Der neue Range Rover P530 mit V8-Motor von BMW im Fahrbericht mit Video-Review.
Sitz und Kopfstütze haben sich elektrisch in Position gesurrt, der Finger tippte auf den Starknopf. Ganz entfernt nimmt ein sensibles Ohr die Arbeit des Motors wahr. Vor uns liegt eine leere Straße, irgendwo da unten. Hier im ersten Obergeschoss drückt das Bein den rechten Fuß aufs Gaspedal. Die mächtige Front hebt sich leicht in Richtung Himmel und es geht los. Wenn sich eine fahrende Schrankwand mit 2,6 Tonnen Leergewicht derart vehement in Bewegung setzt, gleicht das mutmaßlich dem Start eines Raumschiffs.
Der Range Rover im Video
Wir sind im neuen Range Rover unterwegs. Für die ersten Probefahrten mit der neuen Generation des herrschaftlich-luxuriösen SUV haben wir die Vollfettstufe gewählt. Hinter dem Modellschriftzug auf der Motorhaube steckt ein 4,4-Liter Twin-Turbo-V8, den die Briten in seiner Grundform von BMW beziehen. Die Bezeichnung P530 verrät die maximale Motorleistung von 390 kW / 530 PS. Für den ständigen Wow-Effekt sorgen aber vielmehr die 750 Newtonmeter Drehmoment, die zwischen 1.800 und 4.600 U/min, also eigentlich in jeder Lebenslage, anliegen. Verwaltet werden sie zielsicher von einer Achtstufen-Wandlerautomatik.
Schnell, wendig und agil
Der neue Range Rover P530 kann also schnell fahren, was auch die Werksangaben von 4,6 Sekunden für die Beschleunigung von null auf 100 km/h und eine Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h zeigen. In der Realität sind aber Agilität und Wendigkeit des Range Rover viel beeindruckender. Mit der serienmäßigen Hinterachslenkung wird das 5,05 Meter lange Luxus-SUV gefühlt zum Kompaktauto. Dann nämlich, wenn man auf engem Raum (egal ob auf dem Waldweg oder vor der Privatschule der Kinder) wendet und die gegensinnig einschlagenden Hinterräder den Wendekreis auf 11,9 Meter verkleinern. Und auch dann, wenn sie bei höherem Tempo in die gleiche Richtung einschlagen wie die vorderen Gummiwalzen und dann die Spurstabilität erhöhen.
Die Luftfederung mit Dynamic Response sorgt auch im Dynamik-Fahrmodus für mustergültigen Komfort. Bodenwellen, Wurzelaufbrüche oder Querfugen hält sie von den Insassen fern, ohne jedoch für ein entkoppeltes Gefühl zu sorgen. Empfindliche Mitfahrer dürften aber ein stets leichtes Nachschwingen spüren und auch bemängeln.
Im Fond des Testwagens in der Ausstattungslinie First Edition kann man es sich auf elektrisch verstellbaren Einzelsitzen bequem machen. Der (zu) schmale Mittelsitz klappt seine Lehne elektrisch nach unten und wird zur Armlehne mit Touchscreen für die Bedienung von Sonnenrollo im Dach, Klimaanlage und Fond Entertainment. Zwei jeweils 11,4 Zoll große Displays an den Vordersitzen zeigen Navigation und Medieninhalte, externe Geräte können über HDMI-Anschlüsse verbunden werden.
Digitalisierte Bedienstruktur
Im Cockpit zeigt der neue Range Rover als erstes Modell der Marke Land Rover ein auf 13,1 Zoll vergrößertes Infotainment-Display. Die Menüs, durch die man mit dem schnell reagierenden Touchscreen klicken muss, sind teils arg mehrschichtig. Das liegt aber nicht an einer mangelhaften Struktur, sondern schlicht und einfach an der Fülle der Funktionen.
Sitzmassage? Klar. Fragt sich nur, welches Programm. Und auch, in welche Richtung die Polster im Sessel dann pulsieren sollen. Heizung und Lüftung lassen sich gewohnt intuitiv über einen Druck auf dem physischen Drehregler der Klimaautomatik einstellen.
Er bleibt ein Offroad-König
Eine Vielzahl von Fahrprogrammen für die Straße und Offroad-Ausflüge lassen sich voreinstellen oder auch frei konfigurieren. Die Luftfederung hebt das Auto in zwei Stufen an, um maximal 90 Zentimeter Wattiefe zu ermöglichen. Die Kameras der 360-Grad-Rundumischt helfen auch in Schlammfurchen oder an der Felswand, zentimetergenau zu rangieren. Das gilt natürlich auch für den kantigen Randstein in der Innenstadt.
Was der Range Rover abseits des Asphalts alles möglich macht, können wir im Rahmen der Probefahrten nicht einmal ansatzweise erfahren. Seine Allrounder-Eigenschaften unterstreicht er auch mit der Anhängelast von 3.500 Kilogramm und 150 Kilogramm Stützlast.
Partymobiliar am Heck
Nochmals mehr verträgt der untere Teil der weiterhin zweigeteilten Heckklappe. Bis zu 350 Kilogramm Belastung sind hier möglich. Optional, oder bei der First Edition als Teil der Serienausstattung, lässt sich hier die „Tailgate Event Suite“ nutzen. Mit Polstern und einer aufstellbaren Lehne wird sie zur Sitzgelegenheit für zwei Personen nebst Getränkehaltern und Lautsprechern in der offenen Heckklappe. Gut möglich also, dass beim nächsten Pferderennen nicht mehr die Logenplätze auf der Tribüne erste Wahl sind, sondern ein naher Parkplatz für den Range Rover.
Hier kann man dann entspannt die Beine baumeln lassen und nachdenken. Zum Beispiel darüber, dass der V8 im Range Rover sicherlich eine standesgemäße Motorisierung mit viel Spaßpotenzial ist, aber mit seinem hohen Verbrauch nicht ganz zeitgemäß sein kann. Den neuen Range Rover gibt es auch als Diesel und Benziner mit mildhybridisierten Reihensechszylindermotoren und in Kürze als Plug-in Hybrid. 2024 kommt zudem eine rein elektrische Variante ins Programm.
Das kostet der Ranger Rover V8
Der Range Rover P530 First Edition hat eine komplette Luxusausstattung mit hochwertigen Materialien, einem famosen Soundsystem mit 1.600 Watt Leistung, Fond Entertainment und mehr. Den hohen Preis dürfte die gut situierte Kundschaft nur kurz zur Kenntnis nehmen, wenn es um das Eintippen des Betrags beim Online-Banking geht (oder lässt man das machen?). 180.400 Euro stehen im Konfigurator. Die einzige Option des in „Charente Grey“ lackierten Testwagens ist die elektrisch ausfahrbare Anhängerkupplung. 3.000 Euro Aufpreis kostet die zweite Karosserievariante mit langem Radstand (3,20 Meter statt drei Meter). Dieser Range Rover wird dann auf Wunsch auch zum Siebensitzer.
Der Einstieg in die V8-Welt beim Range Rover beginnt mit der Ausstattungslinie HSE bei 154.800 Euro. Zur Einordnung: Das Basismodell D250 mit 250 PS starkem Dieselmotor startet bei 125.900 Euro.
Fazit
Bleiben wir sachlich: Der neue Range Rover ist eine gekonnte Evolution des schon vorher ausgereiften Konzepts eines Luxusautos, das ganz nebenbei auch ein kompetenter Offroader ohne Angst vor schwierigen Wegen ist. Der famose V8-Motor von BMW hat mit dem schweren Brocken leichtes Spiel. Die von den Briten entwickelten Fahrdynamik-Baugruppen sorgen für Spaß, Komfort und Sicherheit. Bei aller Dekadenz bleibt der Range Rover eine stilsichere Alternative zur oft effekthaschenden Konkurrenz, bleibt also für Firmenlenker und Freiberufler ebenso erste Wahl wie für den Adel mit Mobilitätsbedarf.
Und dann werden wir unsachlich: Jeder Mensch soll Ziele im Leben haben. Der Autors dieser Zeilen fügt jetzt eines zu seiner, bislang immerhin teilweise abgearbeiteten, Liste hinzu: Einen Range Rover vor der Garage (auch weil er nicht hineinpassen würde).
Technische Daten
Range Rover P530 First Edition |
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Antrieb | permanenter Allradantrieb |
Hubraum | 4.395 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | V8 |
Maximale Leistung kW / PS | 390 kW / 530 PS bei 5.500 - 6.000 U/min |
Max. Drehmoment | 750 Nm bei 1.800 - 4.600 U/min |
Getriebe | Achtgang-Automatik |
Tankinhalt | 90 Liter |
Beschleuningung 0-100 km/h | 4,6 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 11,9 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 19,6 Liter (lt. Bordcomputer) |
Leergewicht | 2.585 kg |
Anhängelast (gebremst) | 3.500 kg, Stützlast 150 kg |
Länge / Breite / Höhe | 5.052 / 2.047 / 1.870 mm |
Grundpreis | 180.400 Euro |