VW Golf II GTI G60 1989 Probefahrt (M)eine Zeitmaschine

Des Autors erstes Auto war ein VW Golf II. Aber nicht so ein starker, schneller.

Da muss man auch mal sich selbst am nächsten sein. Beim Ausflug zum GTI-Treffen am Wörthersee stellt VW zwei Klassiker aus der eigene Sammlung für Probefahrten bereit. Einen Golf I GTI und einen Golf II GTI G60. So ein „Einser“ bringt Leser, zieht Klicks auf sich wie Blicke. Aber mein Autofahrerleben (Geburtsjahr 1977, Führerschein 1995) begann mit dem zweiten aller Gölfe.

VW Golf II GTI G60 1989 Test Daten Fotos Preis

1995 gab es einen neun Jahre alten Gebrauchtwagen. Golf C, weiß, als Optionen wurden damals fünf Türen und ein rechter Außenspiegel angekreuzt. 55 PS aus 1,3 Litern Hubraum und Viergang-Schaltgetriebe. Mit nur 33.000 Kilometern von VAG-Händler (so hießen die damals).

Der historische Testwagen, der mit 2018 als Zeitmaschine dient, kommt vom anderen Ende der Leistungspalette und der Preisliste. Es handelt sich um einen Golf GTI G60.
1989 kam dieses Topmodell auf den Markt, kurz vor Ende der Baureihe, die 1991 vom Golf III abgelöst wurde (aber als Golf Function noch einige Zeit parallel weiterlief). Der Spirallader, der die Luft verdichtete und dessen Form die VW-Macher an ein „G“ erinnerte, verhalf dem 1,8 Liter-Vierzylinder zu 118 kW / 160 PS. Deutlich mehr als GTI (107 PS) und GTI 16V (129) dieser Zeit.

Das späte Baujahr in der Modelllaufzeit erkennt man an den in die Fensterdreiecke gewanderten Außenspiegel, einen kursiven Golf-Schriftzug und mittiges VW-Logo am Heck sowie den voluminöseren Stoßfängern, die seltsamerweise nur der Golf GL und die GTI-Versionen bekamen. 15-Zoll BBS-Kreuzspeichenräder und die Dachantenne zählten zu den optischen Feinheiten stärkerer Golf-Modelle. Innen trägt das Auto schwarzes Leder auf den GTI-Sportsitzen.

Hinter dem in keinster Weise verstellbaren Lenkrad nimmt man dann doch recht kutschbockartig Platz und blickt auf das Armaturenbrett designed by Lego. Aber noch ehe du denkst „aha, war früher gar nicht so toll“ mummelst du im Golf II wie damals. Willkommen zu Hause, diesmal aber richtig. Man blickt auf die Instrumente mit ein paar funzeligen Warnleuchten dazwischen, drumherum die simplen Schalter, deren Extravaganz sich mit zwei Druckpunkten, zum Beispiel für Stand- und Abblendlicht, zufriedengibt. Warum der Golf GTI zwei Warnblinkschalter hat, einen im Armaturenbrett, einen auf der Lenksäule, habe ich im Eifer des Gefechts gar nicht gefragt. Das muss nachgeholt werden.

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Das Kassettenradio „Gamma“ mit den optionalen Aktivlautsprechern bleibt aus. Schon mangels Kassette. Aber vor allem, weil mit dem Dreh am Zündschlüssel der aufgeladene 1,8 Liter geweckt werden soll. Ehrlich und rund wirft er sich in Fahrt. Kein Sounddesign. Und du merkst sofort, wie nah du der Maschine, die du bewegst, plötzlich sein kannst.

Die Gänge des Fünfgangschaltgetriebes, im G60 mit Seilzug, lassen sich treffsicher einlegen wie am ersten Tag. Das Auto hat zwar fast 214.000 Kilometer auf „der Uhr“, wurde und wird aber in den heimischen Hallen natürlich tapfer gepflegt. Die Natur fliegt an den großen, nahen und geraden Fensterflächen vorbei, Autos und Häuser wirken in den nicht verkleinernden Spiegelgläsern erschreckend nah. Aber auch gleich wieder weg. Denn mit einem Tritt auf das Gaspedal zeigt der GTI G60, dass er damals zurecht das Topmodell der Baureihe war.

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225 Newtonmeter maximales Drehmoment waren damals mehr als ordentlich. 219 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit erst recht. Viel mehr begeistert aber die Wendigkeit auf engen Landstraßen des aus heutiger Sicht lächerlich leichten (1.080 kg) Golf. Ausreichend Kraft stellt der G-Lader bei fast jede Drehzahl bereit. Schnell werden wir eins, der Golf und ich. Haben Freude und Spaß an dieser rasanten Zeitreise. Aber auch dieser Tag geht irgendwann zu Ende.

Das Museumsstück wird brav zurückgebracht und abgestellt. Zeit zu sinnieren. 19.455 GTI G60 hat VW von 1989 bis 1991 verkauft, 35.650 D-Mark (in Euro: 18.227,56) waren nicht wenig. Damals dürfte der G60 seine Fahrer und Fans mit den Fahrleistungen und seiner Ausstattung begeistert haben. Das schafft er auch heute noch.
Aber es wäre verklärt, den Fortschritt in modernen Autos missen zu wollen. Navigation, verstellbare Lenksäulen, Sitzheizung und mehr machen den Autofahreralltag heute bequemer. Für die Zeitreise zwischendurch wäre so ein Golf GTI G60 aber gewiss keine schlechte Wahl.

Technische Daten

VW Golf GTI G60 (1989)

Maximale Leistung kW / PS 118 kW / 160 PS
Max. Drehmoment 225 Nm bei 3.800 U/min
Getriebe Fünfgang-Schaltgetriebe
Höchstgeschwindigkeit 219 km/h
Leergewicht 1.080 kg
Länge / Breite / Höhe 4.040 / 1.700 / 1.405 mm
Grundpreis 35.650 DM (1989)
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Bernd Conrad
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