Macht der Seat Leon ST auch mit Erdgasantrieb Spaß?
Spätestens mit der aktuellen, seit Ende 2012 erhältlichen, Modellgeneration ist der Seat Leon nicht nur zur tragenden Säule des Seat-Modellprogramms gereift, sondern auch auf dem Kompaktklasse-Einkaufszettel vieler Kunden gesetzt.
Kein Wunder, dass die Preisliste des Spaniers eine ausufernde Anzahl an Möglichkeiten bereithält. Dreitürer, Fünftürer und Kombi – letzteren auch als offroadiger X-Perience, sieben Ausstattungsvarianten und ein breites Motorenprogramm vom 86 PS starken 1.2 TSI über diverse Benziner und Diesel bis hin zum 310 PS starken Cupra R wollen es allen Kunden recht machen.
Auch in der Nische sucht Seat mit dem Leon sein Glück, und zwar im Markt der Erdgasfahrzeuge. Wobei das, wenn es nach der aktuellen Volkswagen-Konzernstrategie geht, nicht mehr lange eine Nische bleiben soll, die Marken Audi, Seat, Skoda und VW trommeln mit neuen Modellen und Kampagnen für den gasförmigen Kraftstoff.
Beim Seat Leon hört das Erdgasmodell auf den Namen TGI. Unter der Haube steckt ein auf den bivalenten Antrieb, also mit Erdgas und Benzin zu befeuernder, ausgelegter 1,4 Liter TSI-Vierzylinder. Er verlor im Gegensatz zum Ausgangsmodell ein bisschen an Leistung, diktiert jetzt 81 kW oder 110 PS ins Datenblatt, der reine Benziner spannt 125 Pferde vor den Wagen.
Bei der Ausfahrt zeigt sich der Erdgas-Leon auch als entspannter Begleiter, ohne aber schwächlich zu wirken. Vor allem die sinnvolle Kombination mit dem 7-Gang-DSG, dessen Kupplungen nicht im Ölbad laufen und damit kein spezielles Wartungsintervall benötigen, gefällt.
200 Newtonmeter Drehmoment entsprechen dem Wert des 1.4 TSI und genügen in vielen Lebenslagen. Ab 1.500 Umdrehungen stehen sie Spalier, und das weiß das DSG natürlich. Ob Ausfallstraße, Landpartie oder Autobahn, stets verweilt es in der höchsten Stufe und der Motor werkelt beinahe unhörbar vor sich hin.
Erst bei Überholvorgängen oder hektischerer Fahrt macht der Vierzylinder auf seine Spezialität aufmerksam. Er wird lauter als der Benziner, läuft ein wenig rauer, rasselnder. Nicht störend, aber eben ein anderes Geräusch, in der Wahrnehmung vergleichbar mit dem Unterschied zwischen Diesel und Benzinmotor.
Zwei Tankuhren in den Instrumenten sind der einzig wirklich merkbare Unterschied im Cockpit, denn der 15 Kilogramm fassende Erdgastank ist zusätzlich zum 50 Liter großen Spritreservoir eingebaut.
Das macht Sinn, denn es gibt zwar 900 Erdgastankstellen in Deutschland, die Zahl wirkt jedoch nur flächendeckend genug, wenn man nicht gehört hat, dass es immer noch 14.510 Tankstellen für Benzin und Diesel gibt. Außerdem benötigt der TGI-Motor bei kalten Außentemperaturen morgens einen kleinen Schluck ROZ95, um aufzuwachen.
Der zweite Tank sorgt auch für den weiteren Unterschied beider Versionen. Das Erdgasmodell hat einen nominell kleineren Kofferraum, 482 bis 1.365 Liter anstatt 587 bis 1.470 Liter. Unter dem doppelten Ladeboden liegt der Erdgastank, womit der hier vorhandene Stauraum also nicht genutzt werden kann.
5,7 Kilogramm Erdgas hat sich der Seat Leon ST TGI auf der Probefahrt lauf Bordcomputer alle 100 Kilometer aus dem Tank gezogen und lag damit über dem kombinierten NEFZ-Verbrauch von 3,7 Kilogramm.
In Tankkosten umgerechnet bedeutet das ein Investment von ca. 4,33 Euro. Der Berechnung liegt ein Erdgaspreis von 1,17 Euro pro Kilo zugrunde. Da Erdgas aber eine höhere Energiedichte hat als flüssiges E10, kann man das mit der Menge von ca. 1,5 Liter Super vergleichen.
Ein Seat Leon 1.4 TSI (mit Schaltgetriebe) schluckt nach auslaufender Norm 5,2 Liter auf 100 Kilometer, das kostet bei einem Preis von 1,35 Euro 7,02 Euro. Doppelgekuppelt muss der 115 PS starke Leon ST Ecomotive mit 1.0 TSI-Dreizylinder, 115 PS und Aerodynamikpaket herhalten. Sein NEFZ-Wert: 4,4 Liter, also 5,94 Euro.
Da die Versicherungs-Typklassen der beiden Eins-Komma-Vierer (Haftpflicht 14, Teilkasko 21, Vollkasko 19) und der 1.0 TSI in der Haftpflicht höher eingestuft ist (18,20,19), bleibt der Spritpreis als Rechengrundlage. Der Seat Leon ST Style 1.4 TGI mit DSG kostet 26.260 Euro. Der Testwagen fuhr übrigens in nobler Xcellence-Ausstattung vor, die es in Deutschland aber nicht als Erdgasmodell gibt.
Der 125 PS starke 1.4 TSI mit Handschaltung kostet 22.700 Euro, wer das DSG will hätte den Aufpreis dafür also mit dem Griff zum Erdgasmodell kombiniert.
Der 115 PS starke Seat Leon ST Style Ecomotive mit drei Zylindern und DSG ist mit 24.270 Euro um 1.990 Euro günstiger als das Erdgasmodell.
Bis 31. März 2018 bietet Seat beim Kauf eines Erdgasautos eine Zukunftsprämie genannte Rabattaktion mit 2.000 Euro Preisnachlass an – unabhängig von weiteren Absatzförderungsaktionen. Damit fährt der Seat Leon ST TGI für Schnellentschlossene ab dem ersten Kilometer günstiger und spart, durch den geringeren CO2-Ausstoss im Gasbetrieb auch bei der Steuer.
Durchatmen nach so viel Zahlengewürfel, Zeit für eine Einordnung. Wer in der Nähe seines Wohnortes oder der Arbeitsstelle eine öffentlich zugängliche Erdgastankstelle hat und das neue Auto meist im Gasbetrieb nutzt (alle sechs Monate muss der Benzintank geleert werden), kann nicht nur Geld, sondern auch Emissionen sparen. Ein sportlicher Aufreißer ist der Leon mit dem entspannten TGI-Antrieb nicht – was Erdgaskunden aber auch nicht stören dürfte.
Klar ist auch: Erdgas ist nicht die Lösung aktuell diskutierter Probleme. Es ist eine weitere Brücke, die der Verbrennungsmotor auf dem Weg in die Zukunft nehmen kann und sicherlich eine gute Alternative zum verschmähten Diesel. Nicht mehr und auch nicht weniger.
Technische Daten
Seat Leon ST 1.4 TGI DSG |
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Hubraum | 1.395 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 81 kW / 110 PS bei 4.800 - 6.000 U/min |
Max. Drehmoment | 200 Nm bei 1.500 - 3.500 U/min |
Getriebe | 7-Gang-Doppelkupplung |
Beschleuningung 0-100 km/h | 11,0 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 194 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 3,7 kg CNG / 5,5 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 5,7 kg CNG |
Leergewicht | 1.421 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.549 / 1.816 / 1.454 mm |
Grundpreis | 26.260 Euro als Leon ST Style |