VW hat mit Jetta eine eigene Budget-Marke im Portfolio - aber nur in China.
Seit 2019 hat der Volkswagen-Konzern mit Jetta eine eigene Budget-Marke für billige Autos im Programm, folgt damit der Renault-Strategie mit Dacia. Der gar nicht mal so kleine Unterschied: Während Dacia in Europa Erfolge feiert, gibt es die Modelle von Jetta ausschließlich in China.
Jetta im Video
In Zusammenarbeit mit dem Staatskonzern FAW (First Automotive Works), einem der beiden Joint-Venture-Partner von Volkswagen in China, wurde die Marke Jetta aus der Taufe gehoben. Der Name stammt von einst auch bei uns verkauften Stufenheck-Golf, der in China viele Jahre sehr erfolgreich war.
Das Modellprogramm von Jetta besteht aus drei Modellen: Der Stufenhecklimousine VA3 und den beiden SUV VS5 sowie VS7. Bei einem Besuch der Messe Auto China in Peking konnten wir die Jetta-Modelle begutachten und zur Sitzprobe starten.
Jetta VA3
Der kompakte Jetta VA3 basiert auf eine älteren Kleinwagen-Architektur des Konzerns, die in Europa auch unter den Modellen Skoda Rapid und Seat Toledo steckte. Die Karosserie mit Stufenheck streckt sich auf eine Länge von 4,49 Metern. Unter der Motorhaube steckt ein 1,5 Liter großer Sauger mit 82 kW / 111 PS. Alternativ zum serienmäßigen Fünfgang-Schaltgetriebe gab es auch eine Automatik mit sechs Stufen. In der aktuellen Preisliste für den chinesischen Markt taucht diese Option aber nicht mehr auf. Der Jetta VA3 wird ab 67.800 RMB angeboten, das sind rund 8.730 Euro.
Die Sitzprobe im Jetta VA3 zeigt, dass dieser günstige Preis auch in China mit der Konzentration auf das Wesentliche einhergeht. Im Cockpit mit harten Kunststoffen gibt es ein Lenkrad ohne Multifunktionstasten, zudem gut ablesbare Analog-Instrumente. Ein Touchscreen für das Infotainment-Display erfüllt wohl zumindest die Grundbedürfnisse der digital fortgeschrittenen Kunden in Fernost.
Jetta VS5
Der Jetta VS5 ist, trotz der geänderten Front, schnell als enger Verwandter der bei uns bekannten Seat Ateca und Skoda Karoq zu erkennen. In China war auch eine entsprechende VW-Version im Angebot, in den USA gibt es als Einstiegsmodell den auch von uns getesteten VW Taos . Die technische Grundlage stellt der MQB (Modularer Quer-Baukasten) des Konzerns.
Das Cockpit entspricht in seinen Grundzügen den genannten Europa-Modellen, der Infotainment-Bildschirm fällt etwas größer aus. Die Kunststoffe wirken einfach, aber insgesamt hochwertiger als im VA3.
Den Jetta VS5 gibt es mit der Modellbezeichnung 280 TSI (die Chinesen lieben große Zahlen) mit einem 110 kW / 150 PS starken 1.4 TSI – Benziner, wahlweise mit manueller Fünfgangschaltung oder Automatikgetriebe. Die Preise für das kompakte SUV starten mit der Ausstattungslinie „Pioneer Edition“ bei 87.900 RMB, also etwa 11.300 Euro.
Jetta VS7
Der Jetta VS7 folgt dem Marktrend zu Karosserievarianten mit längerem Radstand für mehr Platz im Fond. Er entspricht also weitestgehend dem VS5, ist aber um fast 21 Zentimeter länger – insgesamt 4,62 Meter.
Der größere Radstand (2,73 Meter) kommt dem Platzangebot in der zweiten Reise zugute. Selbst der 1,92 Meter große Autor dieser Zeilen hat, beim auf seine Größe eingestellten Fahrersitz, enorm viel Platz vor den Knien. Ausstattung und Technik des VS7 entsprechen dem kürzeren Jetta VS5. Die Preise der SUV-Langversion starten mit manuellem Getriebe bei 107.900 RMB, umgerechnet etwa 13.900 Euro.
Warum so billig?
Die günstigen Preise lassen aufhorchen, müssen aber in den richtigen Kontext gestellt werden. Der Automarkt in China ist seit einiger Zeit einem starken Preiskampf bei Verbrennern und Elektroautos ausgesetzt. Zudem sind weniger aufwendige Assistenzsysteme verbaut.
Die Jetta-Produkte aus einem Werk in Changchun nutzen zudem teils abgelegte Konzerntechnologie und verzichten auf ein hochwertiges Innenraum-Ambiente. Ein Rezept, mit dem die Renault-Gruppe auch Dacia in Europa zum Erfolg führte. In China tragen die Bemühungen von FAW-Volkswagen mit Jetta bisher noch keine Früchte. Der große Verkaufserfolg blieb aus.
In den Megacities sieht man kaum Autos der Marke auf der Straße, hier herrscht mehr Kaufkraft. Aber auch in ländlicheren Gebieten tragen kompakte Limousinen öfter die Logos von Geely oder BAIC Beijing als das „J“ im Kühler. Angaben von carsalesbase zufolge wurden 2022 in China 146.280 Neuwagen der Marke Jetta verkauft. Angesichts von insgesamt 23,2 Millionen Zulassungen ist der Marktanteil mit 0,6 Prozent also verschwindend gering.
Fazit
In „kleineren“ Städten abseits der Megacities und in ländlicheren Regionen Chinas will FAW-Volkswagen mit den günstigen Jetta-Modellen punkten. Das Rezept von VA3, VS5 und VS7 entspricht der Dacia-Strategie von Renault.
In China bleibt der große Erfolg für Jetta bislang aus. Dennoch zeigen die Modelle bei einer Sitzprobe in Peking, dass Budget-Autos auf Basis etablierter Konzernware auch bei uns ihren Reiz hätten. Die Marke Jetta dürfte dabei zu unbekannt sein. Aber mit Seat hat man in Wolfsburg doch ein etabliertes Label ohne (offiziell) bekannte Zukunftsstrategie im Regal…
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