen und als Ausstattungsvariante GT-Line.
Im Kia Stinger 2.2 CRDI kommt der auch aus dem SUV Sorento bekannte Diesel mit 147 kW / 200 PS zum Einsatz. Er soll den Stinger zum dynamischen Langstreckenreißer machen. Das gelingt ihm objektiv auch ziemlich gut.
Der nicht mehr ganz taufrische Selbstzünder wird mit den 1.849 Kilogramm Leergewicht des Stinger spielend fertig. 440 Newtonmeter maximales Drehmoment wuchten das Kraftfahrzeug samt seinem Lenker eilig von einem Termin zum nächsten, der optional lieferbare Allradantrieb – auch hier mit hecklastiger Auslegung – besorgt neben der Traktion auch den Fahrspaß auf kurvigen Strecken.
Dabei lohnt es sich, die Musik lauter zu stellen. Denn der Klang mag nicht so sehr mitfeiern, zu kräftig rumort der Diesel unter der langen Haube. Wenn man den Fahrmodus-Schalter auf Sport stellt, ändert sich der Klang ein wenig ins Synthetische.
Auf der Autobahn überrascht, wie frei der Diesel im Kia Stinger auch nach oben heraus die Geschwindigkeit aufbaut. Bis 210 km/h zieht auch der CRDI an wie ein Berserker, erst dann wird es etwas zäher. Macht aber nichts, denn spätestens jetzt hängt man eh hinter einem A4 TDI oder Ähnlichem fest.
Räumt der Fahrer des teuren deutschen Premiumautos, dass dann mit Radvollblenden und Ansteck-Navi doch günstig gehalten werden sollte, mürrisch die Spur, zieht der umfangreich ausgestattete Kia Stinger mit bis zu 230 Stundenkilometern weiter.
Das Spiel dürfte sich noch ein paar Mal wiederholen, denn der Kia-Fahrer muss öfter raus. Auch bei gemischter Fahrweise ohne Autobahn-Bleifuß wird der Verbraucht nicht wirklich gering. 9,0 Liter Diesel schlürfte der Testwagen auf 100 Kilometer, gepaart mit einem 60 Liter großen Tank sind häufigere Stopps nötig.
Umstieg in den Benziner, den Kia Stinger 2.0 T-GDI. Er kommt als einzige Variante der Baureihe ausschließlich mit Hinterradantrieb zum Kunden. Vom Diesel unterscheidet er sich optisch durch vier statt zwei Endrohre.
Ohne angetriebene Vorderachse wirkt er leichtfüßiger als der Diesel, wozu auch das geringere Leergewicht von 1.717 Kilogramm beiträgt. Im Gegenzug sollte das Popometer des Fahrers eine Aufmerksamkeitsschulung hinter sich haben, die 225 mm breiten 18-Zöller an der Hinterachse lassen sich durchaus quertreiben, natürlich vom ESP in Zaum gehalten.
Mit dem Zweiliter-Turbo statten Hyundai und Kia eine wachsende Bandbreite an Modellen im Konzern aus. Der Turbomotor, im Stinger 188 kW / 255 PS stark, verrichtet auch im Hyundai i30 N (Test dazu später im Jahr bei AUTONOTIZEN) und im Kia Optima seinen Dienst.
Im Mittelklassekombi hat der 2.0 T-GDI während der Testfahrten durchaus ordentlich am Supersprit gehangen. Und diesen Makel trägt er auch in den Stinger. Knapp unter 12 Liter je 100 Kilometer zeigt der Bordcomputer an.
Im Gegenzug wird der Kia auch mit diesem Motor seiner Bezeichnung als Sportlimousine mehr als gerecht. Sechs Sekunden für den Spurt auf 100 Stundenkilometer sind respektabel, die 240 Sachen Topspeed mühelos.
Während der Kia Stinger 2.2 CRDI alle 20.000 Kilometer in der Werkstatt frisches Öl braucht, hat der Vierzylinder-Benziner wie auch der V6 ein unzeitgemäßes Wechselintervall für den Schmierstoff von 10.000 Kilometern.
Alleine damit dürften sich die 1.000 Euro Aufpreis des Dieselmodells schnell amortisieren, dazu kommt der geringere Verbrauch -wenn auch auf hohem Niveau. Für den Diesel spricht zudem die Option des Allradantriebs (2.000 Euro Aufpreis.
Mit dem Kauf eines Kia Stinger 2.2 CRDI sollte man aber warten. Erst ab August 2018 wird es ihn mit SCR-Katalysator und AdBlue-Tank geben, womit der dann die Abgasnorm Euro 6d-Temp erfüllt.
Warten – das passt irgendwie gar nicht so sehr zum eiligen Anspruch des Kia Stinger. Das sehen auch die Kunden so. Denn im Gegensatz zu den eingangs erwähnten, meist dauergrau lackierten, Mitbewerbern wird der Kia zum größten Teil als 3.3 T-GDI mit 370 PS verkauft.
Der kostet 54.900 Euro. Ein vergleichbar ausgestatteter Allrad-Diesel kommt auf 51.290 Euro, ist also nur noch 3.610 Euro günstiger. Wie der ausführliche AUTONOTZEN-Alltagstest des Kia Stinger GT zeigt, wäre es vielleicht eine Überlegung, diese Version zu wählen – und für lange Strecken des Berufs wegen eine Bahncard mit dazu.
Technische Daten
Kia Stinger 2.2 CRDI AWD / 2.0 T-GDI GT-Line |
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Hubraum | 2.199 ccm / 1.998 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 147 /200 und 188 / 255 |
Max. Drehmoment | 440 Nm bei 1.750-2.750 U/min / 353 Nm bei 1.400-4.000 U/min |
Getriebe | Achtgang-Automatik |
Beschleuningung 0-100 km/h | 7,6 / 6,0 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 230 km/h / 240 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 6,4 Liter / 8,3 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 9,0 Liter / 11,8 Liter |
Leergewicht | 1.849 kg / 1.717 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.830 / 1.870 / 1.400 mm |
Grundpreis | 46.990 Euro / 43.990 Euro |
Testwagenpreis | 51.980 Euro / 50.180 Euro |