Eine Abschiedstour: der letzte Citroen mit hydropneumatischer Federung.
Beginnen wir mit einer gedanklichen Sortierung. Vom sänftenartigen Fahrkomfort wird in Zusammenhang mit Citroens hydropneumatischer Federung oft gesprochen. Und damit knapp am Thema vorbeigeschossen. Den auch wenn eine Sänfte den König oder Fürsten weniger ruppig über unbefestigte Geröllwege brachte als eine ungefederte Kutsche, so musste es in einer von Menschen getragenen Sänfte doch ziemlich ruppig gewesen sein.
Genau das versucht das mittlerweile sperrig „Hydraktiv III+“ genannte Fahrwerk im Citroen C5 zu verhindern. Die Mittelklassebaureihe ist das letzte Modell der französischen Marke, das sich den Luxus der aufwändigen Federung leistet. Kurz vor dem Ende dieser Ära war ich mit dem C5 nicht nur bei seinen Ahnen zu Besuch ( den Bericht findet Ihr hier ), sondern konnte ihn auch im Alltag testen.
Der Citroen C5 tritt als modern geschminkter Tourer XTR an. Dieses Kürzel trägt die Version mit Offroad-Schminke: schwarze Kunststoff-Radläufe und angedeutete Unterfahrschutze an Front und Heck wollen Abenteuer suggerieren. Ungefähr so, wie wenn ein gemütlicher Mensch mittleren Alters ein T-Shirt mit „Safari Action“-Aufdruck trägt. Denn technisch ändert sich beim XTR im Vergleich zum regulären Tourer bis auf eine Anhebung der Karosserie um 15 Millimeter (bis maximal 70 km/h) nichts, es bleibt beim Frontantrieb, nur die in sich geschlossene Designlinie verliert der Kombi unter dem Abenteurer-Make-up.
Seit 2014 ist der C5 Tourer XTR lieferbar, die Baureihe an sich gibt es bereits seit Frühjahr 2008. Sein Alter merkt man dem großen Franzosen in vielen Punkten an. Der Platz im Fond des Mittelklassekombis wird mittlerweile von vielen Kompakten übertroffen. Vorne herrscht genügend Bewegungsfreiheit, jedoch sind die Sitze für große Fahrer viel zu klein. Kutschbockartig sitzt man auf dem Stuhl – hier passt der Vergleich zum Sänftenzeitalter dann doch wieder – und die zu kurze Kopfstütze endet auf Nackenhöhe.
Hier kann ich auch die Kritik an den Bedienelementen beginnen. Der Schalter für die Sitzheizung befindet sich nicht nur versteckt am Sitzrahmen, die ungenaue Rastung des Rädchens mit drei Stufen lässt Dich auch meist im Unklaren über die Heizstufe. Noblesse strahlt der dahinter liegende Knopf für die Massagefunktion des Fahrersitzes aus, das Geknete wirkt aber kraftlos und weniger ambitioniert als zum Beispiel beim Renault Espace ( Alltagstest hier ).
Im Cockpit belässt es der Citroen C5 bei einem sieben Zoll großen Touchscreen. Knöpfe drum herum gibt es nicht, das Mensch-Maschine-Interface befindet sich komplett in der Lenkradnabe. Die steht, das ist eine C5-Spezialität, fest, nur der Kranz dreht sich. Nach kurzer Eingewöhnung klappt die Bedienung des Autos mit den 16 Tasten und zwei Walzen ganz gut. Fahrzeugbestandteile, die erst nach der Konstruktion des C5 ihren Einzug gehalten haben, wie zum Beispiel Start/Stopp und der Spurhalteassistent, werden über Knöpfe hinter den Lenkstockhebeln bedient.
Letzterer bedarf einer gesonderten Erwähnung. Das System warnt vor einem scheinbar unbeabsichtigten Spurwechsel, indem die Sitzfläche des Fahrersitzes links oder rechts vibriert. Das geschieht aber leider nach dem Zufallsprinzip, das Überfahren von Spurbegrenzungen bleibt oftmals vibrationsfrei, auf der Straße aufgemalte Pfeile an Kreuzungen versetzen den Sitz aber meist in zitternde Hektik.
Fahren wir also lieber geradeaus. Das kann der Citroen C5 – Testwagen gut. Es handelt sich hierbei um den stärkeren der beiden Zweiliter-Vierzylinder-Diesel. Andere Motoren werden für den C5 nicht mehr angeboten.
180 PS lässt das Steuergerät maximal auf die Kurbelwelle los, bei der bis zu 400 Nm ankommen. Und dann teilweise im Wandler der Sechsstufenautomatik verpuffen. Macht aber nichts. Der gemächliche Vortrieb passt hervorragend zum entspannten Gesamtcharakter des französischen Kombis. Zudem hält sich der Diesel akustisch zurück, Autobahntempo 130 wird zur Schweigemeditation. Bis das Getriebe den Störenfried mimt. Schon kleinste Gaspedalbewegungen in Richtung Bodenblech genügen, um den Automaten vorschnell eine oder gar zwei Stufen zurückzuschalten, anstatt sich im hohen Gang aus dem Drehmomentfundus des Zweiliter-Selbstzünders zu bedienen. Dann wird der C5 Tourer XTR unnötig laut, obwohl er sich sonst sogar den Luxus faserverkleideter Radhäuser erlaubt, um für Ruhe zu sorgen.
Die Hydropneumatik versucht auf der Fernschnellstraße, die Karosserie im Lot zu halten. Wenn man genau aufpasst, merkt man, dass dadurch der Aufbau fortwährend in Bewegung ist. Nicht holprig – wie bei der erwähnten Sänfte – sondern sanft schwingend, also mehr wie ein Nachmittag auf der Hollywood-Schaukel. Da schafft man auch nie, das Ding komplett ruhig zu halten.
Objektiv betrachtet – und frankophile Leser werden mir nun sicherlich eine deutsche Brille vorwerfen – kann das Fahrwerk aber außer der kaum vorhandenen Seitenneigung beim Kurvenfahren nichts besser als moderne Dämpfersysteme mit adaptiver Steuerung, wie sie z.B. im VW Passat oder Skoda Superb angeboten werden. Die erlauben zudem eine größere Spreizung einzelner Fahrmodi, während der Citroen C5 beim Druck auf die Sport-Taste zwar spürbar verhärtet, aber dennoch weiter vor sich hin schaukelt.
Davon abgesehen kann ich aber sehr gut nachvollziehen, dass man die Eigenart der klassischen Citroen-Federung über die Jahre lieb gewinnen kann und sie dann auch nicht mehr missen möchte. Was die Anhänger und Fans der Marke aber tun müssen. Denn mit dem nicht mehr allzu fernen Ende des Citroen C5 wird auch die Hydropneumatik zu Grabe getragen.
Ein Ende für einen neuen Anfang: Schon für dieses Jahr hat Citroen eine neue Fahrwerksgeneration in Aussicht gestellt. Diese soll weniger exzentrisch sein als die Hydropneumatik und dennoch einen ähnlichen Komfort bieten. Ob aus der Hollywoodschaukel dann ein bequemer Freischwinger wird? Fest steht: Citroen will sich nach den Jahren der Orientierungslosigkeit wieder mehr dem Fahrkomfort verschreiben und damit weiter einen eigenen Weg gehen.
Was den C5 nicht zum Auslaufmodell macht, sondern zum Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Zukunft. Hoffen wir auf einen zukünftigen großen Citroen. Eine interessante Studie dazu gibt es bereits, wie ihr hier nachlesen könnt.
Ein Teil der Fotos ist auf dem Gelände von Citroen-Sammler Franz Peters entstanden. Den Bericht zum Besuch seiner Sammlung findet Ihr hier .
Technische Daten
Citroen C5 Tourer XTR BlueHDI 180 |
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Hubraum | 1.997 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 133 / 180 bei 3.750 U/min |
Max. Drehmoment | 400 Nm bei 2.000 U/min |
Getriebe | 6-Gang-Automatik |
Beschleuningung 0-100 km/h | 9,7 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 219 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 4,4 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 8,0 Liter |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Michelin Pilot Alpin 245/45 R18 (Winterreifen) |
Leergewicht | 1.730 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.829 / 1.860 / 1.472 - 1.512 (je nach Fahrwerksstellung) mm |
Grundpreis | 43.300 Euro |
Testwagenpreis | 46.505 Euro |