MG4 Electric Das Volks-Elektroauto?

Der MG4 Electric im ersten Fahrbericht mit Video-Review.

Auffahrt zur Autobahn. Das Asphaltband bildet eine langgezogene Kurve. Der Fuß auf dem Fahrpedal wird schwerer. Sanft drückt das Heck nach vorne, meldet sich im Popometer, ohne auszubrechen. Mit der rückmeldungsfreundlichen Lenkung bleibt man ganz entspannt auf Linie. Nein, ich sitze nicht in einem Sportwagen. Sondern in einem asiatischen Kompakten mit Elektroantrieb.

Der MG4 Electric im Video

Schon auf den ersten Metern, und somit auch in den ersten Zeilen dieses Fahrberichts, wird klar, dass die mittlerweile chinesische Marke MG einen sauber abgestimmten Spaßmacher auf die vier Räder gestellt hat. Dabei ist der MG4 Electric aber kein „Hot Hatch“. Schon die Drehmomentkurve des maximal 150 kW (204 PS) starken Elektromotors, die bei 250 Newtonmetern ab 1.000 U/min gipfelt zeigt das durchaus entspannte Wesen des Autos.

Auf der Autobahn rollt der MG4 Electric bei Richtgeschwindigkeit entspannt dahin. Das Fahrwerk sorgt für hohen Komfort, die adaptive Geschwindigkeitsregelanlage hält Tempo und Abstand. Störend fällt der übergriffige Spurwechselassistent auf. Mit eckigen Lenkbewegungen will er ständig eingreifen. Wenn man den Tipp-Blinker betätigt und nicht sofort den Spurwechsel einleitet, vergisst das System zudem, was der Fahrer im Sinn hat. Dann wird mit Bärenkräften zurückgelenkt. Am besten ausschalten, bis der Hersteller ein Update liefern kann.

Gute Verarbeitung im Interieur

In der Meckerecke findet man auch einen Eintrag über den Fußraum vorne. Der fällt für Langbeiner etwas kurz aus. Die Folge sind zur Seite geklappte Beine. Das rechte Fahrerknie stößt dann zwangsläufig an den harten Kunststoff des Balkons auf der Mittelkonsole an, was auf Dauer schmerzt.
Hier lädt das Smartphone induktiv, darüber versammeln sich die Infotainmentinhalte auf einem 10,25 Zoll großen Touchscreen-Monitor. Dessen Menüpunkte, auch zur Einstellung der Energierekuperation, fallen teilweise recht klein aus, was während der Fahrt ablenken kann. Auch die teils langsame Reaktion des Touchscreens wirkt störend. Positiv fallen die verwendeten Materialien und die gute Verarbeitung im Innenraum auf. Nichts knistert oder klappert. Die Hochglanzoberflächen in Klavierlackoptik wünschen sich aber den regelmäßigen Einsatz des Staubtuchs.

Zwei Batterietypen zur Wahl

MG4 Electric Luxury Test Fahrbericht Preis Vergleich VW ID 3 Video Review

Sehr alltagstauglich ist die Funktion zur Akkuheizung. Wenn man einen Stopp am Schnelllader plant, kann man hier die Batterie entsprechend vorkonditionieren, auch bei nicht aktiver Routenführung des Navigationssystems. Für den MG4 Electric werden zwei verschiedene Akku-Typen angeboten. Das Basismodell mit 125 kW (170 PS) Motorleistung kommt mit einer 51 kWh großen Lithium-Eisenphosphat-Batterie. Die Ladeleistung über CCS beträgt 117 kW, Wechselstrom wird arg langsam mit nur 6,6 kW geladen.

Die Reichweise gibt der Hersteller mit 350 Kilometern an. In den höheren Ausstattungslinien Comfort und Luxury steckt eine Nickel-Kobalt-Mangan-Batterie (NMC) mit 64 kWh Speicherkapazität, von denen 61,7 kWh netto nutzbar sind. 135 kW Ladeleistung sind, den Werksangaben zufolge, am Schnelllader möglich, an der Ladesäule oder Wallbox zieht der MG4 Strom dreiphasig mit bis zu 11 kWh. Die Reichweite liegt bei 450 (Comfort) bzw. 435 Kilometern (Luxury). Diesem Wert liegt ein Verbrauch von 16,6 kWh je 100 Kilometern beim Luxury-Modell zugrunde.

Nur 500 kg Anhängelast

MG4 Electric Luxury Test Fahrbericht Preis Vergleich VW ID 3 Video Review

Auf unseren Testfahrten zeigte der Bordcomputer auf dem gut ablesbaren 7-Zoll-Display für die Instrumente hinter dem Lenkrad Werte von kann unter 16 kWh je 100 Kilometer an. Was der Fünftürer tatsächlich verbraucht und wie weit er im Alltag kommt, wird ein späterer Test klären.

Im Fond freut man sich auch als großer Mensch über üppigen Knieraum und eine gute Kopffreiheit. Trotz des nur 11 Zentimeter hohen Batteriepakets im Fahrzeugboden sitzt man aber recht nah, und damit mit stark angewinkelten Beinen, über dem Innenboden. Der Kofferraum des MG4 Electric Luxury schluckt 350 Liter, in der Basis und beim Comfort-Modell sind es 363 Liter. Die Lehnen der Rücksitzbank lassen sich geteilt umklappen, dann entsteht eine fast ebene Ladefläche. Die Anhängelast von 500 Kilogramm reicht immerhin für einen Baumarkt-Anhänger, mit dem man am Wochenende Grünzeug zur Sammelstelle bringt.

Das kostet der MG4 Electric

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Kompakter zum Kleinwagenpreis? So könnte man die Kalkulation des MG4 Electric umschreiben. 31.990 Euro kostet die Basis mit kleiner Batterie. Zum Vergleich: Ein Opel Corsa-e mit 50 kWh-Akku startet aktuell (alle Preise stand November 2022, vor Abzug einer Förderung) bei 33.895 Euro.
Mit seiner Länge von 4,29 Metern ist der MG4 Electric jedoch knapp größer als ein VW ID.3. Ziehen wir ihn also als stärksten Mittbewerber heran. Zudem ist SAIC einer der Joint-Venture-Partner von Volkswagen in China, was die Positionierung des MG4 durchaus zum Politikum machen könnte.

Preis-Vergleich mit dem VW ID.3

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Die Luxury-Version mit 64 kWh Akku-Speicherkapazität bringt 17-Zoll-Leichtmetalfelgen, Navigationssystem, WLAN-Hotspot, Sitzheizung vorne mit elektrisch verstellbarem Fahrersitz, Wärmepumpe und das „MG Pilot“ genannte Fahrassistenzpaket mit. Der Preis: 37.990 Euro. Ein vergleichbar ausgestatteter VW ID.3 mit ebenfalls 150 kW (204 PS) starkem Heckmotor und 62 kWh (netto 58 kWh) großer Batterie kostet, ausstattungsbereinigt, aktuell ab 42.380 Euro.

In diesem Tarif noch nicht enthalten ist eine bei den Wolfsburgern recht teure Garantieverlängerung. Der MG4 Electric fährt ab Werk mit sieben Jahren Neuwagengarantie (bis 150.000 Kilometer) zum Kunden. Aus dem Traum vom wartungsfreien Elektroauto wecken einen aber auch die MG-Werkstätten. Alle 24.000 Kilometer oder einmal im Jahr bitten sie den MG4 zum Service.

Fazit

MG4 Electric Luxury Test Fahrbericht Preis Vergleich VW ID 3 Video Review

Schon beim ersten Check mit Sitzprobe vor einigen Monaten gefielen Konzept, Raumangebot und Verarbeitung des MG4 Electric. Die große Überraschung brachte der Fahrtermin: Antrieb, Fahrwerk und Lenkung sind eine sehr gelungene Einheit. Kritikpunkte wie der Spurhalteassistent oder der störrische Touchscreen sollten schnell zu überarbeiten sein. Angesichts seiner vielen Vorteile und des fairen Preises schickt sich der MG4 Electric an, das neue Volks-Elektroauto zu werden.

Technische Daten

MG4 Electric Luxury

Antrieb Heckantrieb
Getriebe Eingang-Reduktionsgetriebe
Elektromotor: Maximale Leistung kW 150 kW (204 PS) bei 7.000 U/min
Elektromotor: Nennleistung KW 68 kW (92 PS)
Elektromotor: Maximales Drehmoment 250 Nm bei 1.000 - 2.500 U/min
Batterie 64 kWh (netto 61,7 kWh) Nickel-Kobalt-Mangan-Akku
Maximale Ladeleistung Gleichstrom (DC) 135 kW
Maximale Ladeleistung Wechselstrom (AC) 11 kW (dreiphasig)
Beschleuningung 0-100 km/h 7,9 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 160 km/h
Norm-Verbrauch kWh / 100 km 16,6 kWh / Reichweite 435 km
Realer Verbrauch im Testzeitraum kWh/100 km 16,0 kWh (lt. Bordcomputer)
Leergewicht 1.685 kg
Anhängelast (gebremst) 500 kg, Stützlast 50 kg
Länge / Breite / Höhe 4.287 / 2.060 / 1.504 mm
Grundpreis 37.990 Euro
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Andreas Hof, Bernd Conrad