Bleibt alles anders
Die Rechnung des Handwerkers, der neulich den Gartenzaun instandgesetzt hat, der zehnte Werbebrief eines Möbelhauses aus der Region innerhalb einer Woche, der Excel-Listen-Ausdruck im Büro, das Notizbuch: Alles handlich und gleich, nämlich brav nach DIN Norm gedruckt und geschnitten, hier gemeint das Format DIN A4, was exakte Seitenlängen eines Papiers von 210 mm x 297 mm vorschreibt.
Als Audi in den 90er Jahren die Nomenklatur seiner Modelle änderte und vom Audi 80 auf das Modell A4 umstellte, hatte man sicherlich nicht den deutschen Amtsschimmel mit Millimetermaß im Kopf (nur mal so, das Format A6 ist kleiner als A4, A7 und A8 nochmals kleiner – bei Audi geht es ja anders herum). Wenn im Herbst nun aber die ersten Prospekte zum neuen Mittelklasse Audi in den Briefkästen der Bestandskunden und Interessenten landen, bleiben große Überraschungen am Küchentisch aus – so neu sieht der A4 gar nicht aus.
Ein interessantes Detail ist auch, dass die Pressmappe zum neuen A4 nicht gleich über neue Fugen, Kanten und kraftvolle Heckpartien schwadroniert, sondern zum Einstieg darauf hinweist, dass Limousine und Avant „in sämtlichen Technikfeldern neu entwickelt“ wurden.
Wir haben auch endlich mal ein neues Volkswagen-Konzernmodell in der Berichterstattung, bei dem wir uns nicht auf den allmächtigen MQ-Baukasten berufen müssen, der A4 trägt die Motoren nach wie vor längs unter der Haube. Und die beginnen bei mindestens 1,4 Liter Hubraum (beim Benziner, Diesel ab 2,0 Liter). Los geht’s es zum Start bei 150 PS, egal, ob man sich dafür entscheidet, die kommenden 36 Leasingmonate an der Super- oder Dieselsäule anzuhalten. Später kommt noch eine Version, mit der man erst dann an der Tankstelle anrollt, wenn der 150 PS-Fahrer sich mit dem Druckhebel an den runden Zahlbetrag heranfummelt – 120 PS werden die Fuhre ein kleines bisschen langsamer werden lassen, Normverbrauchgepimpt aber sicherlich sämtliche Fuhrpark-Bestimmungen in Sachen C02 einhalten.
Wer nicht ganz so budgetkontrolliert ist, bekommt auch den A4 natürlich wieder mit 3,0 Liter Sechszylinder-Motoren, zuerst als 272PS-Diesel. Gleich zum Start wird der Kombi auch als Erdgasvariante namens „g-tron“ (170 PS) lanciert, ein cleverer Schachzug im Rennen um ein umweltfreundliches und innovatives Markenbild.
Achso, bei einer Neuvorstellung muss man ja irgendwie über das Design urteilen – was soll man groß sagen? „Ein A4 ist ein A4“ – diese Norm gilt wohl auch in den Designstudios der Ingolstädter. Der A4 sieht dem Vorgänger zum Verwechseln ähnlich, die neuen Formen der Hauptscheinwerfer (den Knick in der Linie hatte der letzte Skoda Superb vorgemacht) und Rückleuchten sind da schon die auffallenden Elemente. Ob der Single-Frame-Grill nun nochmal breiter oder angewinkelter ist, egal. Auch das Format ist gleich geblieben, die Limousine ist minimale 2,5 Zentimeter länger und 1,6 Zentimeter breiter als der Vorgänger.
Interessant ist die Tatsache, dass Audi sowohl Xenon- wie auch LED-Scheinwerfer anbietet. Man zwingt die Kunden auch nicht mehr zu Halogen-Funzeln, Xenon ist die Serienausstattung, LED kostet Aufpreis.
Um den schönen neuen Firmen-A4 auch Nachbarschaftswirksam gegenüber dem vorherigen in Szene zu setzen, sollte der extrovertierte Fahrer also selber einiges anders machen. Eine andere Außenfarbe wählen als beim alten A4 zum Beispiel. 15 Möglichkeiten werden zur Wahl stehen, ohne den Farbfächer gesehen zu haben zähle ich jetzt schon „Argusbraun“ zu den Favoriten (siehe Berichterstattung Q7). Zur weiteren Individualisierung wird es analog dem Münchner Mitbewerber verschiedene Ausstattungslinien geben.
Wenn man dann gerade beim Optionskreuzchen machen ist, kann man sich auch gleich im „schöne neue Welt“-Bereich der Preisliste austoben. Natürlich gibt es auch für den A4 das virtuelle Cockpit, kabelloses Laden für das Smartphone, das übrigens mit egal welchem Betriebssystem voll gekoppelt werden kann und auch ein Head-Up-Display.
Die Hausaufgaben hat Audi also brav gemacht – und wir sind jetzt einfach mal hoffnungsfroh und sicher, dass mit kommenden Modellen auch in Sachen Exterieurdesign wieder Bewegung in die Bude kommt.
Text: Bernd Conrad
Fotos: Hersteller