Wer und was steckt eigentlich hinter den Soundsytemen in modernen Autos?
Es begann mit Autoradios der Marke Becker, die vor vielen Jahren als begehrte Option im neuen Mercedes und anderen Autos galten. Mittlerweile ist ein auf das Auto abgestimmtes Soundsystem eine begehrte Option und für Händler und Hersteller oftmals eine margenträchtige Zusatzausstattung.
Da helfen natürlich große Namen. Je nach Marke sind optional oder serienmäßig Lautsprechersysteme, dieses Wort wird der komplexen Kombination aus Hard- und Software eigentlich nicht gerecht, verschiedener Audiomarken verbaut.
Was Harman/Kardon (z.B. BMW, Mini, Kia Stinger), JBL (z.B. Peugeot, Kia Ceed), Mark Levinson (Lexus), Infinity (z.B.Hyundai, Opel), Bang & Olufsen (z.B. Audi, Volvo), B&O (z.B. Ford) und Canton (Skoda) vereint? Trotz der verschiedenen Namen kommen die Auto-Systeme alle aus einem Haus.
Die Firma Harman, die ihren Ursprung in den Becker-Autoradios hat und mittlerweile zum koreanischen Samsung-Konzern gehört, gilt als Spezialist für die Entwicklung und Abstimmung von rollen Konzertsälen in Autos. Zu den Mitbewerbern zählen populäre Namen wie BOSE und die High-End-Schmiede Burmester (Mercedes-Benz).
Einige der genannten Marken gehören Harman, andere – nämlich Bang & Olufsen mit B&O, Bowers & Wilkins und Canton, werden unter Lizenz des jeweiligen Markeninhabers verwendet. Die haben natürlich dann „das letzte Ohr“ darauf.
Je nach Wunsch des Auftraggebers schwärmen Teams aus, um ganz spezielle Klangerlebnisse festzuhalten. Im Volvo XC90 kann man zum Beispiel die Akustik der Göteborger Konzerthalle im Menü des optionalen Bang & Olufsen-Soundsystems darstellen. Also müssen die Harman-Techniker dort Gebäude und Klang vermessen. Dann geht es in die eigenen Labors.
Im Video: Der Kia Stinger GT 3.3T-GDI im Alltagstest
30 Klangingenieure tüfteln bei Harman weltweit an der idealen Abstimmung. In sogenannten Audio Rooms wird die Vorarbeit geleistet. Was hier funktioniert, wird dann, viele Jahre vor dem Serienstart, in Prototypen der Autos eingebaut und getestet. Dabei muss dem Hörer klassischer Musik genauso Rechnung getragen werden wie Rockfans oder Fahrern, die ihr Auto in einen rollenden Elektroclub umfunktionieren wollen.
Jeder Fahrzeuginnenraum hat seine Eigenheiten, die Größe und die Anordnung von Armaturenbrett, Mittelkonsole und Sitzen muss genauso bedacht werden wie die Materialen und der zur Verfügung stehende Bauraum.
Bei einem Besuch der heiligen Hallen von Harman blieben viele Garagen zu, an denen mit Autos gearbeitet wird, die in drei bis vier Jahren erstmals gezeigt werden. Am Beispiel eines Kia Stinger konnte ich den Klangspezialisten aber über die Schulter schauen.
In der koreanischen Sportlimousine wird, wie in den Modellbrüdern Optima und Sorento, beim Topmodell GT 3.3 T-GDI ein Harman/Kardon-System mit 15 Lautsprechern und 720 Watt starkem Verstärker eingebaut.
Zusammen mit den Designern des Herstellers werden die Montagepunkte von Lautsprechern und Subwoofer festgelegt, dann beginnt auch für die Designer bei Harman die Arbeit. Welches Material kann, soll und darf die Abdeckung der Lautsprecher haben? Wie viel Luft muss das Gitter durchlassen, um das Klangerlebnis darzustellen?
Dazu kommen manchmal auch bewusste Designeskapaden. Wer in einem Audi mehrere Tausend Euro für den perfekten Raumklang ausgibt, will sich mit ausfahrbaren Hochtönern auf dem Armaturenbrett natürlich in seiner Kaufentscheidung bestätigt sehen. Und auch ein wenig prahlen.
Die Expertise der Sounddesigner wird übrigens nicht nur dafür verwendet, komprimierte Musik aus MP3-Dateien oder von Streamingplattformen wieder mit Leben zu füttern. Immer öfter nutzen die Autobauer ein Lautsprechersystem auch für die emotionale Aufladung.
Auch im Kia Stinger, der außen in Sachen Klangkulisse ziemlich zurückhaltend ist, hat Harman am Klang im Innenraum mitgearbeitet. Das Soundsystem des Stinger GT wird, ohne dass die gleichzeitige Musikwiedergabe beeinflusst wird, auch zur künstlichen Verstärkung des Motorsounds genutzt.