Der Vesta ist der erste neue Lada seit Jahren. Ein Fahrbericht.
Die russische Automarke Lada ist auf dem deutschen Markt ein Zaungast. Ein paar hundert Autos werden jährlich verkauft, meist sind es gewerblich eingesetzte 4x4-Urgesteine.
Das war nicht immer so. Kurz nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurden über 50.000 Neuzulassungen im Jahr erreicht, damals vor allem kompakte Samara und der in Finnland montierte Zwillingsbruder Baltic.
In Deutschland wurden die russischen Autos aufwendig umgerüstet und mit Sonderausstattung versehen, es entstanden u.a. Cabrios in Kleinserie. Dann ging der Eurolada genannte Firma irgendwann das Geld aus, eine Folge sinkender Zulassungen.
Tapfer bleibt der Lada Importeur für Deutschland weiter am Ball, allen Schwierigkeiten mit Lieferengpässen aus Russland, einem schrumpfenden Händlernetz und kaum vorhandenem Marketingbudget zum Trotz. Außerdem dürften die Margen pro verkauftem Auto sehr gering sein, womit Importeur und Händler beim munteren Rabattewürfeln nur zusehen können.
7.460 Euro kostet mit dem Kleinwagen Kalina der günstigste Lada in Deutschland. Und zeigt das Dilemma. Denn Dacia, wie Lada Teil der Renault-Nissan-Mitsubishi-Allianz, bietet den größeren und moderneren Sandero für 6.990 Euro an. Zwar auch ohne Rabatte, die rumänische Marke wird aber mit Werbegeldern aus dem Konzern gepämpert.
Darüber rangiert der kompakte Lada Granta, zu dem es einen AUTONOTIZEN-Alltagstest gibt und der 4x4 / Taiga / Urban. 2017 kam mit der Limousine Vesta das erste neue Lada Modell seit langer Zeit bei uns auf den Markt.
Der Lada Vesta ist eine kompakte Stufenhecklimousine. Mit dieser Bauform findet er im russischen Heimatmarkt und Osteuropa durchaus viele Kunden, bei uns fährt er direkt in ein überschaubares Marktsegment. Fiat Tipo Stufenheck oder der mittlerweile eingestellte Citroen C-Elysee zählen zu den Mitbewerbern.
Man darf vermuten, dass Lada den Vesta in Europa verkaufen darf, seit der Konzern beschlossen hat, den Dacia Logan als Limousine nicht mehr zu importieren. Das Fließheck-Crossovermodell X-Ray bleibt offiziell in Russland, es basiert auf dem Sandero und wäre zu dicht am Konzernbruder positioniert.
Unterwegs im Lada Vesta zeigt er sich vom ersten Meter an als großer Bruder des Granta. Das bedeutet einerseits, dass auch der Vesta wie eine gut abgehangene Konstruktion von vor zehn Jahren wirkt, andererseits gibt er den unaufgeregten Begleiter.
Das Fahrwerk schluckt mit seinen langen Federwegen gewiss auch übelste sibirische Schlaglöcher, sorgt als für entschleunigte Fahrkomfort. Dass die Limousine im Gegenzug kein Kurvenräuber ist, dürften die potenziellen Kunden eher begrüßen als nur verzeihen.
Der 1,6 Liter große Saugbenziner steuert seinen Teil zum Gesamteindruck bei. Sollen ruhig modernere Konkurrenten auf der turboangeblasenen Drehmomentwelle reiten. Mit überschaubaren 148 Newtonmetern maximalem Drehmoment, die bei 4.200 Umdrehungen pro Minute anliegen, belässt es der 106 PS starke Vierzylinder beim Mitschwimmen im Verkehr.
Das manuelle Fünfganggetriebe schaltet sich annehmbar mit relativ langen Wegen. Alternativ steht ein von Dacia adaptiertes automatisiertes Schaltgetriebe zur Wahl, das in diversen Testberichten der schreibenden Kollegen aber eher negativ auffiel.
Fahrer und Beifahrer sitzen auf weich gepolsterten Sitzen und blicken auf ein rustikales Cockpit aus harten Kunststoffen, das sich gewiss leicht reinigen lässt.
Der Testwagen trug die Luxus-Ausstattung für 1.000 Euro Aufpreis in sich, die sogar ein sieben Zoll großes Display für das Infotainmentsystem mit USB-Anschluss und SD-Speicherkartenplatz bereithält. Auch eine Rückfahrkamera weist, trotz der Rückwärtsrichtung, den Weg in die Zukunft.
Ab 13.150 Euro gibt es den Lada Vesta in der Basisversion, 14.150 Euro kostet der Testwagen. Nicht viel Geld für eine durchaus geräumige Limousine, die aber dennoch zwischen den Stühlen sitzt. Fiat-Händler bieten den vergleichbaren Tipo teilweise deutlich günstiger an, punkten dabei mit einem dichteren Servicenetz. Lada hält immerhin mit fünf Jahren Garantie (drei Jahre Werksgarantie und zwei Jahre Anschlussversicherung) dagegen.
Im Frühjahr 2018 kommt der Lada Vesta auch als Kombi nebst lifestyliger Cross-Variante auf den Markt. Der SW genannte Fünftürer dürfte 1.000 Euro teurer sein als die Limousine. Bei einer ersten Sitzprobe überrascht vor allem der Laderaum mit einem durchdachten Ablagesystem unter dem doppelten Ladeboden, das zudem hochwertig gemacht ist.
Mit dem Kombi sollten auch die Zulassungszahlen steigen, obwohl man ihn auch dann nicht an jeder Straßenecke stehen sehen wird. Lada Deutschland gibt aber das Beste im Rahmen der Möglichkeiten. Man geht als Unterstützung der Händler zu regionalen Messen in Hamburg, in Wien und zuletzt auf den Münchner Autotagen im Rahmen der Freizeitmesse FREE, wo man auch Probefahrten anbietet.
Obwohl der Lada Vesta Testwagen im schlichten Grau vorfuhr, zeigt er doch: Perfekt sollen andere sein, aber der Automarkt wäre weniger bunt, wenn eine Nischenmarke wie Lada im globalen Konzerngeflecht bei uns verschwindet.
Technische Daten
Lada Vesta 1.6 16V Luxus |
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Hubraum | 1.596 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 78 kW / 106 PS bei 5.800 U/min |
Max. Drehmoment | 148 Nm bei 4.200 U/min |
Getriebe | 5-Gang-Schaltgetriebe |
Beschleuningung 0-100 km/h | 11,8 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 180 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 6,1 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 9,7 Liter (laut Bordcomputer) |
Leergewicht | 1.670 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.410 / 1.764 / 1.497 mm |
Grundpreis | 14.150 Euro |
Testwagenpreis | 14.150 Euro |