Lamborghini Huracan STO Das kann der Karbon-Keil

Der Lamborghini Huracán STO im Fahrbericht mit Video-Review.



„Ach ja, da schrauben sie also wieder ein paar Tuningteile an den Keil und kreieren damit eine neue Modellvariante…“ Ein Gedanke, der zwar interessierten, aber weniger fachnahen Autofans zum Thema Huracan STO einfällt. Und leider falsch. Denn hinter den drei Buchstaben, die für „Super Trofeo Omologata“ (also die Straßenversion der Super Trofeo Rennwagen) stehen, steckt weit mehr.

Der Lamborghini Huracán STO im Video

Lamborghini hat den Huracán STO im Vergleich zum Performante umfassend modifiziert. Damit ist nicht der 5,2 Liter große V10-Motor gemeint, der hinter der zweisitzigen Kanzel steckt. Der leistet auch hier 640 PS, entwickelt mit 565 Newtonmetern sogar etwas weniger Drehmoment. Zum Fahren kommen wir aber gleich (auch wenn das bedeutet, dass noch mehr Wasser Zeit hat, im Munde zusammenzulaufen).

Die Besonderheiten des STO lassen sich schon außen sehen und durch zaghaftes Herumgeklopfe erfühlen. Die Karosserie des Sportwagens besteht im Falle des STO zu 75 Prozent aus Karbon. Damit konnte Lamborghini das Gewicht des STO im Vergleich zum Huracán Performante um immerhin 43 Kilogramm senken, 1.340 Kilogramm bringt der Italiener auf die Waage.

Aerodynamisches Karbon-Kunstwerk

Das komplette Frontmodul, dass sich einteilig nach vorne klappen lässt, besteht beispielsweise aus dem leichten, stabilen und teuren Material. Hier sind Luftleitelemente eingezogen. Nicht der einzige aerodynamische Leckerbissen. Hinter den Türen ragen kleine Finnen aus der Karosserie, sie leiten den Luftstrom am Auto entlang. Am Dach wird eingeatmet, dahinter steht eine Karbonfinne eindrucksvoll auf der Abdeckung, deren Lamellen den V10 verstecken. Ein großer Flügel, manuell in verschiedenen Stufen einstellbar, sorgt gleichermaßen für Show als auch für Anpressdruck.

Sichtkarbon feiert auch im Interieur die Leichtbauparty weiter. Auf dem mit Alcantara bespannten Sitz findet man auch als großer Mensch eine würdige Position. Es dürfte sogar ausreichend Abstand zum Dach vorhanden sein, um mit Helm zu fahren.

Der ist nicht dabei. Vor uns liegt keine Rennstrecke, sicherlich das eigentliche Zuhause des Lamborghini Huracán STO, sondern die heimischen Landstraßen im Münchner Norden. Nach dem Öffnen der traditionellen Schutzklappe und Druck auf den Startknopf erwacht der V10 hinter den Rückenlehnen zum Leben. Sound? Vorhanden und zum Dahinschmelzen. Innen auffallend dezent, was den Vorteil hat, dass es Fahrer und Copilot auch auf Langstrecken nicht zu laut wird.

Der Fuß auf dem rechten Pedal wird schwer: Dann hebt der Lamborghini seine Stimme weiter. „Plopp“, Gangwechsel. Weiter geht es die Drehzahlleiter raus, über 5.000 U/min dreht das Orchester im Heck voll auf. Manche mögen das als Hymne der Vergangenheit abstempeln, andere bekommen dabei auch heutzutage noch aufgestellte Härchen am Arm.

Mensch-Maschine-Einheit

Lamborghini Huracan STO Test Fahrbericht Video 2022

Alcantara berühren auch die Finger am Lenkrad. Das Material sorgt für Grip am Volant, und der ist Pflicht im Huracán STO. Du hast den Gedanken an einen Richtungswechsel, verbunden mit dem Impuls an die Arme, noch gar nicht zu Ende gedacht. Schon hat das Auto den entsprechenden Haken geschlagen. Denke einfach an eine extrem direkte Lenkung: Die des Huracán STO ist direkter!

Fahrer und Maschine werden, bei voller Konzentration, schnell zu einer Einheit. Auch am Gaspedal reichen kleinste Befehle, um Zeit und Raum in eine neue Relation zu setzen. Als Gegenpol sorgt die Brembo-Bremsanlage mit Karbon-Keramik-Scheiben für brachiale Verzögerung.

Anbremsen, Einlenken, Vollgas am Kurvenausgang: Im Rahmen der Straßenverkehrsordnung lässt sich das auch auf öffentlichen Straßen zentimetergenau feiern. Das 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe ist stets aufmerksam bei der Sache, sorgt für die passende Zahnradpaarung. Manuelles Eingreifen ist kaum nötig, macht aber aufgrund der handschmeichelnden Metall-Paddles trotzdem großen Spaß. Das wilde Tier kann aber auch ganz brav durch die Vorstadt rollen. Beim Ampelstopp knipst die Start-Stopp-Automatik auch brav den Zehnzylinder aus.

Die drei über den Schalter am Lenkrad einstellbaren Fahrmodi probieren wir im Rahmen dieses Fahrberichts nicht aus. Der Wet-Modus wird bei trockenen Bedingungen nicht benötigt, der Trofeo-Modus sollte besser auf abgesperrtem Terrain ausgekostet werden. Das Standard-Programm nennt sich treffsicher „STO“.

Keiles Ding für 300.000 Euro

Lamborghini Huracan STO Test Fahrbericht Video 2022

296.800 Euro ruft Lamborghini für den Huracán STO auf, dazu kann die Kundschaft selbstredend aus einer Fülle von Optionen für Optik, Komfort und Dynamik wählen. Unbezahlbar ist der Adrenalinkick, der sich bei jeder Ausfahrt zwangsläufig einstellt.

Wem der Huracán STO zu wild ist, dem könnte mit dem neuen Huracán Tecnica geholfen werden. Er bringt die gleichen Leistungsdaten (640 PS, 565 Nm) mit, will mit seiner Auslegung aber mehr der Tourensportwagen sein. Grund genug, auch dazu mal einen Fahrbericht anzudenken. Natürlich nur ganz im Sinne der Erkenntnisgewinnung…

Fazit

Lamborghini Huracan STO Test Fahrbericht Video 2022

Lamborghini Huracán STO. Noch während man den Namen ausspricht, hat der Italiener aus dem Stand auf 100 km/h beschleunigt. Davor, währenddessen, danach: Ekstase, Drama und Scharfsinn. Alles stets und im Überfluss vorhanden. Braucht man das? Man will es… Es fehlt nur noch eine Kleinigkeit für das Glück mit dem STO: Eine eigene Rennstrecke.

Technische Daten

Lamborghini Huracán STO

Antrieb Hinterradantrieb
Abgasnorm Euro 6d-Temp
Hubraum 5.204 ccm
Anzahl und Bauform Zylinder V10
Maximale Leistung kW / PS 470 kW / 640 PS bei 8.000 U/min
Max. Drehmoment 565 Nm bei 6.500 U/min
Getriebe 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe
Beschleuningung 0-100 km/h 3,0 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 310 km/h
Norm-Verbrauch auf 100km 13,9 Liter
Reifenmarke und –format des Testwagens Bridgestone Potenza 245/30 R 20 vorne// 305/30 R 20 hinten
Leergewicht 1.339 kg
Länge / Breite / Höhe 4.567 / 1.945 / 1.220 mm
Grundpreis 296.800 Euro
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Andreas Hof, Bernd Conrad