Der neue DS N°8 im ersten Check mit Sitzprobe, auch als Video.
Im großen Marken-Feuerwerk des Stellantis-Konzerns schien der Funke für DS Automobiles bislang noch nicht so hell, wie es sich die Strategen vielleicht erhofft hatten. Neben der sportlichen Premium-Marke Alfa Romeo steht DS Automobiles für den französischen Chic – jetzt kommt zusätzlich auch noch Lancia mit ähnlichem Anspruch, aber unter italienischer Flagge, zurück.
Der DS N°8 im Video
2.586 Neuzulassungen für DS-Modelle zählt das KBA (Kraftfahrt-Bundesamt) von Januar bis einschließlich Oktober 2024. Der Großteil, genau 1.799 Autos, entfällt auf das SUV DS7. Von der in China produzierten Limousine DS9 kam kaum mehr als eine Handvoll Exemplare auf die Straße. Das soll sich ändern. Ein neues Topmodell steht in den Startlöchern und soll die französische Marke auch international voranbringen. Zeitgleich startet eine neue Namens-Strategie.
DS N°8 heißt das Crossover-Modell, bei uns „DS Nummer 8“ ausgesprochen (mit freundlichen Grüßen an das Chanel-Regal in der Parfümerie Ihres Vertrauens). An die Stelle einer Stufenhecklimousine rückt ein Fließheckmodell mit erhöhter Bodenfreiheit. Damit will DS SUV-Fans abholen und gleichzeitig für Stromeffizienz sorgen. Die Design-Vorlage liefert edie Studie DS Aero Sport Lounge Concept aus dem Jahr 2020.
Eigener Stil auf Konzern-Basis
Die technische Basis für den DS N°8 stellt die STLA-Medium-Plattform. Damit wird das neue Premium-Modell zum engen Verwandten von Peugeot e-3008 / e-5008 und dem Opel Grandland. Während die Schwestermarken den Baukasten auch für elektrifizierte Verbrenner als Mildhybrid und Plug-in Hybrid nutzen, folgt DS Automobiles mit dem N°8 auch weiterhin seinem Plan, zur reinen Elektromarke zu werden. Ein Datum wird dafür aktuell nicht genannt, nach dem Auslaufen des letzten Diesels (DS7) gibt es aber keine reinen Verbrenner mehr.
Der DS N°8 ist 4,82 Meter lang, 1,90 Meter breit und 1,58 Meter hoch. Die steile Front zeigt eine neue Interpretation des bekannten DS-Gills, jedoch als geschlossene Fläche. Im Basismodell Pallas ist sie hochglänzend schwarz ausgeführt, der noblere Étoile ist an einem per vertikalen LED illuminierten Gesicht mit ebenfalls leuchtendem Markenlogo zu erkennen. Blinker und Tagfahrlicht sind in vertikalen Leisten untergebracht. Laut DS Automobiles ist der N°8 damit „auf 100 Meter Entfernung“ zu erkennen. Zumindest dann, wenn man ihn nicht mit einem Peugeot verwechselt…
Das vor der C-Säule abfallende Dach läuft schräg in Richtung Heck, endet in einer Abrisskante unter der wischerlosen Heckscheibe. Darunter beschreibt die Heckklappe eine weitere Kante. Wie die Scheinwerfer teilen sich auch für Rückleuchten in eine horizontale und eine vertikale Linie auf. Auf der Blechfläche prangt der große Markenschriftzug über der Modellbezeichnung. Hinter der großen Klappe wartet ein 620 Liter großer Kofferraum auf Ladung. Unter dem doppelten Boden ist Platz für Ladekabel, einen Frunk (Front Trunk, vorderes Staufach) gibt es nicht. Die Lehne der Rücksitzbank ist dreigeteilt nach vorne umklappbar.
Die Sitzprobe
In der zweiten Reihe geht es enger zu, als man es angesichts der Abmessungen des Autos erwartet hätte. Der Akku im Fahrzeugboden sorgt für wenig Abstand zur Sitzfläche. Für große Menschen hat das zu stark angewinkelte Beine zur Folge. Außerdem muss man die Füße anziehen, da sie nicht unter den Vordersitz passen. Immerhin passt die Kniefreiheit, ein Vorteil des 2,90 Meter langen Radstands. Oben drückt die Dachlinie auf die Frisur – trotz der flachen Bank. Isofix-Bügel liegen hinter Reißverschlüssen. Die beiden Außenplätze lassen sich, ausstattungsabhängig, zudem beheizen und auch ventilieren.
Ein Novum gibt es vorne. In den integrierten Kopfstützen der Sitze wartet der DS N°8 mit Nackenwärmern auf. Der heiße Luftstrom könnte, zusammen mit Sitz- und Lenkradheizung, im Winter für eine weniger stark geforderte Klimaanlage sorgen. Das spart Strom und steigert die Reichweite.
Das Lenkrad zeigt vier Speichen in einem auffälligen X-Design. Die Bedienelemente sind auf berührungsempfindlichen Flächen auf beiden Seiten des Pralltopfs zusammengefasst. Dahinter erlauben Wippen die Steuerung der Energie-Rekuperation. Alle fahrrelevanten Informationen sind auf einem 10,25 Zoll großen Display hinter dem Lenkrad zusammengefasst. Die Anzeigen lassen sich nach Bedarf konfigurieren, beispielsweise für die Sicht auf die Karte des Navigationssystems. Je nach Ausstattung gibt es ein Head-up-Display, das seine Informationen direkt auf die Windschutzscheibe projiziert.
16 Zoll misst das flache, aber sehr breite Infotainment-Display. Die Einstellmöglichkeiten für die Innenraumtemperatur liegen an den Rändern. Das hat einen Vorteil für den Beifahrer, er muss für die Einstellung den Arm nicht weit strecken.
Das Navigationssystem bietet eine EV-Routenplanung mit entsprechenden Stopps und Informationen zur Verfügbarkeit der Ladepunkte, der Akku wird auf dem Weg vorgeheizt. Der entsprechende Online-Zugang soll für drei Jahre ab Erstzulassung kostenlos sein, danach in ein Abo umgewandelt werden.
Zwei Ausstattungslinien wird es geben. Die Sitze und Verkleidungen im DS N°8 Pallas sind mit Kunstleder bespannt. Die Étoile-Version (französisch für Stern) trägt blaues Alcantara. Optional steht hier Nappaleder in zwei Farben (Schwarz und Braun) zur Wahl). Äußerlich sind die beiden Linien an Logos und den Felgen zu erkennen. Der DS N°8 Pallas steht auf 19 Zoll großen Felgen, der Étoile auf 20-Zöllern. Optional kann man 21 Zoll große Aero-Räder bestellen. Sie sollen durch neue Leichtbaumaßnahmen im Vergleich zu den 20-Zoll-Felgen insgesamt sechs Kilogramm Gewicht einsparen. Optionen wird es in Paketen geben, ein Panorama-Glasdach (ohne Öffnungsfunktion) wird es als Einzel-Extra geben.
Für den DS N°8 Étoile steht optional eine Zweifarbenlackierung mit schwarzem Dach zur Wahl. Darauf aufbauen kann man auch die Motorhaube schwarz lackieren lassen (siehe Fotos und Video).
Akku und Antrieb
Den DS N°8 wird es in drei Antriebskonfigurationen geben. Das Grundmodell hat einen netto 74 kWh großen NMC-Akku an Bord, der Elektromotor treibt mit maximal 170 kW (231 PS) die Vorderräder an. Das Drehmoment beträgt 345 Newtonmeter. Die Energie aus dem Akku soll für eine Reichweite von 525 Kilometern sorgen. Die Anhängelast des Basismodells liegt bei 1.400 Kilogramm.
Das Long-Range-Modell hat 97,2 kWh Speicherkapazität im Akku, der Frontmotor leistet in der Version mit Frontantrieb 180 kW (245 PS) und ebenfalls 345 Newtonmeter Drehmoment. DS Automobiles stellt für diese Variante eine WLTP-Reichweite von 750 Kilometern in Aussicht. Bei einer Autobahnfahrt mit konstant 120 km/h sollen über 500 Kilometer machbar sein.
Drüber rangiert der Allrad-N°8 mit zweitem Motor an der Hinterachse. Dieses Modell, ebenfalls mit dem großen Akku ausgerüstet, hat eine Leistung von 260 kW (354 PS) und ein Drehmoment von 511 Newtonmetern. 700 Kilometer Reichweite soll der stärkste Vertreter der neuen Baureihe im Idealfall schaffen. Beide Allrad-Versionen können bis zu 1.600 Kilogramm schwere Anhänger an den Haken nehmen.
Die Ladeklappe liegt hinten links am Auto. An der Wallbox oder einer öffentlichen Ladesäule saugt der DS N°8 Wechselstrom über drei Phasen mit 11 kW. Später soll optional ein 22-kW-Ladegerät angeboten werden. Am Schnelllader sind 160 kW erreichbar. Das Argument, dass man damit nicht auf dem hohen Niveau einiger Mitbewerber liegt, kontert DS Automobiles mit der Ladekurve. Gleichzeitig sollen damit die konstruktiven Herausforderungen der 400-Volt-Architektur im Vergleich zu 800V-Konkurrenten ausgeglichen werden. Die maximale Leistung soll nicht nur ein kurzer Peak sein, sondern im Bereich zwischen 20 und 55 Prozent SoC (State of Charge, Ladezustand des Akkus) anliegen. In 27 Minuten soll der Füllstand von 20 auf 80 Prozent gehievt werden können.
Adaptiv-Fahrwerk mit Kamera
Alle Modellvarianten haben eine Höchstgeschwindigkeit von 190 km/h. Der Wert für die Beschleunigung von null auf 100 km/h variiert zwischen 7,8 (Long Range 180 kW) bzw. 7,7 (170 kW mit kleinerem Akku) und 5,4 Sekunden (Allrad). Über eine Boost-Funktion lassen sich in jeder Version für einen kurzen Zeitraum bis zu 35 Extra-Pferdestärken aktivieren.
Für eine bestmögliche Energie-Effizienz arbeitet das Topmodell als Teilzeit-Allradler. Im Normal-Modus wird mit beiden E-Maschinen gestartet. Im Geschwindigkeitsbereich zwischen 15 und 140 km/h ist auch dieses Modell ein Fronttriebler, bei Kick-Down wird der Heckmotor aber sofort zugeschaltet. Das gilt auch für den Eco-Modus, bei dem sonst immer nur die vordere Maschine arbeitet. In den Fahrmodi Sport und AWD arbeiten stets beide Elektromotoren im Team.
Im DS N°8 Étoile scannt eine Kamera hinter der Windschutzscheibe die Straße und schickt Informationen an einen Zentralrechner zur Steuerung der adaptiven Dämpfung. Dieses „DS Active Scan Suspension“ wurde seinerzeit mit dem DS7 eingeführt.
Preise und Marktstart
Ab Januar 2025 soll der DS N°8 bestellbar sein, im Frühsommer werden die ersten Autos zu Händlern und Kunden kommen. Genaue Preise sind noch unter Verschluss. Für das Basismodell ist mit einem Preis von knapp unter 60.000 Euro zu rechnen, für den größeren Akku in Verbindung mit Frontantrieb sollen rund 65.000 Euro fällig werden.
Es ist zu erwarten, dass die Vertriebsstrategen mit niedrigen Leasingraten für Gewerbekunden Selbständige, Freiberufler und „User-Chooser“ unter den Firmenwagenfahrern auf den DS N°8 aufmerksam machen werden. Ob es damit gelingt, mehr DS-Fahrzeuge im oberen Preissegment als bisher mit den Plug-in Hybriden der Limousine DS9, wird die Zeit zeigen.
Die Produktion des neuen Marken-Flaggschiffs findet im italienischen Melfi statt, also nicht in China wie beim DS9. Ab 2026 teilt sich der DS N°8 das Werk mit einem hausinternen Konkurrenten. Die Marke Lancia hat ein Mittelklasse-Modell mit dem traditionellen Namen Gamma angekündigt.
Fazit
DS Automobiles bringt im Sommer 2025 mit dem DS N°8 ein neues Topmodell. Das Elektro-Crossover-Modell soll gegen Mitbewerber die Polestar 4, BMW i4 und Tesla Model Y antreten, dabei vor allem mit Komfort und Style punkten. Die (Listen-)Preise bleiben premiös-selbstbewusst.
Beim ersten Check überrascht das knappe Fondabteil, das nicht so recht zu einem Reiseauto passt. Wie gut der Elektroantrieb mit dem adaptiven Fahrwerk harmoniert und welche Reichweite der DS N°8 erzielen kann, finden wir gewiss bei künftigen Testfahrten heraus.