Der neue BMW 5er in Form des elektrischen i5 im Fahrbericht mit Video-Review.
Die Business Class wird elektrisch. Nachdem Tesla mit dem Model S solvente Geschäftskunden mit dem Wunsch nach einem Elektroauto im Alleingang bediente, ist jetzt die deutsche Premium-Konkurrenz am Start. Im Gegensatz zu Mercedes und Audi, wo man auf speziell entwickelte Modelle (EQE, ab 2024 A6 e-tron) parallel zu den Verbrenner-Baureihen setzt, bietet BMW den neuen 5er mit unterschiedlichen Antriebsvarianten unter dem gleichen Kleid an.
Der BMW i5 eDrive 40 im Video
Die CLAR genannte Architektur macht dies möglich, zudem kann im Werk Dingolfing der elektrische BMW i5 am gleichen Band gebaut werden wie die anderen 5er-Modelle. Die Mildhybride 520i und 520d stellen den Einstieg dar, etwas später folgen ein Reihensechszylinder-Diesel und zwei Plug-in Hybride (530e, 5503 xDrive).
Mit batterieelektrischem Antrieb geht der aktuell stärkste 5er als i5 M60 xDrive an den Start, darunter rangiert der mit Heckmotor ausgestattete i5 eDrive 40. Mit ihm starten wir zu den ersten Testfahrten. Die auf gar nicht mehr so Normgaragenfreundliche Limousine, die jetzt happige 5,06 Meter in der Länge misst, kleidet sich beim ersten Kennenlernen im hellen „M Brooklyn Grey Metallic“ und M Sportpaket. Für Bodenkontakt sorgen 21-Zoll-Räder in zweifarbigem Finish.
Das Designerstück
Das Design schlägt gekonnt die Brücke zwischen der 3er-Limousine und dem großen 7er. Letzterer stieß in Europa viele Menschen mit seinem expressiven Design vor den Kopf – er soll vor allem Kunden in den USA und in Asien ansprechen. Der neue BMW 5er trägt eine breite, flache Nierengrafik an der Front, eingebettet in flache Scheinwerfer mit vertikal angeordneten Tagfahrlicht-Streifen. Laserlicht gibt es nicht, die LED-Matrix-Scheinwerfer wurden weiterentwickelt und dürften eine annähernd gute Fernsicht bei Dunkelheit liefern.
Im traditionellen „Hofmeisterknick“ an der C-Säule präsentiert sich stolz die Ziffer 5. Am Heck zitiert ein schräg nach hinten abfallender Kofferraumdeckel die erste 5er-Generation aus dem Jahr 1972. Der Kofferraum darunter fasst beim elektrischen i5 490 Liter – damit liegt er fast auf dem Niveau der Verbrenner (520 Liter). Eine Anhängerkupplung wird es als Option geben. 1.500 Kilogramm darf der i5 eDrive 40 an den Haken nehmen.
Der Aerodynamik zuliebe haben sich die Entwickler für Griffschalen zum Öffnen der Türen entschieden, Bügeltürgriffe wären praktischer. Hinter den Portalen präsentiert sich ein üppig dimensionierter Innenraum. Dank des beinahe drei Meter langen Radstands bietet der i5 auch im Fond üppige Platzverhältnisse. Auch auf den optionalen Komfortsitzen vorne (Sportsitze sind serienmäßig) hält man es gerne aus. Das Mobiliar kleidet sich im lederfreien „Veganza“-Material. Auch der Lenkradkranz wird nicht mehr mit Tierhäuten bespannt.
Große Displays unter einer gemeinsamen Abdeckung (Curved Display) bestimmen das Cockpit. Auf haptische Bedienelemente in Form des iDrive-Systems mit Dreh-Drück-Steller auf der Mittelkonsole muss aber auch im 5er der Neuzeit nicht verzichtet werden. Gegen Aufpreis kleidet er sich, ebenso wie die Walze zur Verstellung der Audio-Lautstärke und die Fahrstufen-Wippe unter Glas.
Druck von hinten
Der Heckmotor bringt es im BMW i5 eDrive 40 auf eine maximale Leistung von 250 kW (340 PS) im Sportmodus – in den anderen Einstellungen sind es 230 kW (313 PS). Mit 400 Newtonmetern Drehmoment, die sich mit Launch Control oder im, über ein Schaltpaddel am Lenkrad ansteuerbare, M-Boost auf 430 Newtonmeter anheben lassen, schiebt die Elektromaschine den über 2,2 Tonnen schweren BMW i5 druckvoll an. Je nach Fahrmodus, oder auf Wunsch einer individuellen Konfiguration folgend, quittiert die Limousine Bewegungen des Fahrpedals mit einem ansteigenden Kunst-Motorsound für den Innenraum. Peinlich wirkt das selten, am Ende bevorzugt der Autor aber doch den naturgemäß (fast) lautlosen E-Antrieb.
Allradlenkung als Option
Bei der Konfiguration des Testwagens hat sich der Hersteller nicht zurückgehalten. Auf kurvigen Landstraßen außerhalb der portugiesischen Hauptstadt Lissabon wuselt der elektrische 5er dank M-Adaptivfahrwerk mit Integral-Aktivlenkung die Hügel flink herauf und wieder herunter. Während die Hinterräder bei niedrigem Tempo um bis zu 2,5 Grad gegensinnig einschlagen, um den Wendekreis zu verringern, folgen die in ihrer Einschlagrichtung jetzt den Vorderrädern (auch hier bis maximal 2,5 Grad). Der i5 ist spurstabil und fahrsicher. In keiner Kurve muss man am M-Sportlenkrad mit gewohnt dickem Kranz nachjustieren – und wenn, dann weil der Fahrer den Radius falsch eingeschätzt hat.
Die Dämpferregelung hat auch mit den optional erhältlichen 21-Zoll-Rädern ein leichtes Spiel, auch auf welligen und rissigen Straßen bietet der damit ausgestattete i5 stets mehr als ausreichenden Komfort bei einer gleichzeitig straffen Grundnote.
In sechs Sekunden spurtet der BMW i5 eDrive 40 aus dem Stand auf 100 km/h, die Höchstgeschwindigkeit wird bei 193 km/h elektronisch begrenzt. Dieses Limit fahren wir in Südeuropa nicht aus, konnten auf tempolimitierten Autobahnen aber bereits den optionalen Autobahnassistenten mit Spurwechselfunktion ausprobieren, der bis zur deutschen Richtgeschwindigkeit auch Lenkung und Blinker automatisiert steuert.
Das kann der i5 M60
Darf es etwas mehr sein? Der Antwort auf dieser Frage kann mit dem Umstieg in den BMW i5 M60 xDrive nachgegangen werden. In der Marketing- und Vertriebshierarchie der Münchner handelt es sich bei ihm um in M-Performance-Fahrzeug. Bis zum Erscheinen des nächsten M5 ist er zugleich das leistungsstärkste Topmodell der Baureihe mit dem internen Kürzel G60.
Zum aus dem 40er bekannten Heckmotor mit bis zu 250 kW gesellt sich eine weitere Maschine an der Vorderachse, für sich im Peak 192 kW stark. Die Systemleistung des Zweimotorenantriebs liegt bei 380 kW (517 PS), im Sportmodus gar bei 442 kW (601 PS). Keine Überraschung: Beim Tritt auf das Pedal sprintet der M60 deutlich vehementer in Richtung Horizont, dafür muss man per Zug an der Schaltwippe nicht mal das Drehmoment von 795 auf 820 Newtonmeter anheben.
Dynamik und Komfort
Mit der zusätzlichen Antriebskraft an den Vorderrädern will der stärkere E-5er mit etwas mehr Verve in die Kehre geworfen werden. Das merkt man aber nur im direkten Vergleich mit dem Heckmotor-Modell. Die ausgewogene Kraftverteilung lässt auch den M60 auf der Ideallinie reiten und dabei Tempo aufbauen. Es sind die Reifen, die – lange bevor das ESP eingreift – andeuten, dass es physikalische Gesetze gibt.
Deren Auslegung spannt der Testwagen nochmals weiter. Er ist, zusätzlich zur adaptiven Dämpferregelung und Hinterachslenkung, auch mit Wankstabilisierung ausgestattet. Selbst auf schmalen Straßen mit engen Kurven vergisst man schnell, in einer über fünf Meter langen Limousine zu sitzen.
Die in allen neuen 5er-Varianten serienmäßigen Sportsitze kann man noch nicht ausprobieren, die Testwagen bringen die optionalen Komfortsitze mit. Auch dieses Mobiliar bietet sehr guten Seitenhalt – vor allem dann, wenn sich die Wangen mit Luft füllen, um Fahrer und Beifahrer zärtlich in die Zange zu nehmen.
Akku und Ladeleistung
Unabhängig von der Antriebskonfiguration baut BMW in jeden i5 einen Lithium-Ionen-Akku mit 81,2 kWh netto nutzbarer Speicherkapazität ein. Das soll für eine WLTP-Normreichweite von bis zu 582 Kilometer beim eDrive 40 bzw. 516 Kilometer beim M60 xDrive sorgen. In beiden Testwagen zeigte der Bordcomputer beim Start der Probefahrten mit vollem Akku eine Prognose von rund 420 Kilometern an.
800-Volt-Technologie wird bei BMW erst in der „ Neuen Klasse “ einziehen. Schon jetzt will man aber in Sachen Ladeleistung weit vorne mitspielen. Im Vergleich um BMW i7 wurde sie beim i5, trotz etwas kleinerem Akku, um zehn auf 205 kW gesteigert. Am Schnelllader soll sich der Füllstand des Stromspeichers in 30 Minuten von zehn auf 80 Prozent steigern lassen.
Wechselstrom fließt dreiphasig mit 11 kW. Etwas über acht Stunden dauert es dann, die Batterie im Fahrzeugboden vollständig zu füllen. Wer den i5 nicht nur über Nacht an die Wallbox oder eine öffentliche Ladesäule hängt, kann für 1.200 Euro Aufpreis ein Onboard-Ladegerät mit 22 kW Leistung (dreiphasig) bestellen. Die Ladezeit verringert sich dann auf rund viereinhalb Stunden.
Plug and Charge
Dank aktueller Software in Form des BMW-Betriebssystem OS 8.5 kann der Fahrer eines BMW i5 „Plug and Charge“ nutzen. Bis zu fünf Ladekonten, ein Vorteil bei Geschäftswagen mit mehreren Nutzern, können im Auto hinterlegt werden. Am Ansteuern einer Ladesäule muss man nur noch anstöpseln und das Konto auf dem Touchscreen auswählen. Das Hantieren mit Ladekarten oder einr App entfällt.
Außerdem zieht der „Max Range Modus“ ein. Er soll als Helfer in der Not dienen, wenn beispielsweise eine Ladesäule wider Erwarten defekt ist. Mit einer um 25 Prozent reduzierten Leistung und der auf 90 km/h begrenzten Höchstgeschwindigkeit erlaubt er die Weiterfahrt um einige Kilometer – die hoffentlich ausreichen, um einen anderen Ladepunkt anzusteuern.
Das kosten 5er und i5
Der Ausruf „das sind ja 100.000 Mark!“ stimmt nicht mehr – es waren mal mehr (aber sind es nicht, da Inflation, Ausstattung und Technik weitermarschiert sind). Den Einstieg in die neuer BMW-5er-Generation bildet der 208 PS starke 520i für 57.550 Euro. Der Diesel 520d mit 197 PS ist ab 57.550 Euro zu haben. Beide Vierzylinder sind Mildhybride.
Der BMW i5 eDrive 40 kostet mindestens 70.200 Euro. Mit diesem Preis hat der graue Testwagen nicht viel zu tun. Mit allen enthaltenen Optionen kommt er auf 93.650 Euro. Teurer ist der BMW i5 M60 xDrive, den es inklusive M Sportpaket ab 99.500 Euro gibt. Der „Alpinweiß“ lackierte M60 auf unseren Fotos (und im Video) hat einen Listenpreis von 119.310 Euro.
„Das sind ja…“ Stimmt: Hohe Preise für High-Tech-Produkte, die damit keineswegs meilenweit von Tesla Model S (ab 94.990 Euro) oder Lucid Air (ab 109.000 Euro) entfernt sind.
Fazit
Unabhängig vom Antrieb: Der BMW i5 ist „stark“. Antrieb, Platzangebot und Verarbeitung liegen auf dem hohen Niveau, den man von einem deutschen Premiumprodukt erwarten darf. Die Münchner haben es geschafft, die traditionelle Freude am Fahren auch in die elektrische Business Class zu übertragen.
Schade ist, dass die neue Generation ungeniert die Fünfmeter-Marke bei der Länge reißt. Das wird auch für den neuen 5er Touring gelten, der 2024 auf den Markt kommt – dann auch elektrisch. Trotzdem ist schon heute klar: Dieser Beitrag zur Neuen Deutschen (Elektro-)Welle wird kein One-Hit-Wonder bleiben.
Technische Daten
BMW i5 eDrive 40 // BMW i5 M60 xDrive |
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Antrieb | Heckantrieb // Allradantrieb |
Getriebe | Eingang-Reduktionsgetriebe |
Elektromotor: Maximale Leistung kW | 230 kW (313 PS) | 250 kW (340 PS) im Sport-Modus |
Elektromotor vorn: Maximale Leistung kW | i5 M60 xDrive: 192 kW (261 PS) |
Systemleistung: kW / PS | i5 M60 xDrive: 380 kW (517 PS) | 442 kW (601 PS) im Sport-Modus, 795 | 820 Nm |
Batterie | 81,2 kWh (netto), Lithium-Ionen |
Maximale Ladeleistung Gleichstrom (DC) | 205 kW |
Maximale Ladeleistung Wechselstrom (AC) | 11 kW (dreiphasig), optional 22 kW (dreiphasig) |
Beschleuningung 0-100 km/h | 6,0 Sekunden // 3,8 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 193 km/h // 230 km/h |
Norm-Verbrauch kWh / 100 km | 15,9 - 18,9 kWh // 18,2 - 20,6 kWh |
Leergewicht | 2.205 kg // 2.380 kg |
Anhängelast (gebremst) | 1.500 kg, Stützlast 80 kg // 2.000 kg, Stützlast 80 kg |
Länge / Breite / Höhe | 5.060 / 1.900 / 1.515 mm |
Grundpreis | 70.200 Euro // 99.500 Euro |
Testwagenpreis | 93.650 Euro // 119.310 Euro |